Kapitel 31 { Michael und Alec}

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Alec's nächster Schlag war hart. So hart dass Akon zu Boden sank und keuchte, während die anderen die Hände hoben und einen Schritt zurück machten.
Wieso sie alle solchen Respekt vor Alec hatten, wusste ich bis jetzt immer noch nicht. Aber es war gut so.
Kurz verharrte Akon in seiner Position, dann hob er den Kopf unter den Haaren und ich kniff die Augen zusammen, die Hände ballte ich zu Fäusten und drückte mich noch immer an die Wand.
Ich hatte bisher immer gedacht Michael sei der herzlose Psychopath, doch so wie Alec den jungen Mann grade ansah, machte er mir noch viel mehr Angst.
Eine solche Verachtung war in seinen Augen zu sehen, als würde er nicht zögern, wenn er Akon umbringen musste.
Ich hätte gerne etwas gesagt, nur konnte ich diesen kalten Killer vor mir nicht mit dem jungen Mann vergleichen, der mir noch vor kurzem so zärtlich und elektrisierend über meinen Körper gefahren war.
Dann rammte ihm Akon den Kopf in den Bauch und die beiden stolperten etwas zurück.
Als Mädchen stellte man sich immer vor, wie toll es war , wenn einen der Freund vor einem ekligen Typen beschützte.
Aber das hier war nicht mehr romantisch, diese Seite an Alec hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen.
Er sah in diesem Moment aus wie Michael. Schauderhaft.
Kaum hatte er sich wieder gefasst, richtete er sich auf, die hellen Augen reglos, als würde er alle Bewegungen nur noch ausführen wie ein Roboter.
Als hätte sich ein Schalter umgelegt, der einen anderen Menschen zum Vorschein brachte.
Wie bei mir...nur jetzt zum Glück nicht mehr. Dank den Pillen. Von denen er ja nebenbei gesagt immer noch nichts wusste.
Ich atmete langsam aus während er Akon herum wirbelte und ich das Knacken seiner Schulter hören konnte.
Leise keuchte er auf und ich erstarrte, so etwas anzusehen war immer noch nicht leicht.
Aber Alec stiess ihn zu Boden und hob ihn dann wieder hoch, während Akon bereits versuchte, den Rücktritt anzutreten.
Langsam hob er die Faust; wie aus dem Nichts war der Schlagring aufgetaucht und ich hielt den Atem an. Ich erkannte, dass er mit voller Wucht zuschlagen würde. Er würde Akon ernsthaft verletzen. Wegen mir. Das konnte ich nicht zulassen. Ich konnte nicht zulassen, dass Alec wehen mir Ärger bekam.
"Alec stop!"
Ich hielt die Hände vor den Mund, ich war so am Arsch wenn das raus kam, dann konnte ich meinen Posten hier vergessen und niemals raus kommen. Und ich wollte Alec nicht in Schwierigkeiten bringen. Das war mir beinahe noch wichtiger.
Doch er hörte mich nicht, er schien von mir getrennt zu sein und sog nur den ängstlichen Gesichtsausdruck seines unterlegenen Gegners.
Akon schwieg und Blut lief ihm aus dem Mundwinkel, seine Augenbraue war aufgeplatzt.
Dann flog die Tür auf und ich fuhr erneut zusammen, während ich mich in diese Richtung drehte.
Als ich sah wer dort stand gefror mir das Blut in den Adern und meine Augen weiteten sich. Wie um aller Welt konnte er das mitbekommen haben?
"Alec!"
Seine Stimme hatte diese Dominanz, unter der sich am liebsten alle Anwesenden verneigen würden und gleichzeitig klang er so kalt dass ich beinahe zu Eis erstarrte.
Michael trug schwarz. Denselben Mantel wie immer, die Arme hatte er leicht gehoben, trotzdem wirkte er entspannt.
Keine Männer hinter ihm, nur er.
Seine dunkeln Haare waren ordentlich nach hinten gekämmt, seine scharfen Gesichtszüge sahen nur noch besser aus dadurch.
Aber seine schwaren Augen waren so kalt, so unberührt dass ich das Bedürfnis bekam, das zu ändern. Diesen Mann konnte man gar nicht ändern. Man konnte nicht ändern, was kein Herz hatte.
Hatte Alec vorher doch nicht einmal meine Stimme gehört, hielt er doch jetzt sofort inne und seine Augen klärten sich auf.
Selbst auf ihn hatte der König dieser Organisation einen Einfluss.
Ich hatte die Zähne zusammen gebissen und starrte das Geschehen an, genauso auch die anderen.
Keiner sagte ein Wort, nur Michaels Augen lagen auf dem Kämpfer und dieser richtete sich nun langsam auf.
Dann liess er Akon los, welcher sofort kraftlos zu Boden sackte und auf allen vieren weg kriechend hustete.
Alec strich sich durch die Haare, dann streifte sein Blick mich, wie ich mich noch immer nicht bewegte.
Schlussendlich drehte er sich dann zu seinem Anführer um und betrachtete ihn.
Respektvoll, aber nicht sonderlich angetan.
"Ich brauche keine Erklärung."
Michael klang gleichgültig, während seine Augen auf Akon lag und er den Kopf kaum merklich neigte.
"Frauen waren schon oft Gründe für Kriege. Sie vergiften die Gedanken der Männer, die ihnen verfallen. So war es schon immer."
Er drehte sich zu mir und ich fühlte mich so schuldig dass ich am liebsten im Boden verschwunden wäre.
Stattdessen erinnerte ich mich an meinen Schwur ihm gegenüber niemals Schwäche zu zeigen.
Also hob ich das Kinn höher und unterdrückte das Schlucken um den Kloss in meinem Hals los zu werden.
„Ich möchte jedoch, dass hier Krieger ausgebildet werden und keine Narren."
Er betrachtete mich einfach neutral und so als würde ich ihn nicht mehr interessieren als ein Reiskorn.
"Deshalb wird Amara jetzt mit mir mitkommen und diesen Unterricht ab jetzt nicht mehr besuchen."
Meine Augen weiteten sich und Alec verspannte sich merklich, während er die Zähne zusammen biss und Michael wütend anblitzte. Seine Arme waren angespannt und die grossen Hände zu Fäusten geballt.
Das konnte er nicht tun, den Traum beenden der mich in die Freiheit geführt hätte!
Aber wenn ich jetzt widersprochen hätte, wäre auch die letzte Möglichkeit weg, und vielleicht konnte ich es irgendwie nochmals retten wenn ich jetzt keine Probleme machte.
Auffordernd sah Michael zu mir und die Blicke der Jungs huschten ebenfalls in meine Richtung.
Unwohl stiess ich mich von der Wand ab und ging langsam auf den Mann zu vor dem ich solche Angst hatte und irgendwie dennoch auch Respekt.
Akon grinste und spuckte Blut aus, während er sich aufrichtete und halb schwankend mit schiefem Körper zu Alec hinauf lachte.
"Du bist nicht der Einzige mit Interesse, dumm gelaufen."
Alec schlug ihm ins Gesicht sodass, er nach hinten umfiel, aber der eine Satz hatte mir gereicht um zu schaudern. Er hatte nämlich recht.
Michael hatte an irgendetwas an mir Interesse, aber  nicht daran dass ich eine Frau war.
Nein da war irgendetwas anderes, was ich am liebsten gar nicht wissen wollte.
Als ich an Alec vorbei lief sah ich die unterdrückte Wut in seinen Augen.
Es passte ihm gar nicht, dass ich mit Michael mitgehen musste.
Aber er war der Anführer hier und ihn durfte man nicht warten lassen.
"Ich will dich nachher sprechen."
Michael sah noch einmal zu Alec, bevor er mir die Türe aufhielt und ich mit flauem Gefühl im Magen hindurch schritt.
Weg von Alec, dem ich meine Sicherheit als Einzigem zutraute.
Dann klappte die Türe zu und ich war alleine mit dem gefürchtetsten Mann hier.
Langsam sah ich zu ihm, aber er lief einfach unbeeindruckt los, die Menschen machten ihm von alleine Platz.
Diese Autorität die er ausstrahlte musste ihn wohl zu dem mächtigen Mann gemacht haben der er hier unten war.
Ich folgte ihm eilig, auch wenn mir die Blicke unangenehm waren.
Vor allem die Frauen schienen mich entweder zu bemitleiden oder zu...beneiden.
Komische Leute.
Ich schwieg und auch Michael sagte kein Wort als wir mit dem Lift hoch fuhren, seine schwarzen Augen musterte mich nur, als könne er alles erfahren was er wolle, wenn er mich nur ansah.
Und ich hatte das Gefühl dass er auch alles fand was er wollte.
Schlecht für mich, ich spielte noch nicht so lange in dieser Liga und er war der Kartengeber.
Also musste ich aufpassen was ich sagte.
Als wir auf das Büro mit den beiden Wachen davor zusteuerten wusste ich gleich dass ich jetzt voll geliefert war.
Mein Ganzer Plan konnte gleich kaputt gemacht werden, ahnte er irgendetwas?
Nein, ich hatte doch Niemandem davon erzählt.
Die Männer warfen mir keinen Blick zu, auf ein Zeichen von Michael entfernten sie sich schweigend.
Ich hätte sie in diesem Moment sogar angebettelt jetzt nicht zu gehen und mich alleine zu lassen, aber leider verliessen sie uns und ich stand nun alleine in seinem Arbeitszimmer.
Als er hinter mir die Türe schloss musste ich mich beherrschen um nicht zusammen zu zucken.
Ich konnte mir vorstellen dass er Schwäche nicht ausstehen konnte. Das sah ich ihm an. Etwas vom Wenigen was er mir verriet.
Gelassen lehnte er sich an seinen Schreibtisch, während ich in der Mitte des Zimmers stand und völlig starr zu ihm hinüber sah.
Gerne hätte ich das freche Mädchen oder die unantastbare Bitch gespielt, aber ich war einfach wie versteinert.
Bei ihm war das anders, er hatte etwas das all deine Gesichter die du dir angewöhnt hattest fallen liess.
"Wieso darf ich Nicht mehr trainieren?"
Fragte ich schliesslich.
Als ob er darauf gewartet hätte dass ich mich getraute etwas zu sagen unterbrach er mich.
"Was ist die grösste Macht die man über Jemanden haben kann Amara."
Es Klang nicht wie eine Frage, eher wie ein Befehl aber ich wusste dass ich es jetzt erst recht beantworten sollte.
Also überlege ich, alles was mir einfiel wenn ich ihn ansah.
"Angst."
Sagte ich dann und suchte in seinen Augen nach einem Hinweis ob es stimmte oder nicht.
"Belohnungen. Autorität oder Drohungen."
Zählte ich weiter auf, vielleicht war es nur ein Test um zu sehen, wie selbstbewusst ich mich geben konnte.
Langsam schüttelte er den Kopf.
"Falsch. Es ist Vertrauen. Und Liebe."
Ich runzelte die Stirn, wieso erzählte er mir das? Das hatte keinen Zusammenhang mit meiner Frage.
Unbehaglich biss ich mir auf die Lippe bevor ich es erneut wagte etwas zu sagen.
Vielleicht hätte ich das aber nicht tun sollen.
"Wieso meint Ihr das? Macht ihr euch Sorgen um Alec?"
Konnte ja sein, vielleicht hatte er Angst, dass sein bester Kämpfer von mir beeinflusst wurde.
Er hob eine Braue. Die Hände faltete er gelassen.
Automatisch hatte ich das Verlangen mich ihm zu erklären.
"Nun, Alec ist zweifellos ein guter Kämpfer..und vielleicht machst du dir Sorgen um ihn. Wegen mir."
Verdammt was war mit mir los, wenn ich Angst hatte sprach ich doch nie so stockend sondern extra stark, um meine Gefühle wett zu machen.
Michael legte den Kopf schief und legte die Hände ordentlich auf die Tischplatte.
"Das musst du nicht. Er ist mein Bruder."
Ich hielt inne und starrte ihn an.
Das konnte nicht sein, wieso hatte mir Alec das dann nie erzählt?
Es gab Ähnlichkeiten zwischen ihnen ja, aber ich wollte das nicht glauben weil es die Sache mit Alec und mir viel komplizierter machen würde.
Es ergab, so ungern ich es zugab, aber auch Sinn, so wie Alec sich Michael gegenüber verhielt, so feindlich und trotzdem als würden sie verbunden sei.
"Oh." Flüsterte ich, das war echt etwas viel, das Letzte was ich erwartet hätte.
"Du wusstest es nicht."
Stellte er fest und liess entspannt einen Bleistift zischen seinen Fingern durch gleiten.
Diese Geste machte mich unheimlich nervös.
"Er hat also auch wegen seiner Herkunft gelogen?"
Fragte ich dann leise, das hatte ich ja schon fast vermutet gehabt.
Aber nicht dass er mir gleich so einen riesigen wichtigen Teil vorenthielt.
"Nein. Das nicht."
Ich nickte nur. Dass er überhaupt gelogen hatte, reichte schon. Ich hatte gedacht, wir würden uns langsam öffnen. Aber eigentlich musste ich gar nichts sagen, schliesslich hatte ich ihn anfangs ja auch nur als Weg zum Ziel gesehen. Bevor die ganzen Gefühle aufgetaucht waren. Ich war noch viel schlimmer als Alec. Ich durfte eigentlich gar nicht sauer auf ihn sein. Nach allem was er für mich getan hatte.
"Wieso?"
Fragte ich und sah nun zu ihm hoch. Etwas wütend war ich schon, dass er mir so wenig vertraute, aber von mir konnte ich ja nichts anderes behaupten.
"Frag das ihn, ich bin kein Teil eurer Beziehung."
Das erste mal klang er amüsiert, wenn auch auf eine ziemlich sadistische Art die mir unheimlich war.
Sofort lief ich knallrot an.
Verdammt er hatte es also die ganze Zeit gewusst. Und wie er genau im richtigen Moment vorhin hatte auftauchen können, wollte ich gar nicht wissen.
"W..wir haben keine Beziehung."
Spulte ich hinunter und er drehte den Kopf langsam zu mir, die Emotion war weg gewischt und er sah mich nun eisig aber gelangweilt an.
"Lüge."
Ich wusste nicht wieso er so reagierte, so stark.
Aber ich hatte das starke Gefühl dass wir unser Spiel nicht erst starteten, sondern wir schon lange mitten drin waren. Und er führte.

So, jetzt habt ihr einen (kleinen) Schocker bekommen, aber wenn ihr euch jetzt wundert wieso Michael sie unterrichten will, dann müsst ihr einfach nur weiter lesen^^
Ich bin gespannt und hoffe ihr auch
Love
Angora77

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt