Ein Moment der Schwäche

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Ich war nicht nur sauer auf Niklas. Ich war sauer auf mich.
Warum fühlte ich mich so zu ihm hingezogen?
Warum war dieses Gefühl so stark, dass wir eine Verbindung hatten?
„Was war los?" Sanft legte er eine Hand an meine Wange. Ich wich einen Schritt zurück als hätte er mir einen elektrischen Schlag verpasst.
Tränen brannten in meinen Augen. Ich wollte und konnte mich jemandem nicht auf diese Weise öffnen. Ich konnte es einfach nicht.
Er musste nichts von meinen Problemen wissen. Er hätte dann nur ein anderes Bild von mir. Ich wollte doch nur, dass einmal in meinem Leben ich unter Gleichgesinnten bin und etwas über mich und meine Kräfte herausfinden kann. 
Ich wollte nur ein mal in meinem beschissenen, verkorksten Leben, dass Leute mich akzeptieren aufgrund meiner Persönlichkeit und dann kommt er daher.
Ich wollte, dass mich alle hier kennen lernten ohne meine Vergangenheit zu kennen. Ohne meine Probleme zu kennen. Ohne meine genauen Fähigkeiten zu kennen. Ich kannte sie ja nicht mal selbst.
Irgendwann wenn ich ihm vertrauen konnte, würde ich es ihm vielleicht erzählen. 
Seine Aura streichelte meine Sinne und schien mir zuzuflüstern: 'Du kannst mir vertrauen.'
Ich hob meinen Blick und sah, wie sehr es Niklas wirklich leid tat.
Er sah die Tränen in meinen Augen. Erschrocken weiteten sich seine und nahm er mich in die Arme. Ich war über eine zu lange Zeit stark gewesen, als das ich jetzt noch weiter stark sein könnte. Ich erlaubte mir einen Moment der Schwäche. Ich erlaubte mir einen Moment seine Umarmung zu genießen.
Ich krallte meine Hände in sein Shirt und zog ihn noch ein Stück weiter an mich. Seine Aura umfing mich wie ein wärmender und beschützender Mantel. Der sich schwer, aber nicht erdrückend auf meine Schultern legt. 
„Hey, shh..." Er drückte meinen Kopf gegen seine Brust und strich sanft über meinen Hinterkopf. „Was ist los?", fragte er wieder. Einen kurzen Moment genoss ich es in seinen Armen zu sein. Seine kalte Haut spürte ich selbst durch den Stoff seines T-Shirts. Trotzdem war mir nicht kalt. Aus Angst meine Stimme könnte brechen oder gar vollkommen versagen antwortete ich lieber nicht auf seine Frage. 
Langsam beruhigte ich mich, löste ich mich von ihm und sah in seine traurigen und sorgenvollen Augen.
„Es tut mir leid..." Dieses Mal entschuldigte ich mich. Verwirrt von meinem Gefühlsausbruch wischte ich mir energisch die Tränen von den Wangen, aber neue liefen nach. Das muss jetzt ja richtig gut aussehen., seufzte der Teil von mir, der Niklas schon längst vergeben hatte. 
„Ist schon okay." Niklas legte den Kopf leicht schief und versuchte meinen Blick aufzufangen. Vehement wich ich seinen forschenden Augen, die mir viel zu viel entlocken konnten, aus. Er nahm mein Gesicht in seine Hände. Jetzt wischte er mir die Tränen von den Wangen und es liefen keine neuen mehr nach. „Du willst nicht reden." 
Das war keine Frage, trotzdem schüttelte ich stumm den Kopf.
Ich hörte Emilys Schritte vor der Tür. Kurz erstarrte ich und wich dann einen Schritt von Niklas weg und er ließ die Hände sinken.
Er hatte Emily natürlich auch gehört. Wahrscheinlich sogar noch vor mir. Eigentlich nicht wahrscheinlich. Natürlich hatte er sie vor mir gehört.
„Ich hab dir Brötchen mitgebracht." Emily kam lächelnd ins Zimmer. In der offenen Tür blieb sie stehen. Verwirrt sah sie zwischen Niklas und mir hin und her. 
Wie erkläre ich das jetzt am besten?

HalfbloodWhere stories live. Discover now