Kapitel 14 {Michaels Spiel}

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Nachdem er mir die Pillendose mit dem weissen Etikett auf dem orangen Plastik gereicht hatte und mir erklärt hatte, über welche Dosis ich nicht hinaus gehen durfte, hatte ich mich eilig verabschiedet und versprochen mich daran zu halten, sodass er zufrieden war.
Hoffentlich. Dann hatte ich Karina und Anton viel Glück gewünscht, was sie jedoch gar nicht bemerkt hatten, weil sie nur das Baby anstarrten. Das Kleine starrte aus grossen unschuldigen Augen zurück. Ein langweiliges Spiel zwischen den drein.
Kaum war ich in meinem Zimmer hatte ich die erste Pille genommen, wie vorgeschrieben, merkte aber nicht wirklich einen Unterschied zu meinem normalen ich. Vielleicht wirkte sie ja nicht so schnell. Oder ich spürte die Wirkungen einfach nicht.
Trotzdem, zu wissen dass ich eine Arznei hatte, die mir half, war ziemlich erleichternd.
Ich steckte die Dose in den Anzug meines Kopfkissens, da würde sicherlich Niemand suchen und ausserdem putzten wir sowieso selbst. Sie war hier also sicher.
Ich hatte keine Sekunde gehabt um mich kurz hinzusetzen und nachzudenken, wieso ich meine Kindheit, oder Teile davon, verdrängt hatte.
Ich wollte nachdenken ja, heraus finden was dahinter steckte, aber es läutete, in meinem Zimmer.
Das hiess Jemand stand davor.
Als ich widerwillig die Türe öffnete, sah ich dort eine Wache. In Uniform, mit einem Gewehr in den Händen und dem Finger am Abzug. Er schien jedoch friedlich gesinnt, denn der Lauft des Gewehrs war nicht auf mich gerichtet.
Er wirkte ernst.
"Miss", er tippte sich an den Helm. „Michael wünscht sie zu sprechen, wenn sie mir also bitte folgen würden."
Er schien nicht so auszusehen als ob er ein Nein akzeptieren würde, also rannte ich ihm so hinterher, um mit seinem rassigen Schritt mit zu halten.
Mein Herz pochte schnell.
Hatte der Doktor Michael von mir und meiner Erkrankung erzählt?
Hielt er mich jetzt für "ungesund?"
Wurde ich doch nicht mehr länger hier geduldet?
Oder wollte er jetzt doch meinen Tod?
Mein Herz klopfte unruhig und mein Hals schnürte sich zu.
Ich hatte gar keinen Plan was ich in diesem Fall tun sollte. Fliehen? Keine Chance. Also musste ich mitspielen und hoffen.
Aber als ich dann zwischen den beiden Wachposten vorbei durch die Türe ins Zimmer trat, war es ohnehin zu spät um noch abzuhauen.
Seine beiden Berater waren nicht dabei. Da stand nur Michael vor mir.
Es störte mich nicht, dass Marco nicht dabei war. Er hatte schliesslich für meinen Tod gestimmt. Ab da war er bei mir untendurch gewesen.
In was für eine Welt wurde ich nun geworfen worden, eine in der man über Leben und Tod abstimmte? War das Leben hier unten wirklich so wenig Wert?
Malthael vermisste ich hier, bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er mich noch am menschlichsten behandeln würde.
Die Türe hinter mir knallte zu, ich konnte es nicht unterdrücken, zusammen zu zucken. Hier drinnen war es ziemlich kalt. Ich rieb meine kalten Finger aneinander.
Michaels Blick hatte sich auf mich gerichtet und er wirkte so gefährlich, als würde er mich zerfleischen, würde ich es wagen, mir noch so einen Fehler zu erlauben.
Ich schluckte, es war mir unangenehm hier zu stehen. Vor ihm. Er merkte es, denn ich stand so dicht vor der Türe dass ich sie beinahe mit dem Rücken berührte. Also so weit wie möglich weg von ihm. Aber wenn ich von ihm ernst genommen werden wollte, durfte ich mich nicht wie ein verkappter Feigling verhalten.
Er machte einige lautlose Schritte, die Schatten des grauen Raumes waren seine Freunde und schienen ihn auf seinem Weg zu begleiten. Ja er hatte etwas von Batman, wie er durch das Licht in die Dunkelheit schritt. Die Comics hatte ich als Kind gerne gelesen.
Nur war er kein guter Mensch, soviel konnte ich feststellen wenn ich ihn nur ansah. Auch wenn er half, die Bösen hinter Gitter zu bringen.
Der Anzug sass perfekt an seinem Muskulösen Körper. Aber ich war mir sicher, das hinter der schönen Fassade ein verfaulter Charakter lag.
Er hatte die Hände an seine Krawatte gelegt um sie zu richten und seine dunkeln Augen durchbohrten meinen Blick, als würden sie ihn spalten und damit meine Abwehr sprengen wollen. Diese Augen, sie waren Schwarz wie die Nacht.
Ich wollte gar nicht wissen, wie er sich auf seine Position hochgearbeitet hatte.
"Amara."
In seiner Stimme lag Ruhe, aber sie wirkte gefährlich ruhig.
Und eine schleichende Angriffslust und Arroganz mischten sich in seine Stimme, während er sein Tempo nun langsam drosselte.
Ich zwang mich, keinen Schritt zurück zu machen, ich war stark und ich musste mich von ihm nicht einschüchtern lassen.
Leichter gesagt als getan. Meine Sturheit war das Einzige was mich dazu brachte, widerstrebend wie ein Esel stehen zu bleiben.
"Ich habe Meldungen bekommen, dass du dich ohne männliche Begleitung im Männer Trakt aufgehalten hast."
Gelassen lehnte er sich an die Wand und die Fingerspitzen legte er abgespreizt an die kühle Mauer.
Solche Memmen, als ob die das jetzt petzen gegangen waren. Aber gut, immerhin war es nicht das, was ich befürchtet hatte. Dimitri hatte also nichts gesagt.
"Musst du mir etwas bezüglich deines Geschlechts erzählen?"
Er musterte mich mit neutralem Blick.
"Nein..Sir."
Presste ich heraus.
Es fiel mir schwer ihm den Respekt zu erweisen, wenn er mich hier unten gefangen hielt. Und das wusste er ziemlich sicher auch.
"Gut."
Kurz hielt er inne und die Luft um mich schien zu gefrieren, mein Bauch zog sich zusammen.
Dann wurde seine Stimme laut und verschärfte sich.
„Wieso missachtest du dann schon an deinem Zweiten Tag die Regeln!"
Schneidende Stimme. Erbarmungslos. Er hätte mich in kleine Scheiben schneiden können, alleine mit seinem Tonfall. Das war ja ganz toll.
Ich blieb stehen, keine Regung machen Amara, zeig ihm deine Angst nicht, denn er würde sie riechen.
"Eine Freundin von mir hat ihr Baby bekommen.
Ich dachte der Vater sollte anwesend sein."
Antwortete ich trocken.
Ich war stolz, extrem stolz, dass ich es ihm ins Gesicht sagen konnte ohne zu stottern.
Er neigte den Kopf, nur wenige Millimeter, aber die Wirkung war enorm.
Plötzlich stand er so dicht vor mir, dass ich die Kälte der Wand in meinem Rücken spürte.
Mein Herzschlag beschleunigte wie ein Auto von Null auf Hundert, es pochte laut in meinen Ohren und meine Schläfen begannen zu schmerzen.
Im Schwarz seiner Augen schien ein Sturm zu wüten, er wirbelte alles durcheinander, sodass ich weder Gefühle noch Ausdrücke daraus heraus lesen sollte.
Was man sah, war pure Kälte.
Und Berechnung.
"Du gehörst hier her Amara."
Auf diesen Satz war ich nicht vorbereitet.
Denn er stimmte nicht und das wusste er genauso gut wie ich.
Seine Finger fuhren für den Bruchteil einer Sekunde über mein Schlüsselbein, welches unter der etwas verrutschter Kleidung frei gelegt war.
Mein Körper war wie elektrisiert. Was machte dieser Mann mit dir?
Es war wie eine Geisterberührung, und ich war mir nicht sicher ob er mich wirklich berührt hatte.
Ich wäre beinahe zusammen gesunken, riss mich jedoch zusammen.
Dieser Satz hatte meinen Widerstand geweckt, denn ich wollte mich nicht manipulieren lassen, oder was auch immer er gerade versuchte für eine Nummer abzuziehen.
Also hob ich den Kopf, mein Blick tödlich wie der eines Wolfes bevor er sich auf seine Beute stürzte.
Jedoch nichts im Vergleich zu Michaels Augen, die mir vorkamen wie ein Gletschersee bei Sturm, so grau und kalt.
"Ich gehöre gar Niemandem. Und ich gehöre schon gar nicht hierher. Nur wenn ich mich selbst dafür entscheide."
Ich spuckte ihm die Worte beinahe ins Gesicht, es war mir egal wer er war.
Sollte er mir doch weiterhin drohen, er konnte tun was er wollte, aber ich würde mich niemals so unterordnen wie er es gerne hätte. Und das wusste er.
Ich hoffte es machte ihn rasend.
Und dazu kam der Pluspunkt, das er von meiner dissoziativen Identitätsstörung nichts wusste.
Ich fühlte mich ermutigt und sicher, mein Ganzer Körper wollte wachsen und sich ihm in den Weg stellen.
Ich war der Felsen und er das eisige Wasser des Ozeans.
Aber jeder Felsen, egal wie lange er der Brandung trotzte mochte, irgendwann wurden sie alle kleiner, bis sie verschwanden. Also keine gute Metapher.
Er lächelte.
Aber so unendlich kalt und differenziert. Da hätte er gar nicht mehr zu Lächeln brauchen.
Er schien nachzudenken. Als hätte ich einen Zug gemacht, auf dem Spielbrett das mein Gesamtes Leben darstellte, und er wäre nun an der Reihe.
Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sein Zug finster enden würde.
"Das werden wir sehen Amara."
Ich war so richtig in Fahrt.
So ruhig er sich auch geben mochte, ich hatte die besseren Karten, denn er konnte mir nur mit meinem Tod drohen. Und diese Drohung verlor so langsam aber sicher ihre Wirkung.
Und wenn ich ihm dazu noch keine Angst zeigte, verlor er sein Druckmittel.
Und genau das wollte ich erreichen. Seine Gewissheit über mich herrschen zu können verunsichern.
"Ich werde mitmachen. Beim Wettbewerb, ich werde eine Kämpferin, und ich werde gewinnen."
Michael richtete den Kopf gerade.
„Und nirgends steht das Frauen nicht mitmachen dürfen."
Mein Blick war süffisant, ich genoss jede Sekunde, in der sein Blick dunkler wurde, bis man meinen konnte dass ihn schwarze Schatten verschlangen.
Es war Genuss pur. Eine kleine Revanche als Vorgeschmack. Für die Kopfschmerzen, die ich dem Anführer noch bereiten würde. Wenn er mich hier weiter fest hielt.
Mein Grinsen wurde breiter, noch immer stand ich an die Türe gedrückt, er vor mir aufgebaut wie eine Kobra.
Trotzdem sass ich, für wenige Sekunden am längeren Hebel. Und dieses Gefühl wollte ich voll auskosten.
"Ich will dich nicht noch einmal alleine im Männertrakt sehen, ansonsten wirst du bestraft."
Es juckte mich rein gar nicht, von mir aus konnte er mich einsperren, ich würde trotzdem einen Weg finden, an dem Wettbewerb teilnehmen.
"Du kannst gehen."
Ich senkte den Blick, nur um ihn mit einem herablassenden Augenaufschlag wieder anzusehen.
Ich neigte nur den Kopf, mir war bewusst wie provokant jede kleinste Bewegung für ihn war. Aber es gefiel mir nunmal, zu provozieren.
Seine Kieferknochen Standen hervor aber er liess sich nichts anmerken, er war ruhig und kehrte zu dem Schreibtisch zurück, wo er einen Briefbeschwerer hoch nahm. Mit ruhigen Bewegungen.
Kurz bevor ich die Türe verlassen konnte, von der mich zwei Wachen unbeteiligt ansahen, rief er mich jedoch zurück und mein Blut gefror.
"Ach ja, Amara! Ich wünsche dir viel Glück bei der Prüfung. Ich bin mir nur nicht sicher ob jemand mit deiner Persönlichkeit all zu weit kommen."
Mein Lächeln gefror und ich verliess mit mechanisch en Bewegungen den Raum.
Verdammt.
Er hatte es also doch erfahren von Dimitri, dieser Schlange.
Er hatte bis zum Schluss gewartet, als ich mich sicher fühlte.
Und dann hatte er zum vernichtenden Schlag ausgeholt.
Aber ich war auch dumm gewesen, zu glauben ich hätte gegen den Anführer einer solchen Organisation eine Chance.
Er war zu gut, zu geschickt. Zu erbarmungslos.
Ich war in dem Spiel gefangen, das er langsam um mich flocht wie eine Spinne ihr Netz um ihr Opfer.
Und seine Anspielung war sauber gewesen, als wüsste er auch was der Geund dafür war, dass ich diesen Wettbewerb unbedingt machen wollte.
Es kam mir vor als wüsste er einfach alles.
Jede meiner Schwächen, Sorgen und Ängste konnte er in mir lesen wie in einem offenen Buch, allein wenn er mich ansah.
Während ich den Gang zurück zu meinem Zimmer wankte, um die Zeit des Nachmittags zu verbringen, da mir der Appetit vergangen war, musste ich an mein Schlüsselbein denken.
Unbewusst fuhr meine Hand dort hin.
Lag das an dieser Störung die ich hatte? Sowas zu spüren? Konnte es sein oder hatte ich mir das nur eingebildet? Oder hatte es am Ende doch er getan um mich aus dem Konzept zu bringen?
Was auch immer es von alle dem gewesen war, es hatte gewirkt.
Ich zitterte leicht, als ich den Menschen vor mir entgegen lief, ich ignorierte jeden von ihnen.
Alles was zählte war die Türe hinter mir zu schliessen und mich bis zum Abendessen in meinem warmen Bett einzuschliessen, über meine reinen Beine zu fahren, meine Haare zu kämmen, mich schön fühlen.
So ziemlich genau das tat ich dann auch.
Mir dem Unterschied, dass ich immer wieder an Meine Störung denken musste, an Michael und an Alec, vor allem an Alec, der heute den ganzen Tag nicht da gewesen war. Wie er gesagt hatte.
Ich wusste ja dass es ein Einsatz gab und dass er bestimmt ein super Soldat war, aber ein klein wenig Sorgen machte ich mir schon.
Es konnten Polizisten bei der Arbeit ums Leben kommen, wie stand es dann erst um Agenten, die sich mit den Schlimmsten aller Bösen anlegten?
Vor allem wenn sie so einen Boss hatten.
Ich mochte ihn, ja klar er war sympathisch und ich konnte mir gut vorstellen, dass er meine einzige Vertrauensperson hier sein würde. Trotzdem würde es mich niemals davon abhalten, hier raus zu kommen und mein Leben in die Hand zu nehmen.
Und davon würde mich Nichts und Niemand abhalten.
Niemals.

Ja meine Sternchen, ein weiteres Kapitel ist da und auch jetzt geht es erst los, ich hoffe sehr dass euch die Story gefällt und ihr fleissig lest und natürlich Werbung macht :P Nein Spass haha ich freue mich einfach dass ihr den Weg zum Buch gefunden habt und hoffe ihr lest ganz fleissig auch das nächste Kapitel
In Love
Angora77

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt