Meine Tafelrunde, die 2.

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Mein Lieblingskommentar der Versammlung war Heathers erste Reaktion: "Ach. Du. Heilige. Scheiße!" Sie betonte jedes einzelne Wort und sah mich mit großen Augen an. Auch sie konnte scheinbar nicht fassen, dass das möglich war.
Und dann brach für kurze Zeit ein Höllenlärm los. Alle redeten durcheinander und auf mich ein. Stellten Fragen und erwarteten Antworten ohne mir die Chance oder die Zeit zu lassen wirklich zu antworten.
"Jetzt seid doch mal alle ruhig!", dröhnte Nicks Stimme klar und deutlich durch das Gewirr der anderen Stimmen. Alle Anwesenden im Raum zuckten zusammen und verstummten. "Ich denke, dass Kate uns alle Fragen, die wir haben, beantworten wird, aber ihr müsst sie auch ausreden lassen."
Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Ich kann mich selbst verteidigen, Arschloch!
"Williams hat recht.", sagte Jensen widerwillig und nahm meine Hand. "Wir sollten langsam anfangen mit den Fragen."
"Okay, ich will zu erst!", sagte Heather und meldete sich wie eine übereifrige Schülerin. "Was zum Teufel hat das zu bedeuten?!"
"Können wir uns hinsetzen und alles in Ruhe besprechen?" Ich wandte mich an Nick, da wir immer noch in seinem Zimmer standen. Er nickte eifrig und deutete auf die große Couch. Wir setzten uns, Nick setzte sich direkt neben mich, was mir einen Schauer über den Rücken jagte, und dann fing ich an. "Ich weiß nicht genau, was das alles zu bedeuten hat. Ich weiß nur, dass das Schicksal mich auserwählt hat. Es hat mich erwählt entweder dieses Kind aus der Prophezeiung zu sein, oder ich muss diesem Kind helfen. Gott allein weiß, warum gerade ich."
"Weil du was Besonderes bist.", flüsterte Nick neben mir leise und so schnell, dass sonst niemand es hören konnte. Ich rückte so unauffällig wie möglich ein Stück von ihm weg. 
"Warum erzählst du uns allen das?", fragte jetzt Nathan. "Ich meine, ich bin super froh, dass du uns vertraust, aber welche Rolle spielen wir in der ganzen Geschichte?"
Ich begann meine Hände zu kneten und blickte dann einmal in die Runde. Alle Augen waren auf mich gerichtet und plötzlich fühlte ich eine eigenartige Wärme. Es war als würde jemand meine Sinne streicheln und versuchen mich zu beruhigen. Ich sah mich genauer um und erkannte dann, dass Nick mich mit einem unglaublich weichen Blick beobachtete. Mein Herz pochte etwas unangenehm, aber ich nahm aus seinem Blick die Ermutigung, die ich brauchte.
"Ich brauche eure Hilfe. Und ich weiß, dass es viel verlangt ist und es tut mir unendlich leid, dass ihr da mit hineingezogen werdet, aber ich brauche euch."
Einen Moment herrschte absolute Stille im Raum. Fast schon erwartete ich, dass sich meine Freunde von mir abwenden würden. Dass sie mich anschreien würden, wie ich so etwas von ihnen verlangen könnte.
"Das wird scheiße gefährlich, oder?" Jensen hob eine Augenbraue und sah mich an. Ich nickte stumm.
"Viele werden gegen uns sein?", fragte Heather. Wieder nickte ich.
"Wir werden kämpfen müssen?" Das war Lukes erster Wortbeitrag dieses Treffens. Ich verzog gequält das Gesicht. Konnte ich das alles wirklich von ihnen verlangen?
"Wir dürfen Leute umbringen, wenn sie gegen uns sind?" Irritiert blickten wir alle zu Aubrey hinüber. Sie zuckte nur lässig mit den Schultern. "Wozu lern' ich denn die ganzen Zaubersprüche, wenn ich sie nicht mal ausprobieren darf?"
"Das klingt doch nach Spaß.", sagte Nick und legte mir eine Hand auf den Oberschenkel. "Ich bin dabei."
"Ich sowieso.", sagte Emily. Sie warf einen missbilligenden Blick auf Nicks Hand. Dann streckte sie ihre Hand in die Mitte. "Kates Tafelrunde."
Nach und nach legten alle meine Freunde in einer unsagbar klischeehaften und unfassbar rührenden Geste ihre Hände auf Emilys und sagten ebenfalls: "Kates Tafelrunde!"
"Gott, Leute, ihr wisst gar nicht, wie viel ihr mir bedeutet."
"Aber wir umarmen uns jetzt nicht alle, oder?", fragte Heather gespielt entsetzt und tat so als müsste sie würgen. Ich lachte erleichtert auf. Auch die anderen lachten und die Stimmung war plötzlich gelöst. Ich spürte, wie eine tonnenschwere Last von meinen Schultern fiel.
"Du willst es doch auch.", sagte ich und schmiss mich quer über Nick und Lily um Heather zu umarmen. Sie verzieht gespielt angeekelt das Gesicht bevor sie meine Umarmung erwidert.
"Treffen wir uns jetzt auch für geheime Kampftrainings?", fragte Nathan plötzlich und seine Augen leuchteten so freudig, dass wir wieder lachen mussten.
Ich setzte mich wieder normal hin und sah ihn mit großen Augen an. Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Das wäre wohl nicht das Dümmste. Wir brauchten Training.
"Kate, Nick, ihr seid unsere besten Kämpfer.", sagte Luke und machte eine Geste, die wohl bedeuten sollte Ihr solltet uns unterrichten.
Ich zuckte zusammen. Ich wollte nicht, dass Nicks und mein Name in einem Satz fielen. "Vielleicht sollten wir eher Mr. Collins fragen, ob er mit uns trainieren könnte." Ich versuchte auszuweichen.
"Mr. Collins?", kam es einstimmig von allen, außer von Nick.
"Er ist unser Lehrer." Ich zuckte mit den Schultern. "Vielleicht hätte er einige Tipps für uns. Wir sind gut, aber nichts im Vergleich zu Mr. Collins."
"Ich weiß nicht, ob wir die Lehrer mit hineinziehen sollten.", erwiderte Nick. Er blickte mich an, aber ich verstand seinen Blick nicht. Ich verstand nicht, was er mir sagen wollte.
"Ich brauche alle Hilfe, die ich kriegen kann!", fuhr ich ihn an und ballte die Hände zu Fäusten. "Warum sollte ich dann also nicht die Lehrer einweihen?"
"Die bessere Frage ist, ob du den Lehrern vertrauen kannst.", erklärte Nick. Seine Augen schienen mich fast zu durchbohren.
"Ääähm, Nick? Dein Onkel ist unser beschissener Schulleiter.", erinnerte Heather ihn. "Was redest du da? Hast du uns was zu sagen?!"
"Ach, vergesst es." Er stand auf. Er drehte uns den Rücken zu und sah aus dem Fenster.
"Leute, ich glaube, wir sollten gehen.", sagte Luke und stand ebenfalls auf. "Morgen fangen wir an?" Er richtete die Frage direkt an mich. Ich nickte. Alle anderen verließen den Raum und ich folgte den anderen aus dem Raum. Bevor ich aus der Tür trat sah ich mich noch einmal zu Nick um. In seinem Spiegelbild in der Scheibe sah ich, dass er unglaublich verletzt aussah. In der Spiegelung musterte er mich.
"Kate?", fragte er leise, als ich mich wieder umgedreht hatte. "Hast du noch kurz Zeit?" 
"Was ist los?", fragte Emily und zog leicht an meinem Arm. Sie hatte Nick offensichtlich nicht gehört. 
"Ich komm gleich nach, okay?"
Sie sah mich zweifelnd an, sah dann zu Nick und wieder zu mir. "Sicher?"
"Ja. Bis gleich."
Ich schloss die Tür hinter ihr und lehnte mich dagegen. "Was ist?" Ich spuckte ihm die Worte entgegen. Ich war immer noch unendlich verletzt darüber, dass er mich so dreist benutzt hatte. 



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