Kapitel 11 - Ein Besuch im Krankenflügel

782 53 6
                                    

„Aria, du kannst nicht verleugnen, dass dir was an Draco liegt", sagte Daphne im ruhigen Tonfall. So sehr Aria Daphne als Freundin wertschätzte, aber manchmal hatte Aria die einmischende Art ihrer Freundin satt. Jedoch ist die blonde Slytherin die einzige, die Aria ins Vertrauen ziehen konnte. Mit einem ausdrucklosen Gesichtsausdruck liefen die zwei Mädchen durch den Gang, der zum Krankenflügel führte. „Ich besuche lediglich einen erkrankten Freund, Daphne. Natürlich verleugne ich das nicht", gab Aria kühl von sich und setzte ein gespieltes Lächeln auf ihren Lippen. „Du weißt, wie ich das meine, Aria", antwortete Daphne und umklammerte fest die verpackte Kürbispastete in ihren Händen. „Sonst hättest du ihn das nicht besorgt." Daphne hob die kleine Verpackung ein Stück an.

Aria blieb vor der Krankenflügeltür noch einmal stehen und betrachtete ihre Freundin ernst: „Daphne." Sie sprach ihren Namen ruhig, aber fordernd aus. „Ich verleugne Draco nicht als meinen guten Freund, ebenso wenig verleugne ich, dass ich ihn aufgrund seines Gesundheitszustandes in diesem Krankenflügel besuche. Genau so wenig verleugne ich, dass ich ihm diese Kürbispastete gekauft habe. Aber bitte höre auf mir Sachen zu unterstellen, die so nicht stimmen." Ein mahnender Blick lag auf Arias Augen und eindringlich musterte sie ihre Freundin. Daphne sah nervös aus, sprachlos und hilflos. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte und trat unruhig auf einer Stelle. „In Ordnung. Lass uns einfach reingehen", flüsterte das blonde Mädchen. Aria bejahte den Entschluss von Daphne und öffnete die schwere Tür des Krankenflügels.

„Draco", begrüßte sie ihren Mitschüler und trug ein ehrliches Lächeln auf den Lippen. „Wie geht es dir?" Sie setzte sich auf den Stuhl, der neben seinem Bett platziert war. „Es geht so", knurrte er und stöhnte auf. „Oh, bald wird es dir besser gehen. Sieh her, wir haben dir was mitgebracht", lächelte Aria, während ihre Augen zu Daphne wanderten, die stumm dastand und das Paket mit ihren kleinen Händen umfasste. „Oh ja, natürlich", murmelte sie peinlich berührt und übergab Draco das Päckchen mit der Kürbispastete. „Danke", sagte Draco mit einem Hauch von Arroganz.

„Bilde dir ja nichts darauf ein, mein werter Freund", leicht tätschelte Aria das Bein von Draco. Er legte das Geschenk auf einen kleinen Beistelltisch ab und warf sich wimmernd in das Bett zurück. „Ich hoffe, dass es dir bald wieder besser geht", richtete Aria das Wort an Draco. Seine sturmgrauen Augen funkelten sie an und eine leichte Röte stieg in Arias Gesicht. Daphne nickte bestimmend und die beiden Mädchen verließen, ohne ein weiteres Wort zu sagen, den Krankenflügel. „Du magst ihn", behauptete Daphne und grinste ihrer Freundin schelmisch rüber. Genervt rollte Aria mit den Augen und seufzte. „Warum wehrst du dich so dagegen?", fragte Daphne. Mit ernstem Gesichtsausdruck liefen die Mädchen nebeneinander den Gang entlang. Aria verschränkte die Arme hinter dem Rücken und hob das Kinn an, während sie weiter den Korridor herunter stolzierten. „Gefühle sind töricht, Daphne. Gefühle machen uns naiv, wehrlos. Man hat keine Kontrolle über das, was man möchte, wenn man sie zulässt. Manchmal habe ich so einen schwachen Moment und lasse Gefühle zu, ja. Aber dann versuche ich mich wieder zu fangen. Es ist schwer, aber man kann es schaffen", erklärte Aria ihrer Freundin.

Das alles lag nur an ihrer Muggelmutter. Langsam hegte Aria eine regelrechte Wut gegen sie, aber auch das war ein Gefühl, was das schwarzhaarige Mädchen unterdrücken wollte. Sie verstand nicht, warum sie das dringende Gefühl verspürte, ihre Emotionen in die hinterste Ecke ihrer Gedanken zu verbannen. Darüber hatte sie keine Kontrolle und das machte ihr Angst. Sie versuchte sich zu kontrollieren, sich und ihre Gefühle, dabei klappte es nicht immer und sie war sich unsicher, ob es überhaupt schlimm war, wenn man Gefühle wirklich zu lassen würde. Was war verwerfliches an Gefühlen?

„Gefühle sind nicht töricht, Aria. Sie machen uns zu dem, was wir sind. Nämlich Menschen" , erläuterte Daphne ihre Position. „Nur sind wir, liebe Daphne, keine normalen Menschen. Wir sind Hexen. Wir haben Macht, die Menschen nicht besitzen", Aria rümpfte die Nase und ihre Stirn verengte sich. Warum konnte Daphne nicht verstehen, was sie meinte? Warum konnte sie selber aber nicht verstehen, was Daphne meinte? Es war ein verwirrtes Konstrukt aus Gefühlen und Gedanken, welches man nicht entfliehen kann. „Aber du magst Draco?", hakte Daphne weiter nach. Dieses Mädchen würde Aria früher oder später zur Weißglut treiben. Aber sie hatte irgendwo Recht. Ja, sie mochte Draco und ja, sie mochte auch Daphne. „Ich mag ihn, als Freund", gab Aria als Antwort und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Aber bitte, lass uns nicht weiter detaillieren, welche genauen Gefühle ich gegenüber Draco hege. Ich weiß es selber nicht."

„In Ordnung.", meinte Daphne und hakte sich bei Aria unter.

***

Abends lag Aria in ihrem Bett und zog das Tagebuch unter ihrem Kopfkissen vor. Sie wollte mehr über die Kammer des Schreckens erfahren, mehr, was es mit ihr auf sich hatte. Sie holte eine Feder hervor und begann zu schreiben: „Tom?" Der Schriftzug verblasste und eine Antwort erschien. „Du willst mehr über die Kammer wissen?", antwortete er mit einer Gegenfrage. Nervös biss Aria sich auf der Lippe rum und rieb nachdenklich ihr Kinn: „Ja. Kannst du sie mir zeigen?"

Oh oh, ob das mal gut gehen wird? Was meint ihr? Hat das Tagebuch von Tom Riddle Auswirkungen auf unsere kleine Protagonistin? Und liegt Aria wirklich richtig mit der Annahme, dass Gefühle dumm und naiv seien?

Secrets - Who am I?Where stories live. Discover now