Kapitel 34 - Die letzte Rettung

563 38 2
                                    

Die Widmung geht an @Blueberry934 als Follower Nummer 30. Vielen Dank an dich.

Mit flinken Handgriffen verriegelte Aria die Schnallen an ihrem großen Koffer. Der weiße Halbmond flimmerte hell am tiefschwarzen Nachthimmel, während draußen ein paar Regentropfen auf die dunklen Pflastersteine des Ligusterwegs prasselten. Noch einmal verflüchtigte sich Arias Blick auf den Brief, den sie in ihrer Hand hielt. Er war an Draco adressiert. Tränen rollten stumm über ihre blassen Wangen bevor sie das Pergament mit Bedacht ein weiteres Mal auseinander faltete, um ihre geschriebenen Zeilen abermals durchzulesen.

Lieber Draco,

wir haben viel zu besprechen. Ich bitte dich mich heute Nacht, sofern es möglich ist, im tropfenden Kessel zu treffen. Ich werde dort auf dich warten. Es ist wichtig, bitte erscheine.

In Liebe,

Aria

Tatsächlich waren es nur wenige Worte, die Aria dort auf Papier gebracht hatte. Doch sie musste mit jemanden reden und zwar persönlich, wobei Draco ihre erste Anlaufstelle war. Die Slytherin schlenderte rüber an das Fenster und öffnete es mit einem Dreh. „Hedwig!", rief das Mädchen flüsternd in die Nacht hinein. Irgendwo müsste die Eule von Harry doch rumschwirren. Und tatsächlich. Im fahlen Licht der Straßenlaternen erblickte Aria samtweißes Gefieder auf sie zufliegen. Mit einer flüssigen Bewegung streckte sie den Arm aus, damit Hedwig auf ihm Platz nehmen konnte. „Hedwig, du musst mir helfen", wandte Aria das Wort an die Schneeule. Die leuchtendgelben Augen strahlten sie durch die Dunkelheit neugierig an. „Bitte bring diesen Brief zu Draco Malfoy. Sei vorsichtig.", sprach die Slytherin weiter und stopfte den Brief in den kleinen Schnabel der Eule. Sanft strich Aria Hedwig noch einmal über den Kopf ehe die Eule den Aufbruch startete. Ein paar Gewissensbisse bekam das schwarzhaarige Mädchen dann doch, weil sie sich Harrys Eule ausgeliehen hatte, aber in Hogwarts würde sie ihm das schon noch erklären.

Schnell stopfte sie noch ein paar Galleonen und Sickel in ihren Rucksack, um sich anschließend davon zu schleichen. Aria spähte durch einen kleinen Schlitz ihrer Zimmertür, um sich zu vergewissern, dass ihre Eltern auch wirklich schliefen. Sie hörte nichts. Hastig lief Aria die Treppe auf leisen Sohlen nach unten und verweilte kurz im Flur. An der tapezierten Wand hingen Fotos, die eine lachende, kleine Aria zeigten wie sie mit ihrem Vater im Sandkasten spielte. Bei dem Anblick kamen ihr die Tränen, denn sie wusste, diese Zeiten waren gewiss vorbei. Ein letzter Blick schweifte über das Wohnzimmer. Von dort aus blinzelten ihr die Smaragdaugen entgegen. Aria war mit sich am kämpfen, doch schnell griff sie nach der Halskette und steckte sie in ihre Jackentasche. Dann rannte sie zur Tür hinaus und hinter ihr fiel diese mit einem leisen Laut ins Schloss.

Aria stürmte einige Straßen entlang, den großen Koffer hinter sich herschleppend, bevor sie an einem kleinen Waldweg inne hielt. Diese ganze Idee kam ihr mit einem Male völlig schwachsinnig vor, aber zurück konnte sie wohl kaum. Das wollte sie auch nicht. Niedergeschlagen ließ sie sich auf dem kalten Asphalt nieder, während schwere Regentropfen auf ihren schwarzen Haarschopf tropften. Schniefend legte sie ihr glühendes Gesicht in ihre Hände und weinte. Wie sollte sie denn jemals zum tropfenden Kessel gelangen? Klar, sie könnte apparieren, aber sie war noch nicht volljährig, deswegen schied diese Möglichkeit aus. „Bei Merlin, was soll ich tun?", seufzte die Slytherin verzweifelt in ihre Hände. Ohne groß darüber nachzudenken, zog sie ihren Zauberstab aus der Jacke hervor und rollte ihn zwischen den Fingerspitzen hin und her. Sie war eine Slytherin, ihr musste was einfallen. Das tat es sonst immer. „Zauberstab, Zauberstab...", murmelte Aria wie in Gedanken, während sie ihre dunklen Augen auf das kleine Stück Espenholz in ihren Händen gerichtet hatte. Plötzlich kam ihre eine Idee. „Aber natürlich!", redete sie mit sich selbst.

Mit einem heftigen Ruck schwang sie ihren Zauberstab in die Höhe und kurze Zeit später landete ein violetter Bus direkt vor ihrer Nase. „Guten Abend, meine Dame. Mein Name ist Stan Shunpike und dies ist der Fahrende Ritter für alle gestrandeten Hexen- und Zauberer. Eine Spontanfahrt kostet elf Sickel.", ratterte Stan seinen Text hinunter, wobei er die Augen auf ein schmuddeliges Portemonnaie richtete. Erst nachdem von Aria noch immer keine Antwort kam, da sie so überrascht war, dass ihre Idee tatsächlich geklappt hatte, hob Stan seinen Blick. „Was ist jetzt? Willst du nun mitfahren?", meckerte er in einem ziemlich unfreundlichen Ton. „Sonst hätte ich Sie ja wohl kaum gerufen!", zischte Aria genauso unhöflich zurück und kramte aus ihrer Tasche die elf Sickel. Rasch drückte sie dem Chauffeur das Geld in seine schmutzigen Hände und quetschte sich an ihm vorbei in den Bus. „Drück auf die Tube, Ernie!", rief der picklige Junge über seine Schulter und las dann weiter im Tagespropheten. „Ja, drück auf die Tube, Ernie!", lachte ein hässlicher Schrumpfkopf, der am Innenspiegel des Buses baumelte.

Aria hingegen setzte sich auf eines der Messingbetten. Der Tag war heute wirklich anstrengend. „Wo soll es denn hingegen?", die Rabenaugen des Chauffeurs lugten neugierig hinter dem Tagespropheten hervor. „Zum tropfenden Kessel", antwortete Aria knapp. Sie fand diesen Stan ziemlich unsympathisch und abstoßend. Er lachte kurz auf: „Hast du gehört, Ernie? Zum tropfenden Kessel möchte die Kleine!"

Die Slytherin wurde kurzer Hand durch den halben Bus geschleudert, da Ernie eine Kurve zu spät genommen hatte. Schnell rappelte sie sich wieder hoch. „Was verschlägt dich mitten in der Nacht den Fahrenden Ritter zu rufen, Kleine?", fragte Stan an Aria gerichtet. Seine dreckigen Hände umfassten die Zauberzeitung mit festem Griff, während seine Augen Arias Gestalt durchbohrten. Angewidert verzog Aria ihre Mundwinkel nach unten: „Nennen Sie mich nicht Kleine oder soll ich Ihnen einen Fluch auf den Hals hetzen?"

Stan lachte auf: „Dürfen Schüler- und Schülerinnen überhaupt in der Mugglewelt zaubern?" Besserwisserisch musterte er die Slytherin. „Oh, glauben Sie das hindert mich nicht daran, es nicht auszuprobieren.", entgegnete Aria ruhig und ein kaltes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Tatsächlich gefiel ihr der Gedanke, diesem Stan die Stirn zu bieten und ihm zu zeigen, welche Macht sie hätte ausüben können. Doch Aria vertröstete sich darauf, diesem schmierigen Chauffeur bereits verbal gezeigt zu haben, dass mit ihr nicht zu scherzen war.

„Was willst du denn im tropfenden Kessel?", hakte Stan weiter nach und ließ keine Ruhe. Ruckartig wurde Aria gegen eine Fensterscheibe geschubst, dadurch dass Ernie wie ein blinder Hund durch die Straßen fuhr. „Ich werde mich dort mit jemandem treffen.", antwortete das schwarzhaarige Mädchen und zupfte ihre Jacke zu Recht. Erst grinste Stan wieder blöde, doch dann wurde seine Miene ernster. „Ich hoffe doch nicht, dass es ein Todesser ist.", flüsterte er geheimnisvoll. „Ein Todesser?", fragte Aria nach und zog die Augenbrauen skeptisch zusammen. Warum sollte sie sich mit einem Todesser treffen?

„Todesser sind die Gefolgsleute von Du-Weißt-Schon-Wer. Wie du sicherlich bereits weißt, munkelt man, dass er  wieder da ist.", redete der Chauffeur weiter. Aria schluckte missmutig. Sie wusste sofort, wen Stan meinte. Ein ungutes Gefühl schlich sich in ihre Bauchgegend. „Und weißt du was man sich noch erzählt?", sagte Stan und beobachtete wie aus Arias Gesicht jegliche Farbe entwich. Er beugte sich näher zu ihr rüber und schaute nach links und rechts, ob auch keiner lauschen würde. Ohne auf eine Antwort zu warten fuhr er fort: „Es heißt, er ist auf der Suche nach jemandem."

Bevor Aria weitere Fragen oder gar eine Antwort geben konnte, wurde sie von dem unschönen Schrumpfkopf unterbrochen: „Nächste Haltestelle: Der tropfende Kessel!"

„Ich muss hier aussteigen.", meinte Aria und drängelte sich mit ihrem Gepäck an Stan vorbei, der sie kritisch beäugte. „Hey!", rief er noch einmal der Slytherin hinterher, die sich zu ihm umdrehte. „Du solltest aufpassen. Die Zauberwelt ist nicht mehr die, die sie einmal war." Aria gab nur ein knappes Nicken von sich und stieg aus dem violetten Bus aus. Was hatte der Chauffeur damit bloß gemeint? 

Der fahrende Ritter war wirklich Arias letzte Rettung oder? Und was denkt ihr, hat Stan damit gemeint? 

Außerdem, was glaubt ihr wird Aria mit Draco im tropfenden Kessel so dringendes besprechen? 

Secrets - Who am I?Where stories live. Discover now