Halfblood

Bloß weg hier

Innerhalb einer Sekunde richtete ich die Mauern um mich wieder auf, die er - ohne es zu ahnen oder zu wissen - eingerissen hatte. Ich versteckte mich hinter einer Maske aus Wut und Gleichgültigkeit. Ich war nicht mehr allein sauer auf mich, sondern auf ihn. „Bin ich ne beschissene Zirkusattraktion?", fuhr ich ihn an. Tränen der Wut stiegen mir in die Augen. Was sollte das? Warum fragt er sowas? Warum kann sich nicht einfach mal jemand für mich interessieren und nicht für meine Abnormalitäten?
Sofort ruderte Nick zurück. „N-nein... natürlich nicht." Aber es war zu spät. Ich war verletzt und ich musste raus hier. Alles was jetzt folgen würde, würde meine Zeit am Internat nur noch schwieriger machen. Immerhin kann ich nicht einen Schüler einfach so zu Tode prügeln ohne, dass es Konsequenzen geben würde. 
„Schön, dass wir das geklärt haben.", sagte ich, drängte mich an ihm vorbei und trat aus dem Lagerraum. Emily kam mir entgegen und ich stieß unweigerlich mit mir zusammen. Mit einer schnellen Bewegung, die zu schnell für Emilys Augen war, wischte ich mir die eine Träne von der Wange, die sich im Hinausgehen aus meinem Auge gestohlen hatte. 
„Was machst du denn in einem Lagerr..." Sie unterbrach sich selbst als sie Niklas hinter mir aus dem Raum treten sah. Sie zog eine Augenbraue hoch. "Kate...", fing er an stockte aber, als er Emily sah. 
„Es ist nicht das, wonach es aussieht.", beteuerte ich und hob abwehrend die Hände. Zum Glück ließ Emily es darauf beruhen. 
„Ich wollte gerne zurück. Kommst du mit?", fragte ich sie und Emily blickte unschlüssig zwischen Niklas und mir hin und her. Ihr Blick sah definitiv tadelnd aus. 
Sie nickte und folgte mir zum Ausgang. „Bis Morgen.", sagte Niklas leise. Nur ich konnte es hören, aber ich ging nicht darauf ein. Ich hatte nicht wirklich den Kopf dafür frei mir darüber Gedanken zu machen, dass ich ihn ab jetzt jeden Tag sehen werde. 
Ich zuckte zusammen, als ein krachendes Geräusch an mein Ohr drang. Gedämpft, aber für meine Ohren deutlich hörbar. Verwirrt blickte ich über meine Schulter zurück und sah eine tellergroße Delle in der Wand, wo Niklas bis vor ein paar Sekunden noch gestanden hatte. Er ging in die entgegengesetzte Richtung wie Emily und ich. Ich schnaubte abwertend und atmete tief durch als wir endlich an der frischen Luft waren. 
„Was zum Teufel machst du mit einem Vampir in einem Lagerraum?", schoss es aus Emily, als wir auf dem Weg zum Internat waren. Ich hatte bisher große Hoffnung daraufgesetzt, dass sie mich nicht darauf anspricht. 
„Es ist nichts passiert!", verteidigte ich mich sofort. Abwehrend hob ich erneut die Hände. Ich war immer noch sauer auf Niklas... und mich. Wann lerne ich endlich dazu? 
„Ich habe Nick echt gerne, aber so nah und dann auch noch allein, würde ich ihn an deiner Stelle nicht lassen."
„Meine Güte, ich bin doch auch ein Vampir.", zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Trotz ihrer Freundschaft zu mir und der Zeit, die sie jetzt schon mit mehreren Vampiren auf eine Schule ging, hatte sie immer noch Angst vor ihnen. Nur nicht vor mir. Und meiner Mom natürlich.
„Halb-Vampir." schoss sie zurück, als müsste sie mich daran erinnern. Ich verdrehte die Augen.
'Ja, bitte streu noch mehr Salz in die Wunde.', knurre ich innerlich.
„Und was ist mit dir und Luke?", fragte ich zurück, um das Thema auf sie zu lenken. Ich hasste es, wenn sie mich wie meine Mutter aufführte. Ich war inzwischen alt genug und durch genug Scheiße in meinem Leben gegangen, dass ich inzwischen weiß, was ich aushalte und was nicht. 
„Wir waren auf der Tanzfläche. Da waren ungefähr hundert Leute um uns herum. Wir waren nicht allein in einem Lagerraum." 
„Ich habe mich einfach verplappert. Er hatte was geahnt. Ich konnte ihm ja schlecht vor allen da zeigen, was ich bin." Damit war das Gespräch für mich beendet.
„Oh." Emily war auf einmal ganz kleinlaut. „Naja, Nick kannst du in der Hinsicht auf jeden Fall vertrauen." Immerhin ein positives Attribut an Niklas.
Den Rest des Weges ließ sie das Thema auf sich beruhen und wir gingen schweigend nebeneinander her.