Kapitel 46 - Wenn alte Zeiten durchsickern

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Trotz der stillen Herbstnacht, die soeben über Hogwarts einbrach, ließ das, was Aria Rosewood im Sinn hatte nichts Gutes verheißen. Vereinzelt funkelten ein paar Sterne am tiefschwarzen, wolkenverhangenen Himmel, doch weder sie noch die warme Zuneigung Dracos konnten das schwarze Feuer in Arias Inneren erlöschen. Zu viel Wut und Enttäuschung hatten sich über all die Wochen hinweg über die Slytherin gelegt und Pansy Parkinson kam ihr eben darum sehr gelegen, sich in dieser Nacht abzureagieren.

So schlich Aria auf leisen Sohlen den Gang zu den Mädchenschlafsälen hinab. Das ausdrucklose Gesicht lag im fahlen Licht, das durch den Korridor strömte. Lediglich ein Glänzen in ihren Augen war ihrer Mimik zu entnehmen. Als Aria vor der Tür, die zu ihrem Zimmer führte, inne hielt, sog sie scharf Luft ein und betrachtete das silberne Türschild auf dem ihr Name und der ihrer Zimmergenossinnen prangte. In schnörkeliger Schrift waren sie dort eingraviert und man könnte meinen, dass sich dahinter eine friedliche Mädchengruppe verbarg. Doch wie so oft, trügt der Schein.

Wie auf Federn schritt Aria in das Zimmer und erblickte Pansy wie sie einige Pergamentpapiere in die Schublade ihres Nachttischs verstaute und diese mit einem sanften Schwung wieder zufiel. Noch immer bemerkte sie Aria nicht und widmete ihre Aufmerksamkeit den Textilien, die sie ordentlich gefaltet auf ihr Bett gelegt hatte.

Aria derweil verriegelte die Tür mit einem kleinen Schwung ihres Zauberstabes und verstaute diesen in ihrem Pulloverärmel. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie immer noch verletzt war. Doch das sollte erst wieder morgen früh eine Rolle spielen. Langsam wirbelte Pansy herum, die gefalteten Sachen hatte sie auf ihre Unterarme abgelegt. „Aria", Pansy zuckte erschrocken zusammen, als sie wahrnahm, dass sie sich nicht alleine im Schlafsaal befand. Mit großen Schritten eilte die Slytherin zu ihrem Schrank und verstaute die Textilien. „Du hast mich erschrocken", murmelte Pansy und schloss die Schranktüren, die mit einem leisen Klack ins Schloss fielen.

„Oh", sagte Aria gespielt betrübt. „Das war nicht meine Absicht." Pansy umrundete den kleinen Holzofen, der in kalten Jahreszeiten ausreichend Wärme zur Verfügung stellen sollte, und hastete zu ihrem Bett. Nervös strich sie das grüne Bettlaken glatt, da sie Arias stechende Blicke in ihrem Rücken merkte. Die Stille war drückend, nur Arias Stimme durchbrach diese: „Warum bist du nicht unten feiern?"

Pansy gab ein störrisches Schnauben von sich und hatte der jungen Rosewood noch immer den Rücken zugewandt. „Wie du sicher selbst bemerkt hast, habe ich keinerlei Freunde mit denen ich feiern könnte." Man könnte meinen, dass ein zaghaftes Lächeln an Arias Mundwinkel haftete, welches sogleich wieder verblasste. „Hast du mal in dich hineingehorcht?", fragte Aria und umkreiste dabei den Ofen, in dem noch ein paar glimmende Stücke Holz lagen. Jemand hatte ihn vor kurzem erst angeworfen.

„Was?", kam es verwirrt von Pansys Bett. Langsam ließ diese sich auf ihre Matratze sinken und fand die smaragdgrünen Vorhänge ihres Himmelbetts auf einmal unglaublich spannend. „Na, ob du dich mal gefragt hast, wieso dem so ist? Ich meine, es muss doch schrecklich belastbar sein selber über sich sagen zu müssen, dass man keine Freunde hat", redete Aria weiter und fuhr mit den Fingerspitzen über einige Bettkanten, nur um festzustellen, dass hier eine Ewigkeit keinen Staub geputzt wurde. Angewidert strich sie sich die kleinen Schmutzpartikel von den Fingern. „Du denkst nicht ehrlich, dass ich nie darüber nachgedacht hätte", entgegnete Pansy außergewöhnlich schnippisch, doch in ihren Augen konnte man Tränen glitzern sehen. Aria erkannte sofort zu ihrer Freude, dass sie einen offenbar wunden Punkt bei ihrer Zimmergenossin getroffen hat. Nicht, dass sie jemals jemanden Schaden zufügen wollte, aber Pansy hatte es nicht anders gewollt. Sie hatte Aria damals auch schaden wollen, völlig gleich welche Intention letztendlich dahinter steckte.

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