Versteh' einer die Männer

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Meinen Zaubertrankunterricht hatte ich an einem anderen Tag als Emily. Das waren die einzigen Stunden, die Emily und ich heute nicht zusammen hatten. Zum Glück kannte ich aber die Räume bereits auswendig.
Ich setzte mich wieder neben Jill. Sie lächelte mich freundlich an.
Ihre großen karamellfarbenen Augen blickten mich, aber doch äußerst interessiert an.
Noch bevor ich ihn sah, spürte ich Niklas. Er kam in den Klassenraum und setzte sich neben Luke ans Fenster und damit sehr weit von mir entfernt. Seine Aura war mir inzwischen fast wahnwitzig bekannt. Fast so wie Emilys.
Kopfschüttelnd holte ich mein Buch aus meiner Tasche und legte es neben meinen Schreibblock.
Nicks Blick lag für nicht einmal eine Sekunde auf mir, aber ich spürte es trotzdem.

Ein Schauer jagte mir über den Rücken als eine große, wunderschöne Frau den Raum betrat. Mir fiel fast die Kinnlade herunter.
Sie war eindeutig ein Vampir. Ihre weiße Haut schien von innen zu strahlen und ihr gesamtes Aussehen war einfach zu perfekt. Ihre großen braunen Augen wurden von dichten schwarzen Wimpern umrahmt. Ihre Lippen waren voll und geschwungen und ihr schlanker Körper...wow! Sie sah aus wie ein verdammtes Supermodel. Mir war noch nie eine solch mächtige Vampirin begegnet. Sie war bestimmt schon einhundert Jahre als, sah aber nicht älter als dreißig aus. Wieder ein Vampir, der nicht mit einundzwanzig verwandelt wurde. Ihre mächtige Aura füllte den gesamten Raum aus.
„Du musst Katherine sein." Sie stand plötzlich vor mir. Freundlich lächelte sie auf mich herunter.
„Ja.", antwortete ich und lächelte ebenfalls. „Aber bitte nennen Sie mich Kate."
„Herzlich Willkommen, Kate." Auch wenn sie nicht älter als Anfang dreißig zu sein schien strahlte sie etwas Mütterliches aus. „Ich bin Mrs. Jefferson."
Und dann begann sie mit dem Unterricht.
Nach der Stunde, als ich gerade damit beschäftigt war meine Sachen wieder in meine Tasche zu packen, hörte ich Niklas draußen reden.
„Was machst du denn hier, Bennett?", knurrte Niklas. Na, da hat aber einer jemanden lieb.
„Ich warte auf meine Freundin, Williams." blaffte Jensen zurück.
Was hatten Jungs nur immer mit diesem Ich-rede-dich-nur-mit-deinem-Nachnamen-an-um-dir-zu-zeigen-wie-sehr-ich-dich-hasse?! Das ging noch nie in meinen Schädel.
Jensen hatte eine Freundin? Das wusste ich gar nicht, aber ich hatte ihn ja auch schließlich ein Jahr nicht gesehen. Ich warf einen Blick in die Runde. Die einzigen Mädchen waren Jill und ich und ein Mädchen, welches ich noch nicht kennengelernt hatte.
„Cat? Kommst du?" Jensen steckte kurz den Kopf in den Klassenraum und grinste mich breit an. Jetzt wusste ich, wen er meinte mit Freundin. Jills Augen weiteten sich.
Das ist dein Freund?!, kritzelte sie schnell auf einen Zettel.
Ich strich das d durch und zeigte ihr den Zettel. Ein Freund.
Sie nickte und stand auf. Ich warf den Zettel in den Müll und stand ebenfalls auf.
„Du und eine Freundin?" Niklas Tonfall hätte nicht skeptischer sein können.
Als ich nach draußen ging achtete ich weder auf Jensen noch auf Niklas. Mit gesenktem Blick ging ich an beiden vorbei.
„Cat?" Jensen rannte mir hinterher und legte seinen Arm um meine Schultern. „Warum rennst du weg?" Seine Stimme klang immer noch amüsiert. Über seine Schulter hinweg warf er Nick einen Blick zu. Ich spannte mich an und warf Jensen meinerseits einen giftigen Blick zu.
„Ich hatte keine Lust auf euer Wettpinkeln.", sagte ich knapp und warf über meine Schulter hinweg Niklas einen Blick zu. Er hatte sich weggedreht und stiefelte in die andere Richtung.
"Also, deine Geschichte?", fragte Jensen auf dem Weg zur Cafeteria.
„Erzähl ich dir mal in Ruhe.", sagte ich und deutete mit einem Nicken zu den Schülern, die um uns herumstanden.
„Alles klar. Du bist ja richtig geheimnisvoll geworden." Er grinste mich wieder breit an.
Ich lachte schnaubend. „Ja, total."
Wir gingen zusammen in die Cafeteria und setzten uns zu Emily, nachdem Jensen uns beiden Essen geholt hatte. Er ließ mich nicht einmal mein Tablett tragen. Lässig balancierte er es auf einer Hand. So ein elender Angeber.
Als sich ebenfalls Aubrey, Heather und Lily zu uns setzten machte ich eine erneute Vorstellungsrunde.
„So, wer ihn noch nicht kennt. Leute, das ist Jensen. Jensen, das sind Lily, Aubrey und Heather, meine Freunde." Nacheinander zeigte ich auf jeden meiner Freunde.
Lily machte große Augen, als Jensen sie ansah und lächelte.
Ich nahm mir eine Flasche Wasser von unserem Tablett und trank hastig einen Schluck. Gerade war nämlich Niklas in die Cafeteria gekommen. Ich warf ihm verstohlen einen Blick zu, aber er ging schnurstracks an mir vorbei. Nicht mal einen Blick verschwendetet er in meine Richtung. Ich blies mit Nachdruck meinen Atem aus, den ich unbewusst angehalten hatte.

HalfbloodWhere stories live. Discover now