Kapitel 29 - Die heulende Hütte

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Von weitem betrachtet sah die heulende Hütte eher unscheinbar aus, doch als Aria und Draco nebeneinander vor dem windschiefen Holzgebäude standen, zweifelten sie an dieser Wette, die sie mit Blaise abgeschlossen hatten. Ein eisiger Wind pfiff durch die Schlupflöcher der vernagelten Fenster und fuhr durch Arias ebenholzschwarzes Haar. Aus dem Augenwinkel heraus musterte sie Dracos harte Gesichtskonturen und wie er angespannt den Kiefer aufeinander presste. Die grauen Augen starr geradeaus gerichtet. Vorsichtig trat die Slytherin ein paar Schritte hervor, legte ihre Hand an die feuchte Holztür und hielt inne. Über die Schulter hinweg sah sie noch einmal zu Draco. „Wollen wir?", fragte sie, während ihr die Haare vom Wind ins Gesicht peitschten. „Ich würde jetzt liebend gerne ein aufrichtiges Ja erwidern, aber wir wissen beide, dass das nicht stimmen würde.", raunte er und beobachtete Aria dabei, wie sie bereits die Holztür zur heulenden Hütte schweratmend aufdrückte. Draco half ihr und trat hinter ihr ein.

Ein beißender Geruch nach modrigen, feuchten Holz schwappte ihnen entgegen und die beiden hielten sich für einen kurzen Augenblick die Hände vor Mund und Nase. „Komm, wir schauen uns mal um.", Aria griff nach Dracos freier Hand und tastete sich mit winzigen Schritten voran. Der Malfoyerbe folgte ihr langsam. Die fauligen Holzdielen knarzten unter ihren Füßen und innen war es so kalt, dass Aria und Dracos Atem kleine Nebelwölkchen bildete. „Hast du das gehört?", murmelte Draco erschrocken in seine Hand hinein und blieb abrupt stehen. „Was soll ich gehört haben?", erkundigte sich Aria und blickte Draco ernst an. Wollte er ihr Angst einflößen? Wenn ja, so würde er definitiv auf keinen grünen Zweig kommen. „Da sind Stimmen.", raunte Draco und seine Miene verfinsterte sich, da er bemerkte, dass Aria ihm keinen Glauben schenkte. Doch die Slytherin schüttelte nur den Kopf: „Sei kein Angsthase, Draco!" Aria wollte weiterlaufen, doch Draco hielt sie grob am Handgelenk fest. „Ich bin kein Angsthase.", zischte er erbost. „Lass uns einfach hier verschwinden. Ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache. Scheiß auf den Besen!"

Schockiert sah Aria den blonden Jungen mit großen Augen an: „Scheiß auf den Besen? Was ist denn das für eine Ausdrucksweise, Draco? Wir sind doch nicht irgendein tollwütiger Gryffindor!" Aria stampfte zornig mit dem rechten Fuß auf eine alte Diele. Dracos Gesichtsausdruck wurde sanfter, sein Griff um Arias Handgelenk wurde lockerer. „Bitte, Aria. Lass uns gehen. Der Besen ist mir egal, ich möchte nur, ... dass dir nichts passiert. Also, lass uns abhauen.", bat Draco sie und in seinen sturmgrauen Augen spiegelte sich ein besorgter und weicher Ausdruck wieder. „Vergiss es, Draco!", brachte Aria zischend zwischen ihren Zähnen hervor. „Ich lass mich nicht von dir beirren. Ich bleibe!" Draco ließ von ihr ab und runzelte nachdenklich die Stirn. „Gut, dann bleib. Aber wenn du in einer halben Stunde nicht zurück an unserem Treffpunkt bist, dann komme ich und suche nach dir." Ein paar blonde Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Aria nickte: „Wir treffen uns bei Blaise und Daphne." Draco seufzte noch einmal, drehte sich um und ging zügigen Schrittes aus der heulenden Hütte. Die Nischen der Tür quietschten unangenehm, als er heraustrat.

„Stimmen.", lachte Aria leise. „So etwas Lächerliches." Sie rieb sich ihre Schläfe und knotete die schwarzen Haare im Nacken zu einem unordentlichen Dutt zusammen. Zögernd fuhr sie ihren Weg fort. Sie entschied sich die obere Etage ein wenig zu erkunden, denn wenn sie schon hier war, wollte sie auch wissen, was es mit dem Mythos der heulenden Hütte auf sich hatte. Ihr war nicht ganz wohl bei der Sache, doch Aria schluckte den Unmut herunter und ignorierte das flaue Gefühl in ihrer Bauchgegend. Die negativen Gedanken und Folgen ihres unvorsichtigen Verhaltens und ihrer Neugier schob sie beiseite. Sie brauchte sich nichts einreden, sie konnte fantastisch zaubern und beherrschte jegliche Schutzzauber und Angriffszauber, die eine junge Hexe in ihrem Alter ausführen muss, perfekt. Also wozu Sorgen machen?

Schleppend stieg sie die Holztreppe des Gebäudes hoch und hielt sich am wackligen Geländer fest. Doch nun hörte sie es auch. Es waren dumpfe Stimmen, die aus dem oberen Stockwerk hervor drangen. Mehrere Stimmen, männliche und weibliche. Mühsam presste sie ihren Körper an die dunstigen Wände. Ihr Brustkorb hob und senkte sich vor Aufregung, aber sie wusste, dies waren keine Geister. Das waren Menschen.

Doch die Neugier trieb sie weiter die Treppe hoch. Die Stimmen kamen immer näher, wurden immer klarer und schärfer. Auf leisen Sohlen schlich sie sich zur Türe, deren Öffnung nur ein Spalt breit war. Was sie sah, verschlug ihr den Atem. Dort stand Harry, dicht an Hermine gepresst und Ron saß verletzt in einer Ecke des Zimmers. Doch es waren noch andere dort. „Dass du es wagst in Harrys Anwesenheit über Lily und James zu sprechen, wobei du sie verraten hast!", fauchte eine wütende Stimme. „Ich wollte das nicht.", wimmerte eine andere, ängstliche Stimme.

Aria wollte näher heran, um alles genauer zuhören. Sie wollte ihr Ohr an die morsche Tür legen, um zu lauschen. Aber plötzlich blieb ihre Schuhsohle an einer abstehenden Holzdiele hängen. Sie stolperte, fiel durch die Tür unsanft auf den harten Boden und landete vor Harrys Füße. „Aria?!", fragte der Brillenjunge schockiert und betrachtete mit großen Augen die vor ihm liegende Slytherin. „Harry.", flüsterte diese verlegen und rieb sich die Stirn. „Miss Rosewood, was machen Sie denn hier?", bemerkte eine unhöfliche, raue Stimme, die ihr sehr bekannt vorkam. „Professor Lupin, ich kann das erklären, ich...", stotterte Aria, doch ihre Augen wanderten zu der Person neben ihrem Professor. Ein in Strafkleidung gekleideter Mann mit zerzausten, kinnlangen Haaren blinzelte sie mit seinen trüben, ausdruckslosen Augen an. „Sirius Black.", hauchte Aria entsetzt, wobei ihr dieser Name fast im Halse stecken blieb. Der Blick der Slytherin zog weitere Runden und blieb an einem dicklichen, kleinen Mann mit farblosem Haar hängen. „Wenn ich mich vorstellen darf, mein Name ist Peter Pettigrew.", nuschelte der Zauberer und deutete eine leichte Verbeugung an. „Oh, bitte Pettigrew, erspar uns das! Sag bloß du erkennst dieses Mädchen nicht!", spottete Sirius Black, dessen Augen an der Slytherin hafteten. Wütend stand Aria auf. Dachte dieser Sirius Black wirklich, dass Peter Pettigrew sie irgendwo her kennen sollte? Wie absolut töricht dieser Gedanke war und absolute Verschwendung. Und warum lebte dieser Zauberer überhaupt noch? Hatte Daphne nicht erzählt, Sirius Black hätte ihn umgebracht und man habe nur noch einen Finger von ihm gefunden?

„Und Sie wollen mich erkennen?", zischte Aria und rieb sich den Staub von ihrem Mantel. Zornig schob sie die Augenbrauen zusammen. Ein lautes Lachen entfuhr den blassen Lippen von Sirius: „Natürlich kenne ich dich! Schon bevor Remus mir erzählt hatte, dass Orphus' Tochter in Hogwarts zur Schule geht." Verwirrt riss Aria ihre dunklen Augen auf. „Woher kennen Sie meinen Vater? Und was hat er mit der Sache zu tun?" 

Damm, damm, damm. Tut mir leid für diesen miesen Cliffhanger... aber er musste einfach sein, damit ich die Spannung ein bisschen aufbauen kann. Aber was denkt ihr, hat Arias Vater mit Sirius Black und Remus Lupin zu tun? Wird hier das erste Geheimnis unserer kleinen Slytherin aufgedeckt? 

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ich würde mich an dieser Stelle sehr über einen Vote oder Kommentar freuen! Vielen Dank an alle, die meine Story bis hierhin gelesen haben und vielen Dank noch mal für die 1K Leser! ♥ 

PS: Ich weiß, dass eigentlich Severus Snape noch eine Rolle in dieser Szene spielt, aber ich habe ihn mal außen vorgelassen, da mir dieses Konstrukt sonst zu verwirrend gewesen wäre zu schreiben... Bitte verzeiht mir :D 

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