Kapitel 22 { Run and Kill }

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Ich stolperte und prallte gegen einen Baum, dessen Rinde über meinen Panzer kratzte. Ein ekliges Geräusch.
Ich atmete abrupt ein und sah das Gesicht eines Mannes vor mir. Er war ausser Atem, seine Augen waren genauso gehetzt wie meine.
Er hob ein Messer und mir war klar dass er einen Konkurrenten ausschalten wollte. Dass er es wirklich ernst meinte.
Mein Atem ging flach und für den Bruchteil einer Sekunde befand ich mich in meinem Innern in einer Art Kampf.
Ich wusste, dass ich dem nicht entkam, aber ich wollte ihn doch nicht töten.
Und dennoch würde er dann mich töten, ohne zu zögern oder mit der Wimper zu zucken.
Und ich wollte leben.
Ich wich gerade rechtzeitig aus und schlüpfte unter seinen Armen durch, sodass das Messer dass er nach mir hieb im Baum stecken blieb.
Ich musste rücksichtslos sein.
Nur so gewann ich. Und wenn ich nicht stärker war als er, musste ich flinker und schlauer sein.
Das war mir nun klar und jegliche Menschlichkeit die in mir widerstand leistete wurde ausgeschalten.
Nur das Überleben zählte und ich hatte nicht vor mich töten zu lassen.
Ich gab einen leisen Kampfschrie von mir und stiess den Mann mit aller Kraft zurück, mit einem festen Tritt gegen seine Brust.
Es reichte nicht aus, dass er umfiel, ich war dafür nicht stark genug, aber das musste er auch nicht.
Denn hinter ihm befand sich das Seil.
Er sah mir in die Augen und ich formte meine Lippen zu einem „Es tut mir leid."
Er riss die Augen auf als er es verstand.
Er schwankte und löste mit seinem Fuss das Seil aus.
Ich hörte noch seinen Schrei, einen Schrei, der durch Mark und Bein ging.
So einen Laut wollte ich nie wieder hören, doch mittlerweile war der ganze Wald voll davon.
Es kam mir vor wie ein Massaker, und in gewisser Weise war es das auch. Und die Menschen sahen einfach zu. Assen wahrscheinlich noch Snacks oder tranken eine Limo.
Mochte sein dass die Organisation gutes tat, aber ihre Methode dazu war nicht die beste.
Es krachte und ich hielt mir die Ohren zu so laut war es.
Dann prasselte Asche und Blut auf mich nieder und ich spuckte das aus, was ich in den Mund bekommen hatte.
Ich unterdrückte den Würgereiz, ich war übersät mit fremden Blut. Das war unmenschlich. Ich tat hier unmenschliches.
Kurz wurde mir schwindelig, dann schüttelte ich den Kopf und riss das Messer aus dem Baum.
Nein, ich machte jetzt weiter und zwar sofort.
Allein durch meinen Willen zwang ich meine schmerzenden Beine weiter zu rennen.
Ich stiess mich von Baum zu Baum ab, immer darauf bedacht hinter Jemandem zu rennen, den ich beobachten konnte.
Wenn etwas geschah war er nämlich zuerst dran.
Dann hörte ich hinter mir einen Mann keuchen, der langsam aber sicher aufholte.
Ich wusste dass ich gut mit Messen umgehen konnte. Aber vielleicht war ich nicht gut genug, mich mit einem halbwegs trainierten Krieger zu messen.
Ich liess meinen Blick verzweifelt über den Waldboden schweifen.
Da erkannte ich weiter vorne eine Grube, über die die Meisten drüber sprangen.
Jemand fiel hinein und kam nicht mehr raus. Es kam kein Laut aus der Grube, die mit Blättern und Moos getarnt war. Ich hätte sie selbst nicht erkannt, wenn nicht alle drüber gesprungen wären und mich darauf aufmerksam gemacht hätten.
Ich nickte langsam während ich stolpernd weiter rannte und spürte wie mich ein Dolch an meinem Arm erwischte. Der Mann hinter mir hieb nach mir. Er erwischte mich nicht tief, aber trotzdem schmerzte es höllisch. Die Luft die über die offene Wunde strich machte es noch schlimm.
Geschockt hielt ich an und taumelte. Der Schmerz breitete sich mit dem Blut aus, das langsam meinen Arm hinunter rann.
Ich hob den anderen, mit dem Messer in der Hand, warf es direkt auf den Mann zu.
Eigentlich hatte ich seine Brust treffen wollen.
Doch es traf stattdessen seinen Oberschenkel und bohrte sich direkt hinein.
Ich ging rückwärts weiter während er humpelnd und mit verzerrtem Gesicht weiter auf mich zukam, Dreck und Blut vermischte sich zu einer Kruste auf seinem Gesicht. Doch er gab nicht auf, er war ein Kämpfer.
Ich drehte mich um, eine Hand auf die blutende Wunde gepresst und nahm Anlauf, dann rannte ich mit aller Kraft auf die Grube zu.
Meine Schritte flogen über den Boden und  ich hatte das Gefühl zu fliegen als ich abhob und sprang.
Keine Sekunde hatte ich mir erlaubt zu zögern, und ich flog tatsächlich.
Über die Grube hinweg, über die Spitzen Stangen die einige der Männer aufgespiesst hatten. Die lagen dort ohne zu zucken, hingen hinunter wie leblose Lappen.
Ich erreichte das andere Ende der Grube gerade so. Doch kurz rutschte ich ab, sodass mein Bein schmerzhaft an eine Wurzel knallte und sich ein dumpfer Schmerz darin breit machte. Ich verzog das Gesicht zu einem Schrei und grub die Nägel in die Erde, bevor ich noch weiter abrutschen konnte.
Hinter mir sah ich den Mann hinein fallen und hörte die Stangen die seinen Körper durchbohrten. Er gab keinen Laut von sich, er atmete nur ein letztes Mal rasselnd aus. Dann hing er leblos zwischen den übrigen Toten in dieser Todesgrube.
Ich wollte das nicht mehr, es war die Hölle und ich wollte nur noch nach oben und mein Leben in den Gassen weiter leben. Das hier war das grausamste, was ich je erleben musste. Ich wollte aufgeben, hier und jetzt um nicht noch mehr Tote sehen zu müssen.
Doch was ich wollte, war jetzt nicht mehr von Bedeutung, jetzt musste ich mich weiter kämpfen. Denn ich war in dieser Arena und es war eindeutig zu spät um noch umzukehren.
Mit einem Ächzen und einem schmerzenden Bein zog ich mich wieder hinauf und stellte mich aufrecht hin.
Das Brennen in meinen Waden und der stechende Schmerz an meinem Arm ignorierte ich so gut es ging. Doch mein Körper schrie panisch, um mich zu informieren dass ich langsam an die Grenze meiner Kraft stiess.
Mir war schwindelig aber ich rannte wieder los, langsamer zuvor aber ohne anzuhalten.
Ich verbot es mir.
Ich sah zwischen den vielen Baumstämmen das Ende des Waldes vor mir.
Es war tatsächlich da vorne, die Ersten rannten schon auf den Waldrand zu und mein Herz machte einen Sprung.
Wieder sprang jemand hinter mir aus dem Gebüsch, mit einem Brüllen raste er auf mich zu, nicht nur mir verlieh der Anblick des Ziels einen Kick.
Doch ich durfte nicht zulassen, so kurz vor dem Ziel aufgehalten zu werden.
Das alles gerade durfte nicht für nichts gewesen sein.
Ich zog die Pistole und drehte mich um, mein Finger am Abzug.
Ich fühlte mich schrecklich und ich musste den Mann ansehen, musste wissen dass ich ihn zerstörte.
Dass ich ihn vielleicht einer Familie weg nahm die einen Sohn oder Bruder nie wieder sah.
So etwas war nicht ich, do etwas war falsch und trotzdem hatte ich mich in den Käfig werfen lassen.
Und so sehr ich mich auch schämte, meine Moral reichte nicht aus um meinen Überlebenswillen zu besiegen.
Ich drückte ab, mehrmals schoss ich blind auf den Mann. Dabei traf mich der Rückstoss der Waffe, sodass ich taumelte. Doch den Mann auf den ich geschossen hatte, den traf es schlimm.
Seine Arme wurden zurück geschleudert, jedes Mal wenn ich ihn traf wurde er langsamer.
Bis er auf die Knie fiel, eine dunkle Flüssigkeit rann aus den Löchern in seinem Panzer und sein Mund stand offen. Ich dachte der Panzer wäre dicht, doch anscheinend nicht.
Ich wusste dass er sterben würde, doch ich durfte mir nicht die Zeit nehmen, zu ihm zu knie, dabei seine Hand zu nehmen und mich zu entschuldigen. Ich musste einfach rennen.
Mit Tränen in den Augen rannte ich auf den Waldrand zu, der sich verschwommen vor mir auftat und mir erschien wie das Licht am Ende des Dunkeln Tunnels.
Wie Erlösung, die ich so dringend suchte.
Ich wurde noch einmal schneller, zwang mich auf die Linie zu zu rennen, als ich den Wald verliess.
Ich konnte sie schon seen.
Es waren noch zwanzig Meter hinter denen, die die Ziellinie bereits überquert hatten und sich bereits erledigt hin setzten.
Ich konnte einfach nicht mehr doch ich zwang mich Fuss vor Fuss zu setzen.
Die Linie leuchtete Weiss und noch nie hatte ich etwas in meinen Leben so gewollt wie diese Linie zu überqueren.
Meine Augen waren nur noch auf sie gerichtet.
Dann knallte schon wieder Jemand gegen mich und ich wurde zu Boden geschleudert, wo ich mich mitsamt dem Körper einmal überschlug und Schmerz in mir hoch stieg.
Mein Kopf schlug mit dem Helm auf dem Boden auf und ein Piepen machte sich bemerkbar, welches in meinem Kopf dröhnte.
Ich stöhnte und versuchte die Arme zu heben, eine Hand versuchte das Messer fest zu halten welches all meine Kraft brauchte.
Mein Herz arbeitete auf Hochtouren und mein Körper schien innerlich zu explodieren, genauso wie die dunkeln Punkte vor meinen Augen.
Über mir sah ich Caleb.
Seine Augen leuchteten grässlich mordlustig und kalt.
Sein Gesicht tropfte vor Blut, keine Ahnung vielleicht war es meines. Oder seins. Oder das eines anderen.
Dreck und Blätter lagen auf seiner Haut und seinem Helm.
"Du Miststück!"
Fluchte er und schlug meinen Kopf auf den Boden, worauf ich spürte wie sich alles um mich drehte.
Die ganze Welt.
Einige rannten an uns vorbei.
"Nein."
Flüsterte ich.
Ich durfte nicht so kurz vor dem Ziel scheitern.
"Du wirst nicht gewinnen; du wirst hier Sterben Schlampe!"
Er hatte meine List wohl durchschaut.
Er zog ein Messer und ich raffte mich auf, stiess ihn von mir runter und schlug ihm mit aller Kraft auf die Nase sodass es knackste und er Aufschrie.
Dann richtete ich den Blick der rot getrübt war und das Ganze Grad in einen komischen dunkeln Schleier verwandelte, auf die Linie.
Fünf Meter.
Ich kroch auf allen Vieren darauf zu, Zeit zum
aufstehen hatte ich nicht.
Jemand packte mich an meinen Füssen und ich schlug wieder hin, während Caleb sich wieder über mich schwang.
Aus seiner Nase quoll Blut und tropfte auf mein Gesicht.
Ich versuchte noch zu atmen und ihm von mir runter zu kriegen, doch er schlang seine dreckigen Hände um meinen Hals und drückte fest zu.
Ich bekam meine Luft mehr und begann mich zu winden, der Schmerz in meinem Körper begann mich bis auf die Innerste Zelle auszufüllen.
"Ich werde dir dein Genick brechen dreckige Hure..."
Knurrte er und ich bekam ein röcheln heraus, doch keine Luft strömte in meine Lungen die nach Hilfe schrieen.
Dann verschwamm alles und ich spürte wie der Schmerz langsam verblasste und ich langsam die flatternden Lieder senkte.
Die Dunkelheit die aufkam war verlockend leer und schmerzlos.
Aber ich wusste dass ich verlor wenn ich mich ihr hingab.
Ich wollte es so dringend aber ich durfte es nicht, ich durfte nicht so kurz vor dem Ziel aufgeben.
Plötzlich zuckte ein Bild durch meine Gedanken.
Nicht schon wieder.
Ich wusste was es war aber dieses Mal hielt ich es nicht zurück.
Es war mein Vater, wie er auf dem Wohnzimmer Boden runter gedrückt wurde und sich genau in der Lage befand wie ich jetzt.
Ich konnte sogar den Geruch nach Alkohol riechen, als würde die Realität mit meiner verschmelzen.
Ich sah wie er eine der Spritzen zu fassen Bekam und sie röchelnd in die Seite des Mannes stiess. Ich wusste nicht, ob das real war oder ob mein Gehirn mir wieder einen Streich spielte. Doch das war auch egal. In diesem Moment half es mir, denn es erinnerte mich an etwas.
Die Seite, sie war ungeschützt.
Nicht nur bei mir, bei allen.
Es brauchte weniger Kraft.
Ich schlug die Augen auf und ich konnte mich selbst in den seinen widerspiegeln sehen.
Meine Augen funkelten und hatten einen unbekannten Schimmer, was mir Angst machte.
Doch sie sahen auch aus wie die einer Überlebenden, die bereit war alles dafür zu tun.
Ich leitete all meine Kraft in meine Hand um, langsam hob sie sich und ich konnte nur beten dass ich genug Kraft aufbrachte.
Dann verzog ich die Lippen und rammte ihm das Messer direkt in die Seite, zog es nach oben und spürte wie Blut sich über meine Hose ergoss. Es war erstaunlich leicht, durch Fleisch zu schneiden.
Calebs Augen weiteren sich und Blut lief ihm über die Lippen.
Seine Hände liessen locker und ich stiess ihn von mir, er fiel reglos neben mir hin und zuckte ohne einen Ton von sich zu geben.
Ich atmete tief ein und obwohl jeder Atemzug schmerzte wie tausend Nadeln in meinem Rachen zwang ich mich wieder aufzustehen.
Ich taumelte und spürte dass mein Kopf dröhnte und es nicht die Erde war die sich um mich herum drehte.
Dann presste ich die Lippen zusammen, mein Helm hatte ich verloren und mein Haar fiel mir offen über den Rücken, das Blut darin konnte ich in meinen Nacken fliessen spüren.
Dann machte ich einen Schritt.
Und noch einen.
Ich sah mich gar nicht um, egal wer vielleicht noch auf die Linie zu rannte.
Ich musste sie nur erreichen, ich musste zu ihr gelangen. Egal ob ich die letzte War, ich musste sie erreichen.
Und dann überschritt ich sie stolpernd.
Kaum hatte ich das geschafft, gab mein Körper auf. Er hatte gekämpft und jetzt konnte er nicht mehr. Meine Beine gaben nach und ich sackte in mich zusammen. Fiel auf den Boden.
Ich legte mich flach auf den Rücken und liess meine Glieder einfach ausgestreckt, während ich die schockierten Blicke der Männer sah, als sie entdeckten dass eine Frau hinter dem Aufzug steckte.
Meine Augen flackerten und in meinem Körper rieselten Wellen des Glücks und auch der Angst über mich.
Ich hatte es geschafft, ich war im
Ziel und dieses Massaker lag hinter mir.
Jetzt war es vorbei, alles war vorbei.
Mein Atem wurde langsamer und ich musste mich daran erinnern wach zu bleiben, um zu erfahren ob ich dabei war. Dabei unter den Zwanzig oder ob ich zu spät gekommen war.
Dann legt sich das Pochen und Piepen in meinem Ohr und ich konnte die Sirene hören.
Die Sirene die laut durch Mark und Bein schallte und die alles beendete.

Also ich hoffe ihr fandet es spannend, den ganzen Wettbewerb und ich frage euch:
Wird sie dabei sein? Oder nicht?
Mal sehen wer von euch sich nicht irritieren lässt und die richtige Antwort weiss^^
Love
Angora77

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt