Kapitel 24 {Alec mein Trainer}

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Nervös stand ich vor der Türe, der Raum an dem heute für uns zwanzig Neulinge die erste Stunde der Ausbildung stattfinden sollte.
Ich wusste dass es sich herumgesprochen hatte, dass ich ebenfalls Teilnahm, eine Frau. Normalerweise standen die Frauen höchstens hier um ihre Männer nach dem Training fröhlich schwatzend abzuholen.
Niemand war darüber wirklich erfreut, aber die Meisten scherten sich nicht sehr darum. Wahrscheinlich waren sie von meinem Scheitern überzeugt.
War ich heute Morgen auch fast, nachdem mir jeder Muskel weh getan hatte und ich das Gefühl hatte bei jedem Schritt auseinander fallen zu können.
Trotzdem hatte mich Kelly mit Orangensaft vollgestopft sodass ich nun wenigstens wach war.
Zögernd stand ich vor der Türe, bestimmt waren die anderen Erwählten schon drin. Es war schon peinlich, bis ich das Zimmer gefunden hatte musste ich einen kleiner Kampf mit dem riesigen Gebäude hinter mich bringen.
Ich atmete tief ein, ich würde schon irgendwie klar kommen, das würde sich alles einrenken und bald fand das niemand mehr komisch. Es würde wieder alles zur Normalität zurückkehren.
Mein Arm schmerzte noch höllisch und auch sonst tat mir jedes Glied am Körper weh, aber ich sollte jetzt nicht darüber klagen.
Ich hatte mir das Ziel gesteckt die Prüfung zu bestehen, um meinem Wunsch nach Freiheit näher zu kommen und hatte es geschafft.
Jetzt musste ich noch richtig gut werden.
So gut, dass ich auf einen Einsatz durfte. Und erst dann konnte ich für immer von hier verschwinden.
Ich blinzelte und straffte die Schultern.
"Du stehst vor der Türe."
Ich erschlaffte sogleich wieder und fuhr herum, viel zu nervös als ich eigentlich hätte sein dürfen.
Er stand hinter mir, ein lockeres schwarzes Tanktop, dass über eine schwarze Jeans hing. Die grauen Augen stachen sich geradewegs in meine und ich konnte mich beinahe nicht bewegen.
Wie ein dummer Teenager.
"Oh..hi Alec."
Piepste ich und meine Stimme klang dabei nicht halb so stark wie ich es eigentlich geplant hatte.
Doch irgendwie verhielt er sich anders als sonst.
Von der erleichterten Umarmung in der Kantine von neulich war nichts mehr zu sehen, seine gesamte Haltung wies mich ab und sogar der Blick den er mir schenkte war deutlich unterkühlt.
Hatte ich ihm etwa irgendwas getan? Es reichte doch dass er sich nicht hatte blicken lassen, während der Prüfung und selbst danach, als ich sie bestanden hatte. Er hätte mir wenigstens gratulieren können. Darüber hatte ich heute Morgen schon nachgedacht. Wieso er mir jetzt die kalte Schulter zeigte wusste ich nicht. Ich hatte ihm nichts getan.
Hilflos stand ich da.
"Amara, du stehst vor der Türe, ich muss da rein."
Ich blinzelte verwirrt.
Hatte ich mich schon wieder in der Türe geirrt?
Alec war deutlich über meinem Niveau und war schon fertig ausgebildet, was also machte er im Kurs für solche wie mich? Anfänger?
"Was..aber ich muss doch da rein."
Gab ich von mir und verfluchte mich echt dafür dass seine Anwesenheit für mich irgendwie so verwirrend war.
Er hob nur unbeteiligt eine Braue, als würden wir uns nicht so gut kennen wie ich geglaubte hatte dass wir es getan hatten.
"Das schöne an Türen ist, da können auch zwei Leute durch gehen."
Antwortete er trocken und ich fuhr zurück als hätte er mir gerade eine imaginäre Ohrfeige gegeben.
Schnell hob ich den Kopf, auch wenn ich mich echt fragte was mit ihm los war. Dieser Stimmungswechsel mir gegenüber, was sollte das?
"Danke Alec, aber ich rede davon dass ich hier anscheinend falsch bin...ich dachte es sei mein Unterrichtszimmer."
Er drehte den Kopf zu mir und ging an mir vorbei.
"Du bist hier auch falsch."
Meinte er und deutete dann auf die Türe.
„Aber das ist das richtige Zimmer, ich bin euer Trainer."
Mir fiel beinahe die Kinnlatte runter. Hatte er gerade gesagt, dass ich nicht hierher gehörte? War er jetzt ein genauso sexistisches Schwein wie alle anderen Männer geworden? Dabei war er doch der gewesen, der mir seine Unterstützung zugesichert hatte.  Und jetzt war er so kalt zu mir. Das konnte ich einfach nicht verstehen.
"Was? Aber ich dachte Michael trainiert uns?"
Fragte Ich und folgte ihm eilig.
So konnte er sich wenigstens nicht vor mir drücken, ansonsten ging er mir ja offensichtlich aus dem Weg.
Wieso war mir immer noch schleierhaft.
"Sehe ich aus wie Michael?"
Ungerührt betrat er gefolgt von mir das Zimmer.
"Etwas."
Er schnaubte und deutete desinteressiert an die andere Ecke des Zimmers.
"Stell dich zu den anderen, Amara."
Dann liess er mich stehen und lief über den blauen Boden, das Zimmer war so hoch dass er viermal aufeinander rein gepasst hätte. Eine Halle war es viel  eher.
Es war breit und ich konnte viele Geräte darin ausmachen, sie lagen herum oder waren an vielen verschiedenen Orten im Raum befestigt.
So ziemlich jeder Fleck war mit irgendetwas, das einer Waffe glich, ausgeschmückt und die anderen Teilnehmer standen genauso umgezogen wie ich auf dem leeren Platz, hier am Eingang.
Sie unterhielten sich und ich erkannte darin den neunzehnten Platz, der Junge aus Finns Team, Akon, der mich tödlich ansah.
Er wusste genau, dass sein Freund wegen mir tot war. Und ich wusste es auch.
Aber dieses zweite Kämmerchen in meinem Kopf, das anscheinend eine psychische Störung symbolisierten war echt praktisch, ich steckte die Schuldgefühle einfach da rein, wenn sie gerade unpassend waren. Und das klappte ziemlich gut.
Wie gerade jetzt.
Wir trugen alle dasselbe, schwarze engandliegende Trainerhosen und enge schwarze Shirts, die irgendwie genauso schwer waren wie diese ein Liter Flaschen, die hinter und standen, mit einigen Bechern nebendran.
Sie diskutierten alle miteinander, und ich rückte meinen Pferdeschwanz zurecht.
Bloss nicht ängstlich wirken. Ich hatte mir den Platz hier genauso verdient wie alle anderen. Ich wollte erreichen, dass sie mich so behandelten wie jeden anderen auch. Als würde das Geschlecht keine Rolle mehr spielen.
Ich musste mich einordnen und ein Teil von ihnen werden, damit das klappte.
Aber die Jungs machten nicht die Anstalten mich in ihr Team aufzunehmen.
Einige nickten mir respektvoll zu, so wie Kelly und allen Frauen auch.
Wegen diesem Kodex von wegen Muttersein und so.
Ätzend, aber mehr bekam ich von ihnen auch nicht ab Aufmerksamkeit, also stellte ich mich einfach an den Rand und versuchte, mich nicht ausgeschlossen zu fühlen.
Alec kam auf uns zu, er hatte sich nicht umgezogen und ich konnte den Blick nicht von seinen Muskeln nehmen, die deutlich hervor traten als er sich vor uns aufbaute.
Sofort wurde es ruhig, die jungen Männer, die oftmals gleich alt oder nur ein wenig jünger waren als er, zeigten alle Respekt vor ihm.
Alles an seiner Haltung zeigte, wie schwer es nun sein würde, nicht seinem Kommando zu folgen.
Dann nickte er knapp und liess den Blick kurz über die Reihe der Männer schweifen, die alle gerade da standen, den Blick geradeaus gerichtet. Wie Soldaten.
Mich liess er aus, aber ich stand genauso da wie sie und hatte den Kopf gehoben als würde nicht jede Bewegung von gestern weh tun.
So leicht liess ich mich nicht aus der Ruhe bringen.
Er lief langsam unsere Reihe entlang, ich wusste dass seine Blicke intensiv waren, aber jetzt waren sie stechend und absolut tödlich, wenn man ihnen nicht auswich.
Ich tat es den Anderen gleich und starrte geradeaus, versuchte, nicht seinen verführerischen Augen zu verfallen.
"Ihr seid die Zwanzig, die den Test bestanden haben.
Ihr habt euch durchgesetzt. Doch das war nur der Anfang. Ihr seid noch lange nicht am Ziel."
Da hatte er absolut recht. Aber immerhin war es ein Anfang.
"Aber hier seid ihr nicht mehr auf den Strassen.
Kein herumgefuchtelt mehr mit albernen Messerchen."
Zischte er und seine Stimme klang schneidend, gefährlicher als jede Waffe im gesamten Raum.
Und respekteinflössend, sodass ich den Jungen, der mich vor wenigen Tagen noch umarmt hatte, kaum wieder erkannte. Er war so viel härter und stärker. Jeder hatte eben seine anderen Seiten. Nicht nur ich.
"Ihr werdet lernen, euren Körper gegen eure eigenen Reflexe abzurichten."
Er schnippte ruckartig mit dem Finger und der junge vor ihm blinzelte.
"Ihr werdet lernen, Dinge zu sehen, die ihr vorher nie gesehen habt."
Sein Blick huschte über das Gesicht des Nächsten, der Mann hielt den Atem an und ich wusste, was für eine unheimliche und spannende Schwingung gerade im Raum lag.
"Ihr werdet nicht mehr auf die Kraft eures Körpers sondern auf die eures Verstandes vertrauen."
Seine Hand schnellte vor und bevor irgendjemand kapierte was genau er wollte, lag sie an der Kehle des Nächsten.
Finn's Kumpel, wie eine stumme Warnung, als sich die Beiden ansahen. Interessant.
"Ihr werdet Schmerz nicht mehr als solchen Wahrnehmen sondern als Motivation, euren eisernen Willen über Empfindungen zu stellen."
Er lief an den nächsten vorbei und der Klang seiner Worte liessen das alles hier so gefährlich klingen. Unmenschlich, wie Roboter, die eigentlich grade zu beschreiben versuchte.
Vor mir blieb er stehen und sah mich an, so wie all die anderen und ohne jegliche verräterischen Empfindungen in seinem Blick.
Ich erwiderte ihn, kam nicht darum herum und sah ihn ernst an. Bereit zu zeigen, dass ich es verdient hatte hier zu sein. Genau wie all die anderen.
"Und ihr werdet lernen, eure Gefühle in etwas anderes umzuwandeln.."
Endete er und dann wandte er sich abrupt von mir ab, die Hände zu Fäusten geballt.
Während er wieder den Platz vor uns einnahm, meldete sich einer zögernd zu Wort.
Der erste Platz, Alan.
"Und in was?"
Alecs Blick sah irgendwie unheilvoll aus.
"In Macht."
Antwortete er nur und liess damit einige meiner Fragen unbeantwortet.
"Ich weiss, ihr seid noch müde von gestern, vielleicht verletzt. Aber hier gibt es keine Schlafstunden. Wer geht, der kommt morgen nicht wieder ins Training."
Er wies auf die Tür.
Dann klatschte er in die grossen Hände und schüttelte die Haare aus der Stirn.
"Ich will sehen wie ihr kämpft, wie gut ihr seid. Sucht euch einen Partner und versucht ihn, zu Boden zu ringen. Egal wie."
Er nickte nur kurz. Tja, ich musste jetzt wohl dringend am Ball bleiben, wenn ich besser werden wollte.
Also sah ich mich um, wir waren zwanzig Personen, jeder sollte einen Partner bekommen. Ich musste nur auswählen, mit wem ich es aufnehmen sollte.
Die Jungs bildeten Gruppen und jeder lief schön behutsam und schonend um mich herum um sich einen Partner zu suchen.
Ich  sah schon, es würde schwer werden. Doch irgendwann würden sich an mich gewöhnen. Ob sie wollten oder nicht, ich gehörte jetzt zu ihnen und es durfte mich nicht so mitnehmen.
Ich dachte schon, dass sich niemand opfern würde, als sich Akon vor mich stellte, ein eisiges, und Unheil verkündendes, Lächeln im Gesicht.
Es fuhr mit kalt über den Rücken, er musste Finn wirklich nahe gestanden haben, denn die Blicke erdolchten mich wortwörtlich und ich musste mich zusammenreissen, um nicht weg zu rennen.
Darauf wartete er doch nur.
"Na Mama. Sicher dass du nicht ausststeigen willst?"
Ich hob arrogant den Kopf, was auch immer er für Spielchen trieb, sie interessierten mich nicht.
"Ganz sicher."
Antwortete ich wenig beeindruckt, auch wenn er mir längst näher war als mir lieb war. Ich spürte Alecs Blick auf uns.
"Ich schlage aber eigentlich keine Frauen."
Er zuckte die Schultern und ich lächelte süffisant.
"Oh ich bin sicher, du machst liebend gerne eine Ausnahme."
Zischte ich ihm zu. Ich würde mich nicht passiv verteidigen, Angriff war das Einzige, was mir hier Oberhand verschaffen konnte.
Oder Köpfchen.
"Stimmt."
Er nickte, bevor er mir die Beine so unsanft weg schlug dass ich auf den Boden knallte und kurz keine Luft bekam.
Schwarze Pünktchen tanzten vor meinem Augen und er wurde etwas dunkler. Scheisse, mein Arm schmerzte wie die Hölle.
Dann sah ich sein schadenfrohes Grinsen aber schon über mir.
"Die Anderen wollen sich nicht die Hände schmutzig machen. Aber ich habe damit kein Problem."
Es war ein Versprechen und ich verstand es.
Klar und deutlich.
"Dann werden wir uns sicher gut verstehen. Denn ich habe auch nicht vor rum zu liegen."
Knurrte ich und schlug ihm mit dem Schuh ans Schienbein sodass er nach hinten knickste und fluchend zu Boden ging, während ich mich auf die Knie erhob. Schwerer als gedacht.
Ich war bereit für den Schlag, den er vielleicht landen würde, aber ehrlich gesagt hatte ich keine Erfahrung mit Kämpfen.
Alles was ich auf der Strasse gelernt hatte war der ungefähre Umgang mit einem Messer.
Und keinem von den Teilern die hier in den Regalen standen.
Aber ich würde mein Bestes geben.
Aber als er vorschnellte und sich seine Hände ohne zuzudrücken um meinen Hals schlangen und er mich unter sich zu Boden rang, war ich doch überfordert.
Sein Gewicht war deutlich höher als meines und ich hatte keine Chance mich noch hervor zu schlängeln, seine Hände lagen ganz sanft an meiner Kehle, aber mit dem Zeichen dass er jederzeit zudrücken konnte
Ich blitzte ihn an und spürte einige Blicke der Anderen die ihren Partner ebenfalls schon zu Boden gerungen hatten.
"Ich bin an Finn's Stelle hier. Ich kämpfe für ihn weiter. Und du bist schuld, dass er nicht hier sein kann. Ich glaube du verstehst, worauf ich hinaus will, Mama."
Flüsterte er während er sein Gesicht meinem Näherte und ich überlegte ihn anzuspucken, so ekelhaft wie er aussah.
Aber verstehen tat ich ihn eindeutig.
Dann stand plötzlich Alec neben und, er war völlig verspannt aber redete ruhig, sodass ich einfach nicht schlau draus wurde.
"Das Reicht Akon, du hat sie am Boden."
Er sah mich nochmals an bevor er sich murrend aufrichtete und zu den Anderen zurück trat.
"Ja Boss."

Was haltet ihr von Alecs komischen Verhalten Sternchen? Wieso tut er so zu Amara?
Ich bin mir sicher ihr findet es raus und ich danke euch dass es doch so viele Interessenten an meinem kleinen Projekt gibt, in das ich mich mittlerweile verliebt habe*_*
Love you
Angora

Poisoned Kiss *beendet* Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt