¥ Chapter 52: Das Baby-Bild ¥•

898 70 7
                                    

{{ Bevor wir fliehen, werden wir nach dem Bild suchen }}

Sie drehten sich nach mir um.
Sie alle. Aber ich hatte nur Augen für ihn.
Meine Augen fingen an zu tränen und in mir wütete das reinste Chaos. Sofort fühlte ich mich wieder lebendig und wusste wieder von wo ich herkam. Ich gehörte hier nicht her, sondern nachhause, zu meiner Familie. Ich war hier nun schon so lange, dass mir diese Erkenntnis etwas verloren gegangen war.
Hal...
Wie ging es ihm wohl? Lebte er... Lebte er noch?
Jetzt würde ich endlich antworten erhalten!
Meine Augen wässerten enorm und ich musste mich konzentrieren um nicht vor allen loszuheulen. Ich blinzelte die Tränen weg und beobachtete sein verblüfftes Gesicht. Er sah mich an.
Conor konnte die leblosen Augen nicht von mir lassen.
Ich musterte ihn unverhohlen und musste feststellen, dass er sich verändert hatte. Er sah gebrochen aus und seine Augen waren voller Trauer. Er sah nicht so toll und umwerfend aus, wie ich ihn in Erinnerung behalten hatte, und auch die Aura um ihn herum war schwärzer als schwarz, aber das alles war mir egal, die Hauptsache war, dass er nun vor mir stand. Wirklich da. Als ich einen Schritt vorwagte, Artur ignorierend einfach alle anderen ignorierend, schüttelte Conor unauffällig den Kopf und machte mir mit seinen weit aufgerissenen nervösen Augen klar, dass ich nicht zu ihm kommen sollte. Und ich vertraute ihm, nickte und sah verletzt auf den Boden. Hal. Hal. Hal. Conor war da, Hal... Meine Gedanken fingen an sich in schwindelerregender Geschwindigkeit im Kreis zu drehen. Und mein Arm blutete und schmerzte.
,,Macy! Wie schön dass du uns besuchen kommst! Wir haben schon auf dich gewartet!" Artur lächelte sein deplaziertes Grinsen und bedeutete mir einzutreten. Ich gehorchte, schloss die Tür hastig hinter mir und ließ somit meinen Ex von Psychopaten zurück.
,,Ich ich, Artur... Nick- er ist-"
,,Komm doch erstmal rein und steh dort nicht so blöd herum, Weib." Unterbrach er mich harsch und ich beeilte mich seinen Befehl schleunigst auszuführen, um mein Anliegen endlich loszubekommen.
,,So was ist mit Nick?" Fragte er jetzt.
,,Er er- hat mich gejagt. Er wollte mich wieder entführen und verschleppen. Er sagte jetzt wäre genau der richtige Zeitpunkt um-"
,,MACY! Dein Arm!" Alex unterbrach mein wirres Gestammel und kam mit einem entsetztem Gesichtsausdruck durch die Menge hindurch auf mich zugelaufen.
Erst dann bemerkten auch die anderen, sowohl Artur und Conor, dass mein Blut eine Lache auf dem Boden hinterlassen hatte.
Ich war selbst zu schockiert um antworten zu können. Das war schlimmer als ich vermutet hatte, denn die Wunden wollten nicht aufhören zu bluten. Plötzlich verspürte ich eine ungewöhnliche Atemnot, als wäre ich nicht mehr fähig richtig Luft filtern zu können. Meine Gedanken vernebelten sich und ich fühlte mich unendlich schwindelig. Ich musste-
Musste mich hinsetzten. Ja, ja das wärs. Sitzen. Conor und Alex waren zum richtigen Zeitpunkt da, um mich aufzufangen, bevor mir die Beine wegsackten und alles um mich herum in einen schwarzen Abgrund gerissen wurde.

,,Macy! Macy?" Jemand schüttelte heftig an mir. Was war geschehen? Ich zwang meinen Kopf mir die Erinnerung an die Geschehnisse zu projizieren, und herauszufinden, was mit mir geschehen war. Die Ereignisse prallten plötzlich nur so auf mich herab und plätteten mich. Wie nur konnte ein Mensch sooft in Ohnmacht fallen wie ich?
,,Macy?" Huh? Keine Sekunde später sprang ich auf, und warf mich sehnsüchtig an Conor's Hals, der mir besorgt sein Gesicht entgegenstreckte.
,,Conor!"
,,Macy! Oh mein Gott du lebst! Du LEBST! Wir hatten alle schon den Glauben verloren... Wie geht es dir? Was ist passiert, und wie geht es deinem Arm?" Er zeigte auf den weißen Verband um meinen linken Unterarm und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel.
,,Ganz gut, ich- ich fühl mich gut jetzt, wo du da bist. Wie kommst du hier her?" Ich konnte mich dieses Mal nicht so zurücknehmen wie in dem Saal. Jetzt wo wir alleine waren, konnte ich hysterisch kreischen.
,,Ich bin hier weil-" Er wurde unterbrochen als die Tür aufgerissen wurde. Er sprang schnell von mir weg und nahm mir gegenüber eine neutrale Haltung ein. Aber es war nur Alex der misstrauisch und überrascht zwischen Conor und mir hin und her sah. In der Hand hielt er ein Tablet mit Suppe und ein Glas Orangensaft. Er trat ein und schloss die Tür mit einen Fuß hinter sich.
,,Ich wusste es! Ihr kennt euch! Dein hysterisches Kreischen war kaum zu überhören, Macy." Alex stellte ohne uns aus den Augen zu lassen das Tablett auf meinem Nachttisch ab und grinste breit. Aber sein Grinsen verweilte nicht lange, denn Conor sprang auf ihn zu und würgte ihn.
,,CONOR! WAS TUST DU DA?" Schrie ich entsetzt, sprang auf und lief auf ihn zu.
,,Er wird uns verraten Macy! Er ist Arthurs Sohn! Ich werde ihn zur Geisel nehmen damit wir fliehen k-" er verstummte, als Alex das Blatt umwaandte und mit Conor rangelte.
,,Conor Alex hört auf!" Fast sofort ließ Alex von Conor ab, der wutentbrannt erneut auf ihn zustürmen wollte. Ich hielt Alex am Arm und bedeutete ihm mit einem Blick das alles in Ordnung war.
,,Was soll das Macy?" Conor sah ungläubig zwischen mir und Alex hin und her.
,,Alex ist ein Freund." Wiederholte ich und half Conor auf.
,,Ich versteh nicht? Macy woher kennst du ihn?" Wollte Alex nun wissen und schien ebensowenig vertrauen für Conor zu haben wie er für Alex.
,,Er - er ist der beste Freund von Hal." Alex erstarrte plötzlich.
Was- hatte ich etwas falsches gesagt?
,,Alles okay-" Alex Blick schnellte auf und er musterte Conor abschätzend.
,,Macy? Hal Jeremy Dalton? Willst mir gerade sagen, dass dein Freund Hal, der Anführer seiner Gang ist?" Völlig schockiert zeigte er auf Conor und ich nickte verwirrt. Warum war er so fassungslos? Er müsste das doch eigentlich aus den Nachrichten wissen. Ich nahm einfach an, dass er nicht fassen konnte, dass ich mit diesem Drogenhändler ein Verhältnis hatte.
,,Macy, wie kannst du dich nur mit ihm anfreunden? Er ist seinem Vater treuergeben und-" Alex war vom Bett aufgesprungen und hatte sich direkt vor Conor gestellt. Es passte nur noch ein kleiner Finger zwischen ihnen.
,,Ich bin meinem Vater in keinster weise treu, Warren, du kennst mich nicht." Entgegnete er mit einer solchen Intensität, sie selbst Conor der einige Jahre älter war als Alex überraschte. Alex wandte sich jetzt an mich.
,,Ich werde dafür sorgen, dass Macy fliehen kann." Und dann wurde es totenstill im Raum. Conor wurde kalkweiß und mir fehlten die Worte. Ich suchte in Alex Gesicht nach einem Anzeichen dafür, dass er gleich in schallendes Gelächter ausbrechen würde und mir sagte, dass das alles ein Scherz war, aber er blieb ernst.
,,Alex?" Ich fasste ihn behutsam am Arm und sah ihm fest in die Augen.
,,Ist das wahr?"
,,Conor, du musst sie hier schnellstens rausbringen. Sie ist schon dabei sich hier einzuleben und sie will auf Arturs erste Mission.
Sie hat sich von ihm manipulieren lassen. Ich werde eich hier heraus bringen." Sagte er zu Conor ohne auf mich einzugehen.
Was?
,,Macy! Wie kannst du nur! Weisst du was Artur's Missionen beinhalten? Weisst du was er für ein Mann ist? Das bist doch nicht du!" Conor schien richtig entsetzt, weswegen ich mich meckernd an Alex wandte.
,,Mann! Ich hab doch nur so getan Alex! Ich dachte, dass du hinter deinem Vater stehst und mir vorerst nicht helfen wirst. Mein Plan war es begeistert auszusehen, sodass Artur vollstes Vertrauen in mich hat, damit ich mich bei der Mission davon schleichen kann! Du hattest mich doch erst auf diese Idee gebracht, mir sein Vertrauen zu verdienen!" Und dann machte sich Verständnis auf Alex Gesicht breit.
,,Oh."
,,Aber bevor ich dich einweihen konnte hat mich Nick gejagt und-"
,,Also stimmt es, Nick hat dich hierher verschleppt." Sagte Conor nachdenklich.
,,Ja. Und er wurde dafür ausgepeitscht Conor." Ich erwartete einen Würgereiz, als ich an die tiefen Hautfetzen und Schlitze dachte, doch es folgte nicht. Stattdessen erfüllte mich das Gefühl der Gleichgültigkeit, denn meine Gefühle für Nick gab es nicht mehr. Nicht mal den kleinsten Funken Mitleid. Doch es gab etwas dass mich viel mehr interessierte. Etwas, dass mich seit ich hier war nicht herausfinden konnte. Die ganz entscheidende Frage, ob es sich überhaupt lohnte mein Leben aufs Spiel zu setzten.
,,Conor was ist mit-" Bevor ich zu Ende sprechen konnte, wurde die Tür aufgerissen und Alex als auch Conor sprangen wie vom Blitz getroffen von mir weg und blieben reglos stehen. Gerade noch rechtzeitig bevor Artur mit zwei Männern eintrat und den gesamten Raum mit seiner Aura erdrückte. Durch sein plötzliches Erscheinen, konnte ich meine Frage nicht zu Ende stellen und herausfinden wie es um Hal stand. So ein Mist aber auch!
,,Wie ich sehe bist du aufgewacht, Macy." Artur musterte seinen Sohn und Conor abschätzig. ,,Und so wie es aussieht hast du auch schon zwei Besucher die sich liebevoll um dich zu kümmern scheinen." Sein Blick blieb missbilligend auf seinen Sohn hängen.
,,Conor Warren, ich denke wir haben viel zu besprechen, da sich nun diese verheerenden Schwierigkeiten mit der Ware aufgetan haben." Meinte er und wandte sich wieder zum gehen an. Conor warf mir noch einen letzten Trost spendenden Blick zu, ehe er nickte und mit Artur wieder aus dem Raum trat.
,,Was für Ware?" Flüsterte ich und versuchte den Kloß im Hals runterzuschlucken um nicht wieder loszuheulen. Ich wusste es. Aber ich wollte es dennoch hören.
,,Drogen, Macy."
,,Und was hat Conor damit zu tun und warum ist er überhaupt hier?"
,,Um miteinander zu verhandeln. Sie beide sind erfolgreich im Drogengeschäft tätig und müssen vereinbaren wer sie wo und an wen verkaufen darf um sich nicht in die Quere zu kommen."
,,War Conor nicht auch mal ein DangeROO?" Ich erinnerte mich noch an Nick's Ausruf damals auf Hal's Party, wie er ihnen vorgeworfen hatte Artur verraten zu haben und stattdessen Hal's Diener geworden zu sein. Alex Blick musterte mich skeptisch.
,,Nein, sie waren nie DangeROOs, aber sie wären es geworden, wäre Hal nicht gewesen. Mein Vater wollte sie, aber er hat es nie geschafft Conor und seine Freunde für sich einzunehmen. Sie sind lieber unabhängig."
,,Und- und was ist mit Nick?" Meine Stimme brach. Zu sehr waren meine Gedanken bei Conor. Dank ihm fühlte ich mich wieder hoffnungsvoll, lebendig und zu etwas zu nutze.
,,Er ist im Keller in einer der Zellen. Mein Vater hat großes mit ihm vor." Ich nickte, denn jetzt war er wirklich weggesperrt und ich müsste mir keine Sorgen mehr um diesen Typen machen. Nie wieder.
,,Sag mal... ähm, kannst du mir vielleicht von Hal erzählen?" Als Alex meinen verwirrten Blick sah, beeilte er sich, genauer zu erklären.
,,Ich weiß- ich bin bestimmt nicht deine Erste Wahl wenn es darum geht über deinen Freund zu sprechen, aber- aber ich möchte dir die Möglichkeit geben mit mir darüber zu sprechen, vielleicht- musst du ja etwas loswerden oder so?!" Abgesehen davon, dass er stotterte und ich ihm vorher noch nie so aufgeschmissen gesehen hatte, dachte ich mir nichts schlimmes dabei und sagte mir, dass er es nur gut meinte.
,,Danke, Alex, das weiß ich echt zu schätzen." Dankbar fiel ich ihm in die Arme, immer noch in dem Glauben, er wollte mir wirklich nur helfen, eine Last abnehmen, aber da hatte ich falsch gedacht, wie ich später noch herausfinden würde...
,,Und du kannst mit mir übrigens über alles reden." Ich löste mich wieder von ihm und sah betrübt zu Boden.
,,Weißt du, ich habe gerade das große Problem-" Macy, ganz ruhig. Sag es einfach. Lass es raus.
,,Also, dass mein Hirn anfängt Hal zu vergessen. Ich habe so große Angst davor, dass ich vergesse wie er aussieht, oder wie es sich anfühlt ihn bei mir zu haben, seine Arme um mich zu spüren oder seine Lippen. Und das alles was von ihm immer übrig bleibt dieses - dieses zerstörende Verlustgefühl sein wird, welches einfach nicht schwindet solange ich ihn nicht wieder habe. Es nagt mir am Herzen und ich will einfach nicht nur dieses schmerzhafte Gefühl empfinden, wenn ich an ihn denke, sondern an all die schönen Momente und Emotionen die ich für ihn gefühlt hatte wenn wir zusammen waren und in mir tragen falls- falls er-" Da überkam es mich und ich brach in Tränen aus. Ich hatte es bis jetzt tief in mir verschlossen, aber nun konnte ich mir nicht mehr für mich behalten.
,,Macy er wird durchkommen, ich weiß, nein also, natürlich weiß ich es nicht." Alex schüttelte unbeholfen heftig den Kopf. ,,Aber ich denke, dass er sehr stark ist und das durchstehen wird." Er lächelte ehrlich und wischte mir zärtlich die Tränen von der Wange die ihrem Gefängnis entflohen waren. Ich nickte nur und wandte mich ab, denn ich hatte genug geheult und seine Finger auf meinen Wangen, fühlte sich viel zu gut an, was mir ein schlechtes Gewissen bereitete.
,,Und wie genau willst du mir eigentlich bei der Flucht helfen? Wird dein Vater dich nicht auch töten, sollte das rauskommen?"
Gott. Worüber ich redete! Als wäre es ganz normal, dass ein Vater seinen Sohn mit umbrachte, wenn der seine Gesetze nicht befolgte. Ich klang so wie Alex damals, als ich ihn zum ersten Mal nach seinem Vater ausgefragt hatte und er mir mit so einer ähnlich eisigen, selbstverständlichen Antwort geantwortet hatte.
,,Doch. Aber dazu wird es nicht kommen." Perplex starrte ich ihn an.
,,Wie meinst du das?"
,,Nun," Alex zuckte mit den Schultern.
,,Ich werde ebenfalls fliehen."
Das warf mich endgültig aus der Bahn.
,,Mein Vater hat weder Gebrauch für mich, noch empfindet er irgendetwas für mich. Ich bin ihm völlig egal und nichts weiter als ein lästiger Klotz an seinem Bein und eine Schande für ihn. Ich weiß ganz genau, dass er sich für mich schämt und mich nicht als seinen Nachfolger wissen will. Mit meiner Flucht hätte er die Chance sich einen anderen geeigneteren Nachfolger auszusuchen." Auch wenn er überzeugt und entschlossen klang, hörte ich die offensichtliche Trauer heraus. Klar, er wollte doch wie jedes Kind einfach nur von seinen Eltern akzeptiert werden. Mitfühlend und zuversichtlich legte ich ihm meine Hand auf die Schulter.
,,Warum redest du so von dir?" Fragte ich ernst. So durfte er doch nicht über sich sprechen!
,,Weil es stimmt! Mein Vater hasst mich."
,,Aber wieso sollte er?" Er seufzte jetzt und starrte an die Decke. Er biss sich auf dir Unterlippe ehe er sich zu fangen schien und mir direkt in dir Augen sah.
,,Weil ich ihm zu weich bin. Ich bin weder wie Conor, noch so skrupellos wie Max oder Louis, für die er sich richtig ins Zeug gelegt hat um sie in sein Team zu holen. Solche Jungs wünscht sich mein Vater und nicht so einen verweichlichten Idioten wie mich."
,,Aber das stimmt doch garnicht! Hat dir dein Vater schon mal ins Gesicht gesagt wie er über dich denkt oder vermutest du es nur?"
Jetzt sah er mich überrascht an.
,,Du siehst doch wie er mich ansieht, du weisst genau dass er mich als einen Versager sieht." Alex finsterer Blick wanderte zur Wand hinter mir.
,,Dein Vater ist ein böser Mann Alex. Du solltest froh sein, nicht seinem Idealbild von Sohn zu entsprechen, wenn es für ihn das wichtigste ist, knallhart und gefühlskalt zu sein!" Zuerst schnaubte er. Doch dann schlich sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht und mir sackten vor Erleichterung die Schultern herunter.
,,Ja vielleicht hast du recht, Rings. Es- es ist nur so, dass er mich seit ich denken konnte mustert als würde... Als würde etwas nicht mit mir stimmen. Und-" Er stockte und ich spürte wie er sich verschloss, worauf ich ihm am Arm fasste und ermutigte weiterzusprechen.
,,Weil du schwul bist?" fragte ich aufmunternd, aber er sah so wütend aus, dass ich mich schämte es überhaupt angesprochen zu haben. ,,Nein. Ich denke er weiss es irgendwie, aber er will es nicht wahrhaben, vielleicht, also ich weiß nicht." kurz warf er den Kopf in die Hände, bevor er weitersprach.
,,Ich denke aber eher das es wegen etwas anderes ist. Damals, als ich noch jünger war, sieben ungefähr, spielte ich in seinem Arbeitszimmer. Ich wühlte in seinen Schränken weil er sagte, dass ich dort nicht ran durfte und ich wollte wissen weshalb. Dabei dachte ich mir allerdings nicht allzu viel bei. Als ich schließlich die Schublade öffnete — ich habe das noch nie jemanden erzählt." Alex lächelte leicht und die Grübchen auf seiner Wangen tanzten. Das war so süß, dass ich besänftigend meine Hände um seine schloss. Unsere Augen trafen sich erneut und er sprach jetzt mit einer Bestimmtheit, die mich lächeln ließ. Aber seine Mine verdunkelte sich schnell wieder.
,,Was ich in der Schublade fand, war das Bild eines Babys. Ich weiß nicht was es damit auf sich hatte, ich dachte erst das bin ich, aber als mein Vater plötzlich ins Zimmer stürzte und mich damit erwischte, rastete er völlig aus. Er schlug mich solange, bis ich nicht mehr gehen konnte und er hatte dabei geweint, Macy. Es war das eigenartigste, dass mein Vater je getan hatte und das einzige Mal in meinem gesamten Leben, dass er emotional gewesen war. Seitdem Tag redete er nicht mehr mit mir. Nicht mehr als nötig jedenfalls. Und er meidet mich. Ich habe keine Ahnung was ich falsch gemacht habe, obwohl das mittlerweile zehn Jahre her ist. Doch ich vermute — nein ich weiß, dass es etwas mit dem Bild zu tun hat, etwas das mein Vater geheim hält." Oh, wow. Die ganze Sache wurde immer verrückter.,,Das tut mir so leid Alex. Und hast du ihn nochmal deswegen ausgefragt?" Fragte ich vorsichtig.
,,Nein natürlich nicht! Wenn er einen siebenjährigen, sein eigen Fleisch und Blut solange schlägt, bis er nicht mehr gehen kann, nur weil er etwas gesehen hatte was er nicht sollte, was glaubst du wird er mit einem siebzehnjährigen tun, der beabsichtigt fragt?"
Schnaufte er und ich nickte entschuldigend. Er hatte recht.
,,Und weißt du was mit deiner Mutter ist?" Hakte ich vorsichtig nach. Ich war einfach viel zu neugierig um hier einen cut zu machen.
,,Nein. Weiß ich nicht. Mein Vater hat nie ein Wort über sie verloren und ich war zu feige um nachzufragen." Erklärte er und bedeutete mir indem er den Kopf schüttelte, dass er darüber nicht reden wollte.
,,Ich weiß nur ihren Namen, dass ist alles." Ergänzte er bevor er aufstand und sich auf den Weg zur Tür machte.
,,Ich weiß, dass du umbedingt wissen willst, wie es Hal geht, deswegen werde ich meinen Vater ablenken, damit Conor noch einmal die Chance bekommt, dir die Frage zu beantworten."
,,Warte!" Und Alex blieb stehen, doch er drehte sich nicht um.
,,Wie- wie heißt deine Mutter?" Es dauerte lange bis Alex sich endlich zu mir wandte und meine Frage beantwortete.
,,Layla." Er lächelte ein letztes Mal bevor er raus ging und mich alleine ließ. Layla, so war also der Name seiner Mutter.
Aber... irgendwoher hatte ich den Namen schonmal gehört...
Doch ich kam nicht darauf woher. Irgendwann gab ich es auf und wartete lieber auf Conor. Das warten war unerträglich. Wann würde er wieder kommen? Würde er überhaupt wieder kommen? Nach zwei Stunden erfolgloses Warten, klopfte es endlich an meiner Tür und Alex kam herein.
,,Macy! Es tut mir leid, aber Conor ist schon weg. Ich konnte ihn nicht lange sprechen, mein Vater hat ihn weggeschickt. Aber er hat mir gesagt, dass er an dem Tag vor deiner Mission wiederkommen wird. Über deinen Freund hat er leider kein Wort verloren, und ehe ich fragen konnte, war er leider auch schon weg." Ich nickte enttäuscht und versuchte tapfer zu bleiben und nicht wieder loszuheulen.
,,Es tut mir wirklich leid, Macy." Hörte ich Alex unbeholfen sagen und dann, spürte ich ein starkes Paar Arme welche mich behutsam hin und her wogen.
,,Ich weiß, dass das alles gerade viel zu viel für dich sein muss, aber ich werde dir versprechen, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde, damit du hier wegkommst und zu Hal und deiner Familie zurückkehren kannst." Sein Blick war so hoffnungsvoll und stark, dass er mich so sehr tröstete, dass mir vor Hoffnung doch vereinzelte Tränen entwischten. Alex löste sich ein Stück von mir und wischte sie mir sanft von den Wangen.
,,Bis dahin, scheint deine Taktik, dich für uns zu interessieren und meinen Vater zu begeistern, ziemlich gut zu funktionieren. Ich bin schließlich drauf reingefallen und mein Vater spricht auch nur noch in hohen Tönen von dir." Munterte er mich weiter auf.
Ich musste über diesen Jungen schmunzeln, er war ein harter Brocken und trotzdem schaffte er es mich zu beruhigen.
,,Danke, Alex. Für alles. Du bist mir ein sehr guter Freund geworden." Und das meinte ich wirklich ernst. Alle Zweifel über ihn und seine Loyalität mir gegenüber waren mittlerweile verschwunden und darum drückte ich ihn ganz fest an mich, um dem Gesagten nochmal die Kirsche oben drauf zu setzten.
,,Kein Problem. Wirklich. Du hast das nicht verdient. Und jetzt sollten wir trainieren." Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange, bevor ich hastig aus dem Raum stürmte und in die Trainingshalle sprintete.

Badboy Next DoorWhere stories live. Discover now