Kapitel 19 - Sind wir Freunde?

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Geschwächt humpelte Harry mit blutendem Arm zu Arias Gestalt, die noch immer regungslos am Boden lag. Erst jetzt bemerkte er, dass Aria das Tagebuch in ihren Armen umschlungen hielt und fest umklammerte. Ein Blick zu Tom reichte, um die Ratlosigkeit in seiner Mimik zu erkennen, die sich in Angst und Zorn umwandelte. „Was hast du vor, Potter?", fragte er aggressiv und trat aus dem dunklen Schatten heraus. Doch Harry reagierte schneller, als ihm die Idee kam und entriss Aria das Tagebuch. Schnell legte er es vor sich, umschloss den Basiliskenzahn fest in seiner Hand und holte aus. Der spitze Zahn des Basilisken bohrte sich tief in das lederne Tagebuch und schwarzes Blut spritzte heraus. „Nein!", schrie Tom erbost und erschrocken zugleich, die Augen weit aufgerissen. Noch im selben Moment tat sich ein helles Loch, direkt in Toms Magengegend auf. Der Gryffindor begriff, dass sein Plan funktionierte und so drehte er den Zahn immer weiter in das Buch hinein. Das Buch und Tom gaben Schreie von sich, die Harry durch Mark und Bein gingen. Doch er musste weiter kämpfen, er durfte nicht aufgeben, nicht jetzt. Dieses Tagebuch musste verschwinden, ein für alle mal. Angestrengt presste er den Kiefer aufeinander und zog die Augenbrauen zusammen, während er den Basiliskenzahn noch einmal kräftig raus zog und ihn erneut ihn das schwarze Tagebuch von Tom Marvolo Riddle stach, dessen Gestalt unter Schreie im hellen Licht verschwand.

Nun war es still um Harry geworden und erschöpft kniete er neben Aria nieder. Sie lag nur da und regte sich nicht. Ihre schwarzen Haare lagen in sanften Wellen neben ihrem Gesicht. Die geschwungenen Lippen waren von der Kälte blau gefärbt und durch ihre blasse Haut schimmerten die feinen, blauen Äderchen. Vorsichtig nahm Harry ihre Hand und umschloss sie mit seinen Händen. Noch eine ganze Weile saß er da und beobachtete Aria, war bei ihr, falls sie wieder aufwachen sollte. Er wusste, er sollte besser keine Zeit verstreichen lassen und die Slytherin in den Krankenflügel bringen, nur wie sollte er das anstellen? Er war klein und nicht stark genug, sie wieder in die oberen Ebenen des Schlosses zu tragen. Also wartete er und hoffte. „Wach doch bitte auf, Aria.", flüsterte Harry und musterte Arias kleine Gestalt. Wie sie so da lag, dachte Harry, hatte sie was Beruhigendes an sich, was Warmherziges. Still und mit geschlossenen Augen, hatte sie nichts von der Kälte und Härte, die sie letztens gegen Harry aufgebracht hatte. Er erinnerte sich, wie Aria ihn zornig gegen die Wand gedrückt hatte, mit roten Funken in den Augen. Aber jetzt, sah sie friedlich aus. In Gedanken versunken, streichelte Harry behutsam über Arias kalte Hand und bemerkte dabei nicht, dass die Augenlider der Slytherin sich langsam öffneten. „Harry?", murmelte sie verwirrt. Doch plötzlich erschrak sie, entriss Harry ihre Hand und starrte ihn mit großen Augen an. „Du musst mir glauben, ich war das nicht. Ich wollte das nicht... Ich mein, ich wusste nicht, was ich tue.", sprudelte es über Arias Lippen. Sie blickte Harry entschuldigend an, der verständlich nickte: „Ich weiß Aria, das war Tom." Aber Harry verstand es nicht. Er verstand Aria nicht. Sie saß dort so unschuldig, als könne sie kein Wässerchen trüben, aber der Gryffindor wusste auch, dass Aria anders sein konnte. Und das verstand er nicht. Wie konnte sie jetzt so voller Reue und Gefühle sein, wenn sie ihn an anderen Tagen mit einer eisigen Kälte entgegen tritt? Was war nur los mit ihr?

Das schlechte Gewissen plagte Aria, aber vielleicht waren es auch nur die Kopfschmerzen. „Wusstest du das?", fragte Harry nach, als von Aria keine Antwort auf seine Aussage kam. Er zog die Augenbrauen hoch und lugte durch seine runde Brille. Bestürzt nickte Aria: „Ja, ich wusste, dass es Tom war." Sie war verletzt, denn sie hatte Tom vertraut. Beinahe jeden Tag schrieb sie in ihr, oder besser gesagt Toms Tagebuch, und blieb so in Kontakt mit dem Jungen. In ihm hatte sie einen würdigen Gesprächspartner erkannt und ihm alles anvertraut. Genau so, hatte Tom ihr alles anvertraut, was die Kammer des Schreckens betraf oder war das alles nur gelogen?

Sie war sich nicht sicher und schwor sich, niemanden mehr in ihre Pläne und Geheimnisse einzuweihen, es sei denn dieser jemand würde sich als würdig erweisen. „Aria?", fragte Harry und runzelte die Stirn. „Wir sollten zu Dumbledore gehen." Doch sofort schüttelte Aria den Kopf. Die Slytherin war nicht begeistert von dem Vorschlag: „Harry, ich danke dir aufrichtig, dass du mich gerettet hast.", sie legte ihre Hand bedächtig auf die Hand des Gryffindors und tätschelte sie sanft. „Aber ich sollte alleine mit Dumbledore reden. Es ist besser so, glaub mir." Harry sah gekränkt aus und ließ traurig die Schultern hängen: „Wenn du das so möchtest, dann ist das in Ordnung, aber wenn irgendwas sein sollte, egal was, du kannst zu mir kommen. Versprochen." Er gab ihr einen leichten Händedruck und Aria nickte, als Zeichen, dass sie verstand. Doch sie wusste nicht, ob sie Harry vertrauen konnte. Ja er hat sie gerettet, aber waren sie deswegen gleich Freunde?

Secrets - Who am I?Where stories live. Discover now