Kapitel 27 {Alecs Zimmer und seine Nebenwirkungen}

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Daraufhin hatte Alec den Raum ohne ein weiteres Wort verlassen und mich fassungslos zurück gelassen. Er hatte mich gerade geküsst und dann einfach stehen gelassen. Was für ein Arschloch!
Ich hatte mich daraufhin zurück in mein Zimmer begeben und mir die Ohren von Kelly vollquatschen lassen. Sie schwärmte von den Kindern in ihrem Kindergarten und wie schön es war, sich trotzdem nützlich zu machen. Auf meine Frage hin, was das ‚trotzdem' sollte, hatte sie dicke Tränen geheult. Na super, das hatte ich noch gebraucht. Sie erzählte mir, wie gerne sie Mutter sein würde, wie sehr sie sich ein Kind wünschte aber dass sie seit der Trennung von Alec keinen Mann mehr zugewiesen bekommen hatte. Und darüber war sie wirklich traurig gewesen!
Ich hatte versucht sie zu trösten, auch wenn ich grade genug eigene Probleme hatte. Als sie dann endlich ihre Tränen getrocknet hatte und zum Abendessen runter gegangen war, war es die perfekte Gelegenheit für mich. Ich war alleine, zwar frustriert, aber wenigstens alleine und konnte so die Pille schlucken. Doch als ich sie in die Hand nahm und kurz davor war, sie runter zu schlucken, erinnerte ich mich an die Prüfung gestern. Meine Krankheit hatte mir gewissermassen das Leben gerettet. Vielleicht musste ich nur lernen, wie ich damit umzugehen hatte, statt alles zu verdrängen. Ich beäugte die Pille und warf sie dann zurück in die Dose. Die verschwand wieder im Bezug meines Kopfkissens.
Ich verliess mein Zimmer nicht mehr, für den Rest des Abends nicht und ich schlief bereits, als Kelly leise ins Zimmer tappte. Ich schlief einen unruhigen, mit Albträumen und Erinnerungen vollgestopften Schlaf, aber immerhin konnte ich noch schlafen.

Die nächsten Tage verlieren alle gleich. Ich ging ins Training, verbesserte meine Schusstechnik im Bogenschiessen und lernte, mit einer Pistole umzugehen. Während die Männer halbautomatische Waffen bekamen, die riesig waren, bekam ich nur eine einfache Pistole mit neun Patronen drin. Unfair, aber Alec meinte dazu bloss, dass sie für mich leichter rum zu tragen sei und ich so schneller unterwegs war.
Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, hätte ich gemeint, dass er es gut mit mir meinte. Doch ich wusste es ja besser. Ich biss die Zähne zusammen und trainierte weiter, ohne mich weiter zu beklagen. Es hätte nichts genützt.
Und so verging Tag für Tag, an denen ich nur dann trainieren konnte, wenn alle neunzehn anderen auch dabei waren. Ich hatte diese Karte nicht bekommen, auch nach all den Tagen guten Benehmens. Alles umsonst.
Nachdem die anderen den Raum verlassen hatten, wollte auch ich gehen. Ich legte das Handtuch auf meine Schulter und stapfte los, ohne mich von Alec zu verabschieden. Wie die letzten Tage auch. Er konnte ja nicht von mir erwarten, dass seit seiner letzten Aktion noch alles okay zwischen uns war. Kurz bevor ich aus der Türe war, packte er meinen Arm.
„Warte noch kurz Amara", meinte er und schloss den Reissverschluss seiner Tasche, die er dann hoch wuchtete.
„Du musst noch mit mir mitkommen."
Ich hob eine Braue.
„Wieso, ich habe nichts angestellt?"
Er wirkte nicht genervt als er antwortete, sondern ganz ruhig.
„Nein. Aber du solltest trotzdem mitkommen."
Ich seufzte ergeben und trottete ihm nach in Richtung Lift. Ich war völlig verschwitzt. Es war mir fast unangenehm, so stinkend neben dem Mann her zu laufen, den ich offensichtlich ziemlich mochte.
„Kann ich nicht zuerst duschen gehen oder sowas? Ich müffle."
Alecs Mundwinkel hoben sich.
„Ich auch. So riechen eben Soldaten nach dem Training."
Ich verzog das Gesicht. Super Erklärung.
„Demfal keine Dusche."
Murmelte ich und betrat hinter ihm den gläsernen Lift.
„Ich mag dich mehr, wenn du nicht so grimmig drein schaust."
Merkte Alec an, als sich die Türe schloss.
Ich verdrehte die Augen und stellte mich ganz nach hinten an den Lift, damit er sah wie sauer ich noch auf ihn war.
„Tja Pech."
Alec drückte in aller Ruhe den Knopf und sah kurz zu mir, seine grauen Augen funkelten ähnlich wie letztes Mal. Letztes Mal, als er mich geküsst hatte. Und mich dann wie ein super Idiot hatte stehen lassen.
Sofort kribbelte es in mir und ich musste versuchen möglichst hart auszusehen, auch wenn ich innerlich gerade zu einer Pfütze verschmolz.
Bei dem Stockwerk welches nur die Männer betreten durften öffnete sich die Türe und ich legte den Kopf an das Glas des Lifts.
Aber bevor sich die Türen wieder schliessen konnten hielt mir Alec eine Hand hin, er stand bereits auf dem hellen Gang, in dem momentan gerade ziemliche Ruhe herrschte.
Ich runzelte die Stirn und sah von seiner grossen Hand zu ihm; wie er mich ansah ohne irgendetwas mit seinem Blick zu verraten.
Ich entschied mich aber dafür mitzugehen, auch wenn der beleidigte und gekränkte Stolz in mir ihn jetzt gerne sitzen gelassen hätte.
Ich legte meine Hand in seine und fühlte mich wieder so sicher, ein Gefühl welches mich nur schwach machte.
Schnell vertrieb ich es und liess mich hinter ihm über die Fliesen ziehen, vorbei an den zahlreichen Türen des Langen und aufgetrennten Gang, durch den er mich gerade nach hinten führte.
Ich fragte mich wohin er mich brachte, denn am Fittnessraum waren wir vorbei gelaufen.
Insgeheim hatte ich gehofft dass er mich dort hin brachte, aber anscheinend hatte ich falsch gelegen.
Wenig begeistert folgte ich ihm daher weiter und wir bogen nach rechts, wo nur ein einziges Zimmer zu sein schien.
Er öffnete die grosse Eichentür und liess meine Hand los.
Sofort reklamierte das schwache Ding namens Herz in meiner Brust.
"Wieso bringst du mich..."
Ich deutete in den Raum.
"In mein Zimmer."
Ich hob eine Braue und mir gefiel der Gedanke sehr gut alleine mit ihm Zeit in seinen Gemächern zu verbringen.
Aber natürlich blieb ich voll hart.
"Du erwartest jetzt aber nicht etwa dass ich da drin mit dir rummache?"
Fragte ich trocken, auch wenn ich gerade sehr auf ein Doch hoffte.
Schelmisch glitzerte das Grau seiner schönen Augen, da war der alte Alec wieder kurz, den den ich so sehr in mein Herz geschlossen hatte.
"Also eine angenehme Nebenwirkungen wäre es natürlich..."
Ich musste ein Grinsen unterdrücken und schlug ihm auf den Arm.
Kräftig. Er musste nicht meinen, dass ich ihm alles verziehen hatte!
Er verzog kurz die Lippen und hob dann die Hände und machte mir Platz um einzutreten.
"Aber nein, das war nicht der ursprüngliche Grund."
Ich legte den Kopf schief und nickte dann.
Ich nahm seine Einladung an. Sehr gerne, aber es sollte aussehen als wäre ich nicht überzeugt.
"Na gut, meinetwegen."
Ich hatte die Nase etwas zu hoch und gleichgültig gehoben, es musste ihm wohl aufgefallen sein, denn als wir drinnen waren schloss er die Türe grinsend.
Das Zimmer war echt gross und noch weitere Türen führten davon weg.
Es war schwarz und weiss gehalten, die weisse lange Couch und das Weisse Bett mit der schwarzen Decke und dem riesigen Kissen welches wirklich sehr verlockend aussah, stand am Rande vor einem grossen Bild.
Was darauf war konnte ich nicht erkennen, es schienen zwei Personen zu sein, doch Farbe war wie Regen über das Bild gelaufen und hatte sich wie Wasser an eine Scheibe eines fahrenden Zugs gelegt, sodass das Bild dahinter beinahe nicht mehr zu sehen war.
Nur zwei Umrisse von zwei Männern.
Es sah abstrakt aber irgendwie friedlich aus, so wie der Regen den ich schon viel zu lange nicht mehr gehört hatte.
"Es ist sehr schön."
Sagte ich, während Alec seine Tasche hinstellte und die Lederjacke auszog.
Er linste kurz zum Bild hoch.
"Hast du es gemalt?"
Fragte ich und er schüttelte den Kopf.
"Nein...aber Jemand der mir nahe steht...Gestanden hat."
Ich lächelte leicht, es hatte etwas faszinierendes aber auch geheimnisvolles.
Als würde sich dahinter eine Menge Wut verstecken, die man nicht sehen konnte.
"Muss ein guter Künstler sein."
Stellte ich fest und er nickte.
"Ich vermisse den Regen, wenn ich hier unten bin, deshalb tut es mir gut das über meinem Bett zu haben.
Erinnerungen verblassen so nicht."
Ich war erstaunt solche Worte von ihm zu hören aber nickte wissend.
Er versuchte Erinnerungen zu behalten während ich alles tat damit sie verschwanden.
Lustige Ironie.
"Also, du hast mich sicherlich nicht her gebracht um mir eine Kunstführung zu geben."
Unterbrach ich das nachdenkliche Schweigen. Momentan wollte ich nichts mit Erinnerungen zu tun haben.
Er nickte.
"Nope. Aber du wolltest unbedingt trainiert werden. Und das mit der Karte kann ich nicht tun, also dachte ich mir kommst du hier her."
Ich hüstelte.
"Und wie soll ich hier drinnen Sport machen?"
Er musterte mich und das Glühen seiner Augen wurde intensiver.
Anziehend und echt Bauchkribbeln verursachend.
"Es gäbe eine Menge Möglichkeiten glaub mir Amara."
Sofort spürte ich wie mir das Blut in die Wangen schoss. Und ich wusste genau, dass er auch nicht sonderlich abgeneigt war. Doch er hatte sich anscheinend gut unter Kontrolle.
"Aber ich redete eigentlich hiervon."
Er öffnete eine Tür und betrat das Zimmer, während ich zögernd folgte.
Dann wurden meine Augen gross und ich starrte baff umher.
Ich hatte ja gewusst dass die Männer grössere Zimmer hatten, aber eine eigene Fittness Anlage?
"Das ist deine?"
Fragte ich und konnte den Blick nicht davon los reissen.
An einer Wand war ein riesiger Spiegel aufgestellt, davor standen alle Dinge die man für Training brauchte.
Von Hanteln über Boxsäcke und Rudergeräte oder Gewichtheber.
Es sah alles sauber aus und es roch auch nicht so verschwitzt, es sah aus wie die Elite eines Eliteteams.
Also sehr reich. Woher die Organisation wohl all das Geld hatte? Bestimmt nicht von ehrenhaften Einsätzen.
Auch egal.
Weiter hinten konnte ich sogar ein schmales Bevken ausmachen, das Wasser bewegte sich sanft und blau zwischen den Kacheln.
Eine schwarze Linie mit Haken daran zeigte sich am Boden.
"Jep."
"Deshalb also der Körper."
Ich konnte die Worte nicht zurück halten, sie kamen einfach über meine Lippen.
Sofort biss ich mir auf die Lippen und hätte mich ohrfeigen können.
Sonst wusste ich immer genau wann ich was sagen sollte, aber bei ihm spielte mein Gehirn verrückt oder hatte Stromausfall.
Er grinste nur und ich schwieg beharrlich, darauf konzentriert nicht mehr Scheisse zu labern als bisher.
"Also, dann leg mal los."

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt