Kapitel 38 {Todespunkt 13:15}

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Ich sah einige Menschen verwirrt und geschockt an mir vorbei gehen, als ich zielstrebig durch die Gänge hastete.
Aber ich musste mit meiner blutigen Weste und dem dunkeln Blick so furchteinflössend wirken, dass sie lieber nichts gesehen hatten und weitereilten, als sich mir in den Weg zu stellen.
Gut für sie. Ich wusste nämlich nicht wie gut ich mein Ich hätte kontrollieren können, wenn man mich hätte am Weitergehen hindern wollen.
Mein Ziel zeichnete sich buchstäblich vor mir auf den Boden. In Form einer blutigen und mit Rache getränkten Linie, die mich bald zu Akon führen würde.
Meine Schritte wurden sicherer und je mehr Wut ich in mich hinein pumpte, desto gesünder fühlte ich mich.
Auch wenn mein Zustand weder physisch noch psychisch annähernd gesund war. Aber darauf schiss ich gerade, es war nicht mehr wichtig.
Ich nahm die Treppen, den Lift mochte ich noch nie leiden. Naja eigentlich schon, aber jetzt eben nicht mehr.
Bei jedem Schritt spürte ich die Haut an meinem Rücken etwas mehr reissen, oder vielleicht waren es auch nur die Fäden die sich spannten.
Es tat aber nicht weh und war somit belanglos.
Im Stock der Männer, zu dem ich eigentlich keinen Zutritt hatte, hielt ich an und riss die Türe auf. Es ging ganz leicht.
Einige misstrauische oder verwirrte Gesichter sahen mir entgegen, doch sobald sie meinen Aufzug sahen, wandten sie sich ganz schnell wieder ihrer Arbeit zu.
Ich schätzte es wollte einfach keiner die Verantwortung für eine ausgebrochene, blutige Verrückte übernehmen. Absolut verständlich, ich machte ihnen keinen Vorwurf. Sie alle hatten schliesslich zugesehen, wie ich ausgepeitscht worden war, ohne mir zu helfen. Eigentlich hätten sie es alle verdient, zu leiden. Doch Akon war mir gerade das Wichtigste.
Langsam schritt ich durch den Hauptgang. Ich würde Akon so nicht finden, er könnte überall sein.
Als ich mit dem Blick nach vorne gerichtet, an einem jüngeren Mann vorbei lief, schoss mein Arm zur Seite aus und packte ihn am Kragen. Ich zog ihn kraftvoll zu mir. Wir waren beide erstaunt über meine neu gewonnene Stärke.
Es fühlte sich echt gut an. Meine Stärke passte eigentlich nicht zu meinem gebrochenen Körper, aber das hatte ich ha früher schon bemerkt. Es war eben nicht logisch, was machte das schon aus.
„Lass mich los!"
Fluchte der völlig überrumpelte Mann und ich drückte ihn an die Wand, sodass es knallte.
„Wo ist Akon?"
Zischte ich. Meine Stimme klang irgendwie dominanter, kälter und vor allem kratziger.
Wie eine andere Person.
„Geht dich nichts an."
Knurrte der Mann und mein Blick wurde dunkler.
„Ich habe kein Problem damit, dich hier und jetzt zu erwürgen."
Flüsterte ich, während ich meine Hand mehr um seinen Hals schloss, sodass er nach Luft japste. Hätte ich wirklich kein Problem damit gehabt? Keine Ahnung, wahrscheinlich nicht.
Er krümmte sich und nickte eilig mit dem Kopf.
„Okay ja, schon gut! Er ist beim Arzt!"
Ich drückte meine Hand etwas mehr an seinen Hals, sodass er hilflos den Mund öffnete. Er hätte sich ja auch wehren können, aber das tat er nicht.
„Wo?"
Einige der Männer fanden meine Aktion wohl nicht so toll, doch ich musste sie nur anfauchen, und schon entfernten sie sich kopfschüttelnd.
„Scheisse man lass mich los!"
Jetzt schlug er doch noch auf meinen Arm ein, doch irgendwie machte mir das nichts aus.
Ich drückte nur noch fester zu.
„wo!"
Schrie ich ihn an und er hörte auf sich zu wehren. Was für ein berauschendes Gefühl.
„Nächster Gang links, dritte Tür."
Murmelte er kraftlos und ich liess ihn los, um meinen Weg fortzusetzen.
„Verrückte Schlampe."
Murmelte er und hustete sich die Lunge aus dem Leib, um wieder Luft zu bekommen. Ich ignorierte ihn.
Nachdem ich seinen Anweisungen gefolgt war, öffnete ich endlich langsam die knarrende Türe.
Was für eine Ironie, schon wieder ein weisses Zimmer.
Oh wie ich weiss hasste.
Aber dort sass Akon auf dem Untersuchungstisch, seinen Arm betrachtend und mit den Beinen baumelnd.
So hilflos wie er nur hätte sein können. Seine Waffen hatte er in das Becken für alle Gegenstände gelegt, das nebenan auf einem Tisch stand.
„Ach ja Doc, ich glaube nicht dass..."
Begann er zu reden, als ich eintrat. Dann sah er auf und runzelte die Stirn, als er da nicht die erwartete Person stehen sah.
„Amara?"
Ich verzog keine Miene, stand nur da, die Arme hingen an meinem schlanken und geschändeten Körper runter und ich wirkte beinahe verloren in dem riesigen, mit Blut benetzten, blauen Overall.
„Was zum Teufel machst du hier? Hattest du noch nicht genug?"
Ich reagierte immer noch nicht.
Eigentlich wollte ich etwas fieses antworten, doch mein Körper regte sich nicht. Und das obwohl er vor Kraft vibrierte. Ich konnte ihn einfach nur ansehen.
Er begann zu grinsen und kam kopfschüttelnd auf mich zu.
„Ich glaube Michael hat das Restliche Hirn dass du besitzt aus dir raus geprügelt, sodass du freiwillig hierher kommst Kleine."
Er betrachtete mich ausgiebig und zufrieden.
Oh ja, er war in der Tat dafür verantwortlich wie es mir...also dem anderen mir, jetzt ging. Wie es meinem Körper ging, besser ausgedrückt.
„Verschwinde jetzt, bevor ich dir noch was davon gebe."
Er hob seine Hand und ich legte langsam den Kopf schief. Ich empfand keine Angst.
„Okay du bist echt durchgedreht, wenn du es anders nicht lernen willst, bitte."
Er stand nun direkt vor mir und ich konnte die Luft neben meinem Ohr knistern hören, als seine Hand auf mich zuschoss.
Vielleicht einige Milimenter vor meiner Wange stoppte ich ihn. Mein Arm schoss einfach vor und packte sein Handgelenk. Wie ich so schnell geworden war, wusste ich selbst nicht.
Verwundert blickte er auf mich hinab, dann knackste es, als ich seinen arm abrupt drehte und er schrie leise auf.
„Fuck! Du Schlampe, du willst es wohl drauf anlegen!"
Er trat nach mir, doch ich wich geschickt aus.
Ein Manöver dass ich tausend Mal mit Michael geübt hatte.
Dann trat ich vor, mit zwei gezielten Schlägen auf Hals und Brust taumelte Amon nach Luft schnappend zurück und stiess an den Tisch.
„Du hast mir das angetan. Weisst du was ich will?"
Ich klang so ruhig, so beherrscht. Krasse Sache. Das gefiel mir irgendwie sogar.
„Du bist völlig Irre man..."
Keuchte er und griff nach dem Becken mit Waffen.
Ich stiess es gerade rechtzeitig vom Tisch. Bevor er es erreichen konnte, verteilte sich das Metall mit einem lauten Knall auf dem Boden.
„Du hast meine Frage falsch beantwortet.
Ich gebe dir noch einen Versuch.
Was will ich?"
Er versuchte mit dem verletzten Arm nach mir zu hieben, doch ich wich aus, packte seinen Arm und drückte meine Finger in die Wunde hinein, sodass er aufschrie.
Das verschaffte mir Genugtuung. So laut wie ich innerlich geschrien hatte, als ich ausgepeitscht worden war, war es aber noch nicht.
Also nicht genug.
Ich schlug ihm auf die Nase sodass er auf den Tisch kippte.
Blitzschnell griff ich nach den Fesseln die wohl für Patienten gedacht waren, die Schwierigkeiten machten, und band ihn dort fest. Aber nur an den Händen.
„Scheisse man Amara, mach mich los, bitte."
Ich lächelte leicht.
„Wenn du bettelst vielleicht. Wenn du flehst, dann höre ich vielleicht auf."
Ich lehnte mich zurück und wartete, während er versuchte das Blut das aus seiner Nase rann weg zu husten. Klappte wohl nicht so gut.
Röchelnd wandte er sich mir zu.
„Vergiss es, ich bettle doch nicht so eine irre Bitch wie dich an! Ich bin ein Mann und du bist nur ein elendes Weibsstück du..."
Ich nickte nur gelangweilt. Diese Leier hatte ich jetzt oft genug gehört. Dann liess ich den Blick über die Geräte im Raum schweigen.
Er blieb an einem Gerät hängen, welches ich noch nie gesehen hatte.
Eine Art eiserner Defribrilator. Weiter hinten hing ein Feuerbrenner. Keine Ahnung für was den ein Arzt brauchen würde
Wahrscheinlich gehörten die zwei Dinge nicht wirklich zusammen, aber es passte genau in meine Vorstellung.
Langsam und überaus verzückt grinsend griff ich danach und betrachtete das Werkzeug zuerst ausgiebig.
„Was machst du da Amara?"
Akon versuchte durch seine Haare etwas zu erkennen und hilfsbereit zeigte ich ihm meine neusten Trophäen.
„Ich bin immer wieder überrascht was es alles gibt auf dieser Welt."
Gluckste ich und schaltete den Brenner an.
Blaues Feuer stob aus dem Stab, so heiss dass ich die Hitzewelle bis hin zu meinem Gesicht spüren konnte.
„Oh ja ich mag Feuer. So stark...und doch so schön."
Plapperte ich.
„Heilige Scheisse...nein."
Amon schüttelte panisch den Kopf und versuchte an den Fesseln zu rütteln.
Ich drehte das enorm grosse Feuerzeug zu ihm und er wimmerte wie ein Baby.
„Du bist so erbärmlich...denkst du wirklich ich wäre so einfallslos dich anzuzünden?"
Ich schnaubte beleidigt. Was dachte er auch...also bitte.
„Das Feuer ist für das Metall."
Erklärte ich ihm brav, als würde ich ihm eine Matheaufgabe beibringen.
„Und jetzt wird es schön warm und glüht orange, siehst du?"
Ich blickte fasziniert auf das stück Metall, das die Luft um sich herum flimmern liess als wäre man in einer anderen Welt.
Echt faszinierend.
Dann stellte ich das Feuer ab und lächelte.
„So...und das Metall Akon, das ist für dich."
Ich nahm den Griff in die Hand, hatte aber vergessen dass er auch verdammt heiss geworden war.
Es zischte und es begann nach verbrannter Haut zu stinken, während meine Hand vor Blut zu tropfen begann.
Ich runzelte die Stirn.
„Ou..."
„Verfickte Scheisse was ist los mit dir! Lass mich in Ruhe du Irre!"
Schrie Akon in Todesangst. Die Sollte er auch haben.
Ich lächelt verständnisvoll.
„Es ist okay. Es ist alles gut."
Beruhigt ich ihn und stand nun direkt neben seinem Kopf.
Er sah mir tief in die Augen, die Angst war unverkennbar, was mich enorm befriedigte.
Das Metall brutzelte und zischte, während ich es langsam über seine Brust hielt.
„Hast du Angst? Gib es zu und ich höre auf."
Er wand sich unter dem glühenden Eisen, welches wie ein Schwert über ihm schwebte, bereit ihn unter sich zu verbrennen.
„Ja verdammt! Ich habe Angst!"
Röchelte er und bewegte sich auf dem Tisch wie ein ertrinkender Fisch.
„Bettelst du? Akon komm, bettle."
Flüsterte ich zwischen den Zähnen und lächelte ihn so einladend an dass er mich verstörter ansah als ich dachte es sei möglich.
„Bitte Amara, bitte hör auf. Es tut mir so leid! Ich tue auch alles was du willst! Ich flehe dich an!"
Ich nickte nachdenklich.
„Weisst..weisst du was? Leider macht das meinen Rücken nicht mehr ganz. Und es bringt mir auch nicht wirklich etwas, diese nutzlose Entschuldigung. Keine Ahnung was sich immer alle davon versprechen. Es macht rein gar nichts wieder gut."
Er schüttelte den Kopf.
Panisch, den Todesfunke im Blick.
Das war der Moment in dem er wusste dass er sterben würde.
Und in diesem Moment liess ich auch das Eisen los.
Es fiel direkt auf seine Brust.
Eine Sekunde war es still, dann hörte ich wie sich der Metallblock durch sein Fleisch brannte und tiefer sank, es war unheimlich spannend zu beobachten.
Es rauchte von der verkokelten Kleidung und seine Schreie waren so laut, dass ich mit am liebsten die Ohren zugehalten hätte.
Stattdessen sah ich nur auf sein Gesicht, verzerrt und mit geweiteten Augen sah es zu mir hinauf.
„Ich habe dir doch versprechen ich bin das Letzte was du sehen wirst Akon. Ich halte meine Versprechen."
Mit kaltem Gesicht drückte ich die Platte weiter auf ihn drauf, sodass das Blut begann aus seinem Innern heraus zu quellen, und in Strömen über seinen Körper floss, bevor es vor meinen Füssen auf den Boden tropfte.
Dann hörte ich nur noch röcheln von ihm und plötzlich erschlafften die Hände und Füsse, die vorhin panisch gezuckt hatten.
Ich hörte ein rasselndes Ausatmen, dann wurden seine Augen matt, als sei das Leben wortwörtlich aus ihnen gewichen.
Sie waren leer und sein Körper verlassen, er starrte mich an und doch durch mich hindurch.
Nur das Tropfen des Blutes war noch zu hören, die etwas kühlere Platte war voller Blut.
Keine Ahnung wofür die sonst wohl genutzt wurde.
Kurz bedachte ich ihn mit einem mitleidigen Blick.
Nun lag er auch in seinem eigenen Blut.
Nur hatte er nicht überlebt. Ich schon
Dann drehte ich mich um und sah direkt in das Gesicht eines geschockten Arztes, der an der Tür stand, die Klinge fest umschlossen hatte.
Er bewegte sich nicht.
Starrte zuerst mich an.
Dann die schlaffe und blutüberströmte Leiche auf seinem Tisch.
Dann wieder zu mir.
Ich seufzte und lief auf mich zu, während er bereits fürsorglich von der Türe weg auswich.
„Tut mir leid Doc, er ist tot. Ich konnte einfach nichts mehr tun."
Meinte ich und lächelte ihn mit dem freundlichsten Gesicht an, das ich aufbringen konnte.
Dann drückte ich ihm das Feuerzeug in die Hände, worauf er sich merklich versteifte.
Ich drehte den Kopf zur Tür und lief los.
Nur weil ich jetzt eine andere Amara war, vergass ich aber keinesfalls meine Manieren.
Ich zog artig die Tür hinter mir zu und hinterliess einen blutigen Abdruck darauf.
Dann musste ich kichern und lief den Gang entlang.
Dabei sang ich leise ein Lied, immer aus demselben Satz bestehend.
„Todespunkt 13 Uhr Fünfzehn.
Todespunkt 13 Uhr Fünfzehn..."

Was hat sie nur gemacht...war das Amara oder würde sie so etwas nie tun? Und wie soll die alte Amara bloss wieder zurück kehren?
Love
Angora77

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt