Lasten

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„Auf keinen Fall."

Hagens Worte waren klar und endgültig, das hörte Mathilda. Aber es änderte nichts daran, dass sie einen Entschluss gefasst hatte.

„Wenn ich noch eine einzige Aussicht darauf habe, meinen Bruder zu finden, oder zumindest herauszufinden, was mit ihm geschehen ist, dann ist es mit euch", sagte sie und zwang sich dabei ruhig zu bleiben. Hagen hasste es die Beherrschung zu verlieren, wenn sein Gegenüber selbst sachlich blieb. Vielleicht würde er so besser zuhören.

„Und du hilfst uns, weil du in der Lage bist die Prinzessin zu erlösen?", fragte er spöttisch.

Sie hob die Augenbraue. „Es wäre nicht gänzlich ungehört", sagte sie und der Spott verschwand von seinem Gesicht. „Nicht, dass ich damit etwas andeuten würde."

Er schnaubte auf. „Gut so. Mein Vater meinte erst heute Morgen, ich solle endlich um deine Hand anhalten, wenn ich erst lebend von meiner Reise zurückgekehrt bin."

Mathilda sah ihn überrascht an. „Wirklich? Auch noch nachdem ich einen großen Teil der Schuld daran trage, dass er letztendlich doch so viele gute Männer in die Gefahr schicken muss?"

„Er hat gesehen, dass wir zusammengehalten haben", erklärte Hagen erstaunlich leise. „Ein guter König soll eine Frau an seiner Seite haben, die seinen Rücken stärkt."

Er gab sich einen Ruck und begann mit großen Schritten die Kammer auf und ab zu schreiten, während er in betont gewöhnlicher Lautstärke fortfuhr: „Ganz abgesehen davon, dass du schon seit unserer Kindheit als eine angemessene Gattin für einen Prinzen gegolten hast. Wenn keine ausländische Prinzessin mit dem Versprechen besserer politischer Bindungen daherkommt, werden wir uns wohl verloben."

„Eine ausländische Prinzessin wie Elwa?", fragte sie vielsagend. „Da muss ich wohl lange auf deinen Antrag warten."

„Ein einziger Versuch", knurrte er. „Danach will ich es ruhen lassen."

„Oh", sagte sie. Es überraschte sie mehr als die Aussage über ihre mögliche Heirat – davon hatten auch ihre eigenen Eltern zu Genüge gesprochen. Sie selbst verschwendete wenig Gedanken an Ehe, dazu gab es zu viel sonstiges Geschäft, das im Fürstentum anfiel und zu viele Fürsten und Herzöge, die sich lieber Niedernzollern einverleiben wollten, als an einer gleichberechtigten Allianz interessiert zu sein. Prinz Hagen ... nun, ihre Regierung über Niederzollern würde sich ändern müssen, aber wenigstens würde er nicht versuchen, ihr jede eigene Meinung zu verbieten. Es gab wahrlich schlimmere Aussichten an Ehepartnern. Es wäre ein außerordentlicher Luxus, einen Mann zu heiraten, den sie bereits ihren Freund nennen konnte.

Sollte er denn von jenem Ritt nach Ilreth zurückkehren. Und dort nicht eine Braut gefunden haben.

„Dann ist es für mich nur noch mehr Grund, dich zu begleiten, nicht wahr?", warf sie schnell in die Stille, bevor er ein anderes Thema anschlagen konnte.

„Dass du mich davon abhalten kannst, die Prinzessin Elwa an deiner statt zu ehelichen?", entgegnete er belustigt.

Sie lachte leise auf.

„Um sie dir vor der Nase wegzuschnappen, hatten wir das nicht bereits geklärt?"

Es wäre ihr am liebsten gewesen, den lockeren Tonfall weiter beizubehalten, aber so selten sie zu Scherzen in der Lage war, waren sie auch hier nicht angebracht, bevor sie eine Zustimmung hatte.

„Es wäre ein starkes Zeichen, wenn der Thronfolger und seine zukünftige Frau gemeinsam der Gefahr trotzen und gemeinsam wieder heimkehren. So können wir es deinem Vater sagen – und er wird zusätzlich beruhigt sein, dass du keine törichten Dinge anstellen wirst, um bis zum Ende durchzukommen, mit dem Versprechen von mir an deiner Seite."

Dornen - Das verwunschene KönigreichWhere stories live. Discover now