Kampfbereit

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Ich nahm meine Sporttasche inklusive meines Waffenarsenals und machte mich auf den Weg ins Sportstudio über der Sporthalle.
"Du gehst jetzt trainieren?", fragte Emily verwirrt. "Es gibt doch gleich Essen und danach..." Sie vollendete den Satz nicht. Natürlich wusste ich, was mir noch bevorstand.
„Ich habe eh keinen Hunger und ich muss langsam mal trainieren.", erwiderte ich. Außerdem muss ich mich auch abreagieren, bevor ich den Anderen gegenübertreten konnte.
Ich schloss die Tür hinter mir ohne mich noch einmal umzuwenden.
Unten an der Treppe wandte ich mich zum Hinterausgang, den Heather mir gezeigt hatte. Schnell zog ich mir meine Kapuze bis tief ins Gesicht und schlich mich möglichst unbemerkt von irgendjemanden in die Sporthalle.
Sie stand uns immer offen.
Dann erklang der Gong, der uns zum Essen zusammenrief. Gut, wenn jetzt alle essen, kann ich in Ruhe trainieren. Ich sah die Schüler Richtung Cafeteria strömen.
Oben in dem Fitnessstudio der Schule war keine Menschenseele. Ich spitzte angestrengt die Ohren und hörte auch niemanden in dem umliegenden Räumen. Perfekt.
Nahkampftraining war heute angesagt. Etwas was ich schon einigermaßen konnte, aber längst nicht gut genug.
Im hinteren Teil des Fitnessstudios waren einzelne Kampfräume. Von einem langen Flur gingen zehn Türen ab, hinter welchen sich Androiden befanden, die sich von selbst wiederherstellten. Sprich, ich konnte ihn so sehr vermöbeln, wie ich wollte. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Die kampflustigste Seite meiner selbst rieb sich begeistert die Hände.
Ich öffnete die hinterste Tür und trat in den Raum. Zwei der vier Wände waren verspiegelt und entlang der dritten Wand waren Weichbodenmatten an der Wand befestigt.
Ich ging zu dem Androiden, der neben der Tür in die Wand eingelassen war. Sobald ich die Bandagen aus meiner Tasche gekramt hatte, legte ich die Tasche ab und band die Bandagen um meine rechte Hand. Nachdem ich mit der linken Hand auch fertig war, stellte ich einen Wecker, damit ich rechtzeitig duschen konnte, um nicht zu spät zu dem Treffen zu kommen. Ich stellte mich vor den Spiegel und sah mich an. Was sah das Schicksal nur in mir, dass es mir zutraute einen solchen Auftrag zu erfüllen?
Schnell schüttelte ich den Kopf und wärmte ich mich auf. Ich machte Liegestütze, Sit-ups, Jumping Jacks und boxte gegen die Weichbodenmatten an der Wand.
Als ich zu Schwitzen begann trat ich vor den menschenähnlichen Roboter und legte einen Schalter um. Leise begann er zu surren.
'Wer kämpft?', tauchte auf dem Bildschirm auf seiner Brust auf.
"Samantha Katherine Jones", antwortete ich, wie Mr. Collins es uns im Unterricht erklärt hatte.
'Herzlich Willkommen, Ms. Jones. Welcher Modus?'
"Vampir."
'Welche Kampfart möchten Sie wählen?'
Mit einem Ruck zog ich meine Jacke aus und machte mich kampfbereit. "Überrasch' mich."
Und dann kam Leben in den Roboter. Seine Glieder waren zwar aus Metall, aber überzogen mit einer Silikonschicht, die aussah, wie echte Haut. Diese Androiden sahen im Allgemeinen sehr real aus. Außer ihre Augen. Die Augen sahen nur tot aus. Was sie umso gruseliger machte.
Die Augen des Roboters wandelten sich orange und Vampirfänge traten unter seiner Oberlippe hervor.
'Bereit?', fragte die Schrift auf seiner Brust.
"Ja."
Er machte einen Satz nach vorne und griff an. Nichts, was ein trainierter Vampir tatsächlich machen würde, aber darauf konnte ich mich jetzt nicht konzentrieren.
Ich wich seinem rechten Haken aus und verpasste ihm meinerseits einen Leberhaken. Er torkelte kurz zurück und knurrte.
Diese Roboter waren natürlich nicht tatsächlich lebendig, aber ihre Schläge waren äußerst real. Und äußerst brutal. Einige blaue Flecken werde ich wohl auch heute davontragen. Immerhin waren meine Kratzer von meinem kleinen Waldausflug schon wieder verheilt.
Der Android war schnell. Nicht ganz so schnell wie ein echter Vampir, aber schneller als ich. Die meisten Schläge konnte ich parieren oder ihnen ausweichen, aber einige Schläge trafen mich mit brutaler Wucht. Ich duckte mich unter einen Fausthieb hindurch. In der Hocke streckte ich ein Bein aus, um den Androiden zu Fall zu bringen. Mit einem lauten Knall fiel er nach vorne. Einen Moment schien er nicht mehr aufstehen zu können und blieb einfach liegen.
Eine Verschnaufpause für mich. „Steh' auf, du elender Blechhaufen!", knurrte ich. Blitzschnell kam er wieder auf die Füße. Fakeblut tropfte aus seiner Nase. Anscheinend war er platt aufs Gesicht gefallen.
Die Hellsten waren diese Androiden wohl nicht gerade. Den Sturz abfangen, war ihm wohl nicht in den Sinn gekommen.
Er packte meinen Arm, als ich nach ihm schlug und zog mich in eine eisenharte Umarmung. Er drückte einmal zu und ich spürte meine in der linken Seite knacken. Unbremsbar peitschte der Schmerz durch meinen Körper. Einen Moment lang war ich wie gelähmt und schrie auf.
Das passierte normalerweise nicht. Normalerweise waren die Androiden nicht dermaßen brutal. Blaue Flecken und Beulen waren normal. Die trugen wir alle davon, aber dass sie uns etwas brachen war neu.
Ich ließ meinen Kopf nach hinten schnellen, um meinem Gegner die Nase zu brechen. Endlich ließ er mich los. Ich fasste mir an meine schmerzende Seite und versuchte zu Atem zu kommen.
Aber der Android ließ mich nicht. Er holte mit links aus, ich parierte mit meinem rechten Arm, spürte aber, dass mein Handgelenk einen ordentlichen Knacks abgekriegt hatte.
Seine Hand schoss auf meinen Kiefer zu, ich wich zurück, aber trotzdem traf er meinen Unterkiefer. Mein Kopf flog zur Seite und ich spürte meine Lippe aufplatzen. Ich verlor beinahe mein Gleichgewicht.
Wut durchfuhr meinen Körper. Ich knurrte aus der Tiefe meiner Brust und ließ meine Augen aufleuchten. Ich sprang nach vorne, packte den Android bei den Schultern und rammte ihm mein Knie in die Magengegend. Die Maschine summte, was beinahe wie ein Stöhnen klang und ging in die Knie.
Ich holte mit meinem Bein aus und trat ihm ins Gesicht. Der Roboter fiel rücklings hintenüber. Mein Atem ging rau und schnell. Ich setzte mich auf den metallenen Brustkorb und schlug mit meinen Fäusten auf das Gesicht des Roboters ein.
Meine Hände schmerzten wie verrückt, aber das Adrenalin hielt mich davon ab, dass ich aufhörte. Auch meine Rippen rebellierten gegen die extreme Anstrengung. Aber ich hatte schlimmere Schmerzen durchgemacht.
Meine Nackenhaare stellten sich und ich wirbelte herum. Wer war da?
Ich hörte niemanden, aber ich hatte das Gefühl, dass etwas oder jemand in der Nähe war.
Ich schlug gegen den Schalter des Androiden um ihn auszuschalten und krabbelte, so leise und dicht am Boden ich konnte, zu meiner Tasche.
Ich machte das Licht aus und öffnete die Tür einen Spalt breit. Es war kein weiteres Licht im Fitnessstudio angegangen, außer jene, die die Geräte beleuchteten.
Meine Sinne waren auf meine Umgebung gepolt. Vorsichtig steckte ich den Kopf aus der offenen Tür heraus. Dann sah ich eine dunkle Gestalt. Meine Hand schloss sich um meinen Wacholderdolch, der sich wie immer perfekt in meine Hand schmiegte. Die blutrote Klinge reflektierte das wenige Licht und warf Lichter auf den Boden, die wie Blutstropfen aussahen.
Ich hielt mich im Schatten und ließ die Person näher zu mir kommen.
Dann sprang ich aus meinem Versteck, zog die Person in den Raum und brachte sie zu Fall.
Dumpf prallten wir beide auf der Erde auf. Mir stockte der Atem, als mich erneut ein brutaler Schmerz durchzuckte. Meine Rippen waren jetzt definitiv gebrochen.
Ein Knie traf mich in den Bauch und ich spürte, wie ich durch die Luft flog. Dann wurde ich gegen die Spiegelwand geschleudert und spürte Scherben im Rücken. Warmes Blut lief meinen Rücken hinunter. Nur feine Rinnsale, aber der Schmerz lähmte mich einen Moment.
Die Gestalt kam langsam auf mich zu. Ich konnte kein Gesicht erkennen.
Ich sprang wieder auf, schmiss mich gegen die Gestalt und setzte mich auf seinen Brustkorb. Den Dolch drückte ich an die Kehle meines Angreifers. Drohend jedoch nicht verletzend bohrte sich die Klinge gegen die empfindliche Haut am Halse meines Angreifers.
Dann erkannte ich das Gesicht, das von unten zu mir hoch sah. 

HalfbloodWhere stories live. Discover now