Angst

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„Lass sie los!"
Die tiefe Stimme kam aus der Dunkelheit hinter mir. Beinahe schien es als würde sie mit der Dunkelheit verschmelzen. Mein Atem stockte für einen Moment.
Langsam trat Niklas in den Lichtkegel, den die Lampe über uns machte. Seine Augen glommen in dem typischen vampirischen Orange. Idiotischer Weise hätte mir der Blick mit dem er Mirco bedacht bei jedem anderen Angst gemacht, aber sobald ich Niklas sah, fiel alle Angst von meinen Schultern.
„Keine Sorge, du darfst die Kleine hier nach mir haben!" Während er Kleine sagte nahm er mein Kinn in die eine Hand und zog mein Gesicht zu ihm.
Angewidert befreite ich mein Gesicht aus seinem Griff. Bin ich ein beschissenes Spielzeug, das man einfach so mit anderen teilen kann? 
In jenem Moment legte sich ein Schalter in meinem Kopf um. Wut peitschte unbarmherzig und brennend durch meinen Körper und löste die eisige Starre, die meinen Körper gefangen hielt. „Lass sie los!" Niklas' Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, deshalb klang es jedoch umso bedrohlicher. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Dieses Flüstern war tödlich.
Von Mirco unbemerkt hatte ich mich inzwischen zu ihm gedreht, sodass ich ihm direkt gegenüberstand. Er konnte ohne weiteres über meinen Kopf Niklas anstarren.
„Sonst was?", fragte Mirco höhnisch und zog eine Augenbraue nach oben. War er wirklich so dumm? In ein Haus zu kommen in dem es von Niklas' Freunden nur so wimmelte und sich dann auch noch mit ihm anzulegen.
'Gut, dass du dir darüber Gedanken machst und nicht über das, was er mit dir vorhatte!', brüllte mich meine innere Stimme an.
„Sonst das!", knurrte ich, packte ihn an den Schultern und rammte ihm mein Knie mit voller Wucht zwischen die Beine. Ich spürte kurz einen stechenden Schmerz im Knie, aber der hielt nicht lange an.
„Arrgh..." Er ging in die Knie und ließ endlich meinen Arm los. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und peitschte das Adrenalin durch meine Adern.
„Danke.", sagte ich und versuchte Niklas' Blick aufzufangen. Aber er sah auf Mircos auf dem Boden gekrümmten Körper. Sein Atem ging schwer und stoßweise. Sein gesamtes Auftreten sollte mir eine Heidenangst einjagen, aber er hatte mich beschützt. Er hat mich gerettet. Nichts, was er getan hatte konnte mir in irgendeiner Weise Angst einjagen.
„Komm mit.", sagte Niklas und legte mir einen Arm um die Schultern. „Ich hole Luke und Nate. Dann können wir den Hurensohn rausschmeißen."
Da wurde mir alles zu viel. Die laute Musik, die mir in den Ohren dröhnte. Mein Kopf, der von dem Alkohol hämmerte. Der Vorfall mit Mirco. Das Adrenalin, das langsam nachließ, ließ mich zittern.
„Ich geh kurz raus.", sagte ich ausweichend und wand mich aus seinem Arm.
„Kate...", rief er mir nach, aber ich war schon an der Haustür.
Ich stürmte geradezu nach draußen um endlich frische Luft zu bekommen. Meine Lungen fühlten sich an, als könnte ich gar nicht genug Sauerstoff bekommen. Ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper um das Zittern zu unterdrücken. 
 „Kate, alles okay?", fragte Heather, die draußen mit Luke stand. Luke sah mich aufmerksam an. Sorge ließ seinen Blick hart wirken. Ich lachte unsicher auf. Ein Ton, der in meinen Ohren vollkommen falsch klang.
„Eigentlich nicht.", sagte ich und unterdrückte ein weiteres Lachen. „So ein Typ wurde beim Tanzen etwas aufdringlich und kam mir viel zu nahe. Er wollte unbedingt mit mir nach oben."
„Ach du scheiße!", sagte Heather und kam zu mir. Beruhigend rieb sie meine Schultern. Ich sah betreten zu Boden. Zwei Tage, zwei Partys, zwei Zwischenfälle. Super Start!
„Wer war das?", fragte Luke sofort und ging wieder zur Tür. Seine Augen musterten mich aufmerksam. Er wechselte einen Blick mit Heather, die nickte. „Der kann was erleben."
Als ich Luke dastehen sah, tat mir Mirco schon fast leid. Luke konnte wirklich ziemlich einschüchternd sein. Auch seine Augen glühten jetzt ebenfalls orange.

HalfbloodWhere stories live. Discover now