Kapitel 32 {Killerin oder Anführerin}

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Unbehaglich linste ich zu ihm hoch, während er einen Schritt um den Schreibtisch herum auf mich zukam.
Und das reichte schon, dass ich mich am liebsten verkrochen hätte. Irgendwo in einer dunkeln Ecke des Raumes.
"Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt."
Meine Augen weiteten sich, jetzt klang seine Stimme als würde er Eis damit schneiden können.
"Und du bist keine besonders gute Lügnerin Amara."
Fügte er hinzu, während er die Augen leicht zusammen kniff und mich musterte.
"Entschuldige."
Sagte ich kleinlaut. Die Worte kamen ohne Zustimmung meines Gehirns aus meinem Mund.
Sie waren mir irgendwie einfach raus gerutscht.
Er schwieg und ich schien wieder sein Desinteresse geweckt zu haben.
Ich hatte das ungute Gefühl, dass wenn er sich jetzt umdrehte, ich nie wieder eine Gelegenheit zu trainieren bekommen würde.
Also sprudelte das erstbeste aus mir heraus was mir einfiel.
"Das Bild in Alecs Zimmer. Du hast es gezeichnet, oder?"
Er legte den Kopf schief und für eine Sekunde meinte ich so etwas wie Gefühle darin zu sehen.
Aber das konnte auch einfach der Schein der grossen und abgedunkelten Lampe an der Decke sein.
"Und allein die Tatsache dass du es gesehen hast, verrät mir mehr als ich eigentlich wissen will."
Merkte er trocken an und mein Mund klappte auf.
Na bravo, ich könnte mich selbst ohrfeigen. Wie dumm von mir.
Da ich nicht wusste, was ich daraufhin noch sagen konnte, ohne dass ich es schlimmer machte, atmete ich tief ein und befeuchtete meine Lippen.
"Wieso bin ich hier?"
Amüsiert liess er den Blick an mir hinunter schweifen.
"Du bist nicht wie die Anderen, Amara."
Danke, das war ich mir wohl bewusst und es wurde mir ja auch oft genug und unverblümt gezeigt.
"Und was soll mir das jetzr sagen?"
Hackte ich nach, jetzt etwas unruhiger.
Das konnte entweder gut sein oder sehr sehr schlecht. Ich vermutetet eher letzteres.
"Ich biete dir ein ganz spezielles Training an."
Jetzt war ich baff.
Er stürmte Alecs Training nur um mir dann ein anderes anzubieten?
Was machte das für einen Sinn, wenn er doch dafür war das alle Frauen hier nur als Kindermaschinen benutzt wurden?
„Und ich würde dein Lehrer sein."
Meinte er ruhig und erstach mich mit seinen Blicken.
"Was? Wieso?"
Flüsterte ich. Mir fiel kein vernünftiger Grund ein wieso ich ausgerechnet von ihm ausgebildet werden sollte.
Abgesehen davon, dass Alec ausrasten würde.
Aber er hatte mich ja angelogen, also musste er mir gar nichts vorwerfen.
Michael sah genervt aus.
"Ich frage nochmals anders. Du hast die Wahl:
Du kannst darauf bestehen dein Training bei den anderen neunzehn Rekruten weiterzuführen. Dann werde ich dich jedoch einfach verheiraten. Oder aber, du setzte deine Pillen ab und arbeitest mit mir."
In seinen Augen funkelte ein gefährlicher, wissender Schimmer, der mir ein flaues Gefühl im Magen bereitete.
„Und du wirst besser sein als alle anderen."
Er schien einen Plan mit mir zu haben, den ich nicht zu durchschauen vermochte. Wieso erwähnte er die Pillen und wieso bot er mir das überhaupt an?
Mich zu verheiraten würde es ihm doch so viel leichter machen.
"Wieso tust du das?"
Nicht einmal ich konnte leugnen wie respekteinflössend dieser Mann war.
"Es ist deine Entscheidung. Du kannst jetzt stur und dumm sein, oder einwilligen."
Ich biss mir fest auf die Lippen.
Ich wusste, dass er mich allein mit einem Fingerschnippen von Alec trennen könnte und mich in eines dieser langweiligen Hausfrauen Leben stecken könnte. Mit irgend einem Mann, ja womöglich sogar einem wie Akon. Ich schauderte.
Und ich wollte hier immer noch raus.
Dann würde das unmöglich sein.
Ich wollte hier raus?
Dann musste ich das tun was er wollte.
So lange bis ich aus dem Spiel ausbrechen könnte.
Er drehte sich gerade um und machte Anstalten zu gehen, als ich meinen Mund auf bekam.
"Okay."
Es klang wenig überzeugend aber es war deutlich genug zu verstehen.
Er hielt kurz an, kehrte mir aber noch immer den Rücken zu und sagte nichts.
Dann drehte er den Kopf ein Stück weit, genau so das ich seine Nase und die vollen Lippen ausmachen konnte, die Konturen seines schönen und makellosen Gesichts.
„Wieso aber darf ich die Pillen nicht mehr nehmen? Der Doktor hat sie mir doch verordnet."
Er lächelte katzenhaft, so als würde das Raubtier sich jetzt endlich auf seine hilflose Beute stürzen.
„Weil du die nicht brauchst. Weil du ohne sie stärker bist."
„Das stimmt nicht, ohne sie bin ich...durcheinander. Kalt, gefühlslos und völlig anders als ich eigentlich bin. Und das macht mir Angst."
Gestand ich und fummelte am Saum meines Shirts herum, während ich ihn von unten herauf beobachtete.
Er zuckte die Schultern und betrachtete sich kurz im Spiegel, bevor er mir wieder seinen Blick schenkte.
„Wer mit Wut kämpft, der ist gut. Wer gefasst kämpft ist besser."
Er stand nun ganz nahe vor mir.
„Aber wer mit einer Gleichgültigkeit kämpft, der ist unbesiegbar."
Dann lief er weiter und liess mich alleine im Zimmer zurück.
Kurz bevor die Türe hinter ihm zu fiel und er in einer Kammer verschwand die vom Raum abführte, hielt er nochmals an.
"Gut. Wir beginnen Morgen. Und Amara. Ich merke es wenn du die Pillen nimmst."
Zurück liess er mich, verwirrt und alleine in seinem Arbeitszimmer stehend. Was hatte er mit Gefühllos gemeint? Wie dem auch sei. Ich musste mich in meine neue Aufgabe schicken und dabei mein Ziel nicht aus den Augen lassen. Ich dachte an Alec. Ihn wollte ich auch nicht aus den Augen lassen. Doch ich war mir unsicher, was mir jetzt noch alles bevor stand.

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt