Kapitel 9 {Holy pregnant}

9.5K 533 39
                                    

Michaels Augen schienen mich aufzuspiessen, während er von seinem Stuhl aufstand, den langen Mantel über dem Anzug verlieh seinem geschäftlichen Aussehen etwas dunkleres. Etwas aus dem Untergrund. Gefährlich.
Die Menschen wurden immer leiser, bis selbst das letzte Geflüster verstummt war, während ich ihn nur anstarren konnte.
Desinteressiert hatte er den Blick von mir abgewandt, ein Teil von mir sehnte sich sogleich wieder danach, beweisen zu können dass es kein Fehler war mich anzusehen. Irgendetwas an diesem Mann liess mich so denken wie ein dummes kleines Schulmädchen.
Doch eigentlich gegen meinen Willen, denn so Jemand war ich definitiv nicht.
Kurz schüttelte ich den Kopf, als könnte ich abschütteln, was ich kurz zuvor gespürt hatte.
Michael liess den Blick über die Menge schweifen, bevor er sprach.
Seine Stimme war ruhig und beherrschend, aber etwas unbestimmtes schwang darin mit, etwas kühles das mich frieren liess, obwohl der Saal durch die Menschen und das Essen aufgeheizt worden war.
"Wir haben heute erfolgreich einen Ausseneinsatz beendet und Roberto Cantieni festgenommen, sein Cartell wird ein Leichtes Spiel sein. Dafür ein Lob an die Einsatztruppe A2, lasst es euch heute Abend gut gehen, ihr habt es euch verdient."
Tosender Applaus ertönte und einige junge Männer an einem Tisch grölten und klopften sich auf die Schultern, während die jungen Frauen daneben fleissig klatschten und sie umschwärmten wie Bienen den Honig.
Ich hob eine Braue, klatschte aber vorsichtigerweise mit. Damit ich nicht auffiel.
Alec sah wenig begeistert aus, sein Kiefer mahlte, während er die Jungs dort beobachtete.
Ich lehnte mich zu Kelly hinüber die mich mit leuchtenden Augen ansah.
"Was hat er?"
Ihr Leuchten wurde schwächer und ihr Blick huschte kurz zu Alec.
"Er ist nur eifersüchtig, dass nicht seine Truppe, A1 den Einsatz bekommen hat. Aber das wird schon, die Konkurrenz ist halt gross hier unten."
Ich liess mich zurück sinken.
"Ah."
Machte ich und nickte.
"Pass auf, du wirst auch gleich erwähnt."
Ich verschluckte mich.
"Ja."
Kelly grinste fast etwas schadenfroh.
"Da mussten wir alle durch, schliesslich muss die Organisation doch von ihrem Zuwachs erfahren."
Mein Lächeln war gefroren und mein Herz begann zu rasen.
Müsste ich dann aufstehen? Mich ansehen lassen wie ein Kuh auf dem Markt? Oder stumpf winken? Hoffentlich nicht.
Erwartungsvoll sahen die Leute, nachdem sich der Applaus gelegt hatte, wieder nach vorne zu ihrem Anführer, während Marco sich lieber mit den Mädels sonnte, die mit ihm redeten sich um seine Aufmerksamkeit stritten.
Malthael schwieg und beobachtete die Menge.
Es hatte etwas unheimliches, als wüsste er viel mehr als ich mir vorstellen konnte. Als würde er einfach alles sehen. Mit diesen merkwürdigen, matten Augen.
Michael richtete seinen Blick auf mich.
Seine Augen waren undurchschaubar, sie schienen mein Innerstes umher zu schleudern, ohne Rücksicht, um irgendetwas zu finden dass ihn interessieren könnte. Was er wissen wollte.
Dann drehte er sich weg, demonstrativ, als wollte er mir zeigen dass ich es nicht Wert war, erwähnt zu werden.
Dann nickte er den Leuten zu und verliess den Saal, sofort folgten ihm einige Wachen, das perfekt nach hinten gekämmte Haar war das Einzige was von ihm noch zu sehen war, den Rest bildete sein langer dunkler Mantel, der schon fast dramatisch um seine langen Beine wehte.
Dann knallte die Saaltüre und er war weg.
Die Gespräche setzten sofort wieder ein, ich dagegen war wie erstarrt, während ich auf die geschlossene Türe sah.
"Ich..das hat er noch nie gemacht. Normalerweise stellt er die Neuen kurz vor und bei den Frauen verkündet er immer, dass Verehrer sich bei ihm melden können."
Stirn runzelnd nickte Alec. Er schien mehr zu wissen.
"Ja..das ist in der Tat merkwürdig."
Ich schwieg.
Er hielt mich nicht für wichtig genug, er wollte das ich unter ging. Unter der Masse die mich nicht kannte.
Er nahm wohl an dass ich wie Jeder Andere hier dazu gehören wollte. Und weil ich nicht eine dieser Auserwählten war die sie einsammelten, wollte er mir das verwehren. Tja Pech, auch wenn es demütigend und unfair war, juckte es mich eigentlich nicht.
Ich war nicht hier um aufzusteigen oder Karriere zu machen.
Ich wollte mich nur stärken und wieder hier raus gehen. Und das konnte er gar nicht wissen, weil ich mit Niemandem darüber gesprochen hatte.
Immer noch ohne ein Wort zu sagen, begann ich den überfüllten Teller hinunter zu schlingen.
An den Gesprächen der Anderen beteiligte ich mich nur selten, ab und zu gab ich einen Kommentar ab, jedoch verriet ich nie etwas über mich oder was ich mir wünschte. Mein Misstrauen war ganz klar geweckt, so loyal wie diesem Mann alle waren, so konnte mich Jeder hier verpetzen wenn er wollte. Und das wollte ich nicht riskieren.
Erst als sich der Saal etwas leerte und auch die kleine Gruppe zu der ich vorläufig gehörte, sich erhob, liess ich von meiner dritten Portion ab.
Die Kommentare zu meinem Essverhalten ignorierte ich gekonnt, auch wenn sie meist lustig gemeint waren.
"Gehen wir?"
Fragte Ash, der seinen Laptop unter den Arm geklemmt hatte.
"Jetzt schon? Wollen wir nicht noch in den Gemeinschaftsraum? Heute läuft das Fussballspiel."
Andrew war aufgestanden und hatte Kiara schwungvoll einen Arm um die Schulter gelegt, während sie sich gerade eine Traube in den Mund schoppte.
"Oh ja!"
Kelly klatschte in die Hände und grinste breit.
Zustimmend nickte Kendra die sich eher etwas im
Hintergrund hielt und ab und zu mit vorbei laufenden Leuten unterhielt.
"Ich gehe hoch, ich muss noch etwas trainieren."
Alec zuckte die Schultern und legte sich seine Lederjacke über eine Schulter.
Kelly schien nicht sonderlich enttäuscht darüber zu sein.
Die Anderen und vor allem Kendra schon.
"Na gut...dann gehen wir mal oder? Amara, kommst du mit?"
Fröhlich sah mich Kelly an und stand schon an der Tür.
Die Meisten der Leute machten sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum.
Das war die Gelegenheit mich etwas mehr mit Alec zu verstehen. Es passte nicht ganz zu mir, dieses hinterlistige Ausnutzen, aber ich wollte hier wirklich irgendwann weg gehen können. Und Alec war mein Schlüssel dazu.
"Ach, ich bin eher etwas Müde und ich habe nicht all zu grosse Lust auf so viele Leute gerade."
Entschuldigend machte ich einen unauffälligen Schritt zu Alec und Kelly winkte ab.
"Verstehe ich, Alec bringst du sie nach oben? Nicht dass sie sich verirrt."
Grinsend sah sie mich an, ihn würdigte sie jedoch keines Blickes. Als müsste ich eskortiert werden, damit ich nichts anstellte.
Er zuckte die Schulten.
"Kann ich machen."
Sagte er und Kendras Blick durchbohrte plötzlich meine Seite.
Hoffentlich dachte sie jetzt nichts falsches, wo es für mich doch offensichtlich war dass sie Alec mochte. Ich sah ihn eher als Mittel zum Zweck an.
"Na dann, bis später Ami, wir sehen uns ja, wehe du schläfst schon!"
Gut gelaunt zottelten die vier Freunde ab und ich schlug mit Alec die andere Richtung ein.
Schweigend. Wie konnte ich besonders nett zu ihm sein ohne dass es auffiel?
Verdammt sowas konnte ich nicht. Das war nicht ich.
"Was ist da mit Kelly und dir?"
Fragte ich langsam als er mit seiner Karte den Lift öffnete, der mit dem gewohnten Pling aufging und mich wieder auf ein schmerzlich hohes Abenteuer mitnahm.
Alec lehnte sich an die Wand und beobachtete mich zwischen den Strähnen hindurch.
"Das ist kompliziert. Aber glaub mir, es ist alles okey. Das ist lange geklärt."
Er zuckte die Schultern, ich sah dass er nicht bereit war mir mehr zu erzählen und sich verschloss.
Super Anfang.
"Oh, klar, tut mir leid."
Murmelte ich schnell und beobachtete ihn unauffällig.
"Wie bist du eigentlich hier her gekommen?"
Alec betrachtete seine Knöcheln in den Handschuhen, die vor seinen Fingern endeten und mit kleinen Spitzen bedeckt waren. Seine Stimme hörte sich nicht überzeugt an, als er antwortete.
"Gar nicht. Ich war schon immer hier, seit es sie gibt. Also seit ihrer Gründung, als ich ein kleiner Junge war."
Nickend sah er hinaus, der Lift stieg schnell in die Höhe und unauffällig hielt ich mich an seinem Geländer fest.
"Wow, das wusste ich nicht."
„Wie auch."
Meinte er wortkarg.
„Ja...wie auch."
Murmelte ich. Das klappte ja super. Ich machte mich bei ihm gar nicht beliebt, das war mir klar.
Er nickte nur und die Türen öffneten sich wieder.
Aber auf Stock 2.
"Ich darf hier doch nicht sein."
Warf ich sofort ein und er grinste er wieder.
"Sehe ich für dich aus wie eine Frau?"
Nein, definitiv nicht, da musste ich nicht mal unter sein lockeres Shirt sehen.
"Eh..nein."
Gab ich zu und sein Blick schweifte kurz über mein dunkles Kleid. Ich kam mir ziemlich over dressed vor.
„Eben, dann kann ich hier sein. Und wenn ich hier bin, kannst du mit mir hier sein."
Ich nickte nur langsam und bedächtig.
Mein Kleid war wirklich schön. Als ich auf der Strasse lebte hatte ich mir oft gewünscht so auszusehen, mich zu fühlen wie eine Prinzessin.
Aber Kleider liessen einem nicht zu einem anderen Menschen werden. Das hatte ich immer unterschätzt.
"Na dann, ich muss ohnehin trainieren und du kannst ja jederzeit wieder rauf."
Er spazierte den Gang entlang und ich folgte ihm schnell. Ab und zu öffnete sich eine Türe und ein Junge kam heraus, dann beobachtete er mich genau bevor er Alec neben mir sah und gelassen weiter lief.
"Und ihr habt alle ein eigenes Zimmer?"
Fragte ich, das war ja schon wieder unfair.
"Ja, aber nur weil es uns später als eine kleine Wohnung für Frau und Kinder dient."
Okey das leuchtete ein.
Bei uns oben war definitiv kein Platz für eine Familie.
"Achso."
Schweigend lief ich neben ihm den langen Gang entlang, der zwei Mal nach Links abbog.
Dann öffnete sich eine der Türen und eine Frau trat heraus. Sie musste so Mitte Dreissig sein und hatte ihre Haare locker hochgesteckt.
Sie trug ein weites Kleid und unter dem weissen Stoff zeichnete sich ihr runder Bauch ab.
Etwas verwundert aber auch nicht überrascht sah ih sie an, schliesslich war das wie eine kleine Stadt, auch hier gab es verliebte und Kinder, nur war ich mit der Methode wie sich die Paare fanden nicht zufrieden.
Leicht lächelnd sah sie uns an und nickte uns zu, eine Hand auf dem Prallen Bauch. Ich unterstand mich darauf zu gaffen.
Aber er war wirklich gross und ich fragte mich ob das für sie überhaupt noch angenehm war.
Dann blieb Alec stehen und neigte tief den Kopf.
Seine Haare fielen ihm wirr in die Stirn aber er verharrte so, bis die Frau um die nächste Ecke bog.
Verwirrt starrte ich ihn an als er sich wieder gelassen aufrichtete.
"Was war dass denn?"
Fragte ich verblüfft.
Ich dachte dass die Männer hier die Autoritätspersonen waren, ich hatte nicht damit gerechnet dass sich ein Mann vor einer Frau verneigte.
Diese Logik hier unten machte wirklich keinen Sinn.
Zuerst unterdrückte man die Frauen auf ein Minimum ihrer Existenz und danach verneigte man sich davor.
Nicht wirklich einleuchtend.
"Ich habe ihr Respekt erwiesen."
Ich hob eine Braue.
"Und wieso machst du das nicht auch mit mir?"
Er grinste breiter.
"Das hattest du wohl gerne was? Aber das geht nicht."
"Und wieso?"
Ich musste lächeln, es hätte mir wirklich gefallen aber natürlich erwartete ich nicht dass er es tat.
"Weil sie schwanger ist. Sie wird wie eine Heilige Behandelt, in allen Bereichen hier. Ab und zu dürfen sie sogar raus gehen. Sie trägt eine nächste Generation in sich, das ist der Grund für diese Behandlung."
Ich runzelte die Stirn. So wollte ich nicht enden. Nur mit Respekt behandelt werden, wenn ich Kinder bekam. Was war das bitte für ein Leben, als Gebärmaschine.
Aber diese Frau durfte raus auf die Welt gehen, wahrscheinlich weil es für das Kind gut war, aber dennoch.
Eine Sekunde lang kam mir ein Gedanke, doch schon ekelte ich mich vor mir selbst und vertrieb ihn wieder. Ich würde meinen eigenem Weg finden hier raus zu kommen. Mich dafür verkaufen würde ich nicht. Ich wollte sowieso keine Kinder bekommen.
"Ich will etwas verändern auf der Welt da oben, wo sich tatsächliche Armut und Qual abspielt.
Und ganz sicher nicht hier unten die perfekte Mutter für die Männer spielen."
Ehrlich und ziemlich geschockt darüber wie das hier lief, sah ich zu Alec hoch.
Er legte den Kopf zur Seite und sah mich schief an.
Ob er mir zustimmt oder nicht, war nicht heraus zu hören als er mich aufklärte.
Vielleicht lebte er diesen Glauben, oder vielleicht ratterte er nur die Regeln hier hinunter.
"Da hast du eigentlich nicht viel mit zu reden. Die Natur ordnet die Rollen zwischen Mann und Frau, sie ist verteilt und so leben wir.
Irgendwann bekommst du einen Mann, und wenn es der Richtige ist, dann gründet ihr eine Glückliche Familie."
Er zuckte die Schultern. Es schien auch ihn nicht all zu sehr zu berühren.
"Aber ich will das nicht."
Wirklich geschockt und wütend schüttelte ich den Kopf. Ich würde dieses Spiel garantiert nicht spielen. Ich wollte nicht in diese Welt und erst recht wollte ich nicht gezwungen werden, sie als meine Welt zu erachten.
„Wieso eigentlich nicht? Die Frauen hier sind alle glücklich, wieso also denkst du, dass du nicht glücklich werden könntest?"
Ich reckte das Kinn.
„Weil ich meine eigenen Entscheidungen treffen will. Ich will entscheiden welchen Mann ich einmal heirate. Ich will mich frei fühlen und das tue ich nicht, wenn mein Leben von anderen bestimmt wird."
Alec lachte rau und lehnte sich an die Wand.
Ich schüttelte den Kopf.
„Dich stört das nicht? Du lebst hier schon dein Leben lang, hast du mir gesagt. Stört es dich nicht, dass du immer nur Befehlen folgst?"
Etwas zögernd sah mich Alec an, während er den Kraftraum öffnete und hinter mir eintrat.
„Glaub mir. Du hast keine Ahnung."
Ich zuckte die Schultern.
„Ist mir auch egal. Ich will so nicht leben."
„Du bist eine Frau, keine die hier unten gelebt hat, hat bisher nicht nach den Vorschriften gehandelt."
Ich mahlte mit dem Kiefer. Es schien also ziemlich aussichtslos.
Dann hielt Alec inne und runzelte die Stirn.
"Obwohl, eine Möglichkeit gäbe es noch."

So meine lieben Sternchen.
Dieses Buch ist wirklich etwas Spezielles, so etwas habt ihr vielleicht noch nie gesehen, aber ich freue mich es zu schreiben, genau weil es so neu ist. Hoffentlich bleibt ihr dran und lasst zu dass ich euch eine neue Welt präsentiere, in der die Geschichte spielt.
Love
Tala

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt