¥ Chapter 50: Der erste Auftrag ¥

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{{ Wäre doch schade um dein hübsches Gesicht. }}

Zwei Wochen waren vergangen, in denen ich jeden Abend mit den Jungs trainiert hatte, sowie auch das Kochen und Bedienen war es zur Gewohnheit geworden. Was mir jedoch Sorgen bereitete war, dass es mir mittlerweile Spaß brachte.
Ich wollte mich nicht eingewöhnen. Ich wollte nachhause zu meiner Familie, zu meinen Freunden und den gewohnten Alltag und zu Hal. Ich seufzte.
Es gab es da ja auch noch Alex. Diesen merkwürdigen Jungen der mich aus irgendeinen Grund nachdenklich machte. In jeglicher Hinsicht verwirrte er mich, ohne das ich hätte genau sagen können weshalb. Und da ich die meiste Zeit mit ihm verbrachte, hatte ich schonmal herausfinden können, dass er nicht gern von sich und seiner Vergangenheit erzählte, hieß ich wurde nicht schlau aus ihm. Alles was ich wusste war, dass er um die Anerkennung seines Vaters kämpfte, seit er ein kleiner Sprössling war.
Das gute: wir verstanden uns ziemlich gut, wenn es nicht um persönliches ging, jedoch weckte selbst das in mir manchmal Misstrauen. Schließlich wollte ich hier raus und das dümmste was ich eigentlich tun konnte, war zu jemanden Freundschaft zu schließen den ich ohnehin wieder verlassen musste. Aber das konnte ich natürlich nicht mit meinem Herzen ausmachen.
Das machte wie gewohnt das, worauf es Lust hatte und entschied sich dafür Alex als Freund zu gewinnen. Heute war der 15. Tag den ich in diesem fensterlosen Raum schlief. Die Nachrichten über mich und die verzweifelte Suche nach mir wurden immer seltener, außerdem erhielt man über Hal keine Informationen mehr, was mich zum verzweifeln brachte.
Was ich alles für eine Umarmung von ihm gegeben hätte, nur um seine Nähe zu spüren...
Als mir vereinzelt Tränen aus den Augen tropften, schüttelte ich den Kopf und wischte das Bild von Hal in meinem Kopf fort, dass mit der Zeit immer zerronnener wurde.
Ich musste mich konzentrieren. Ich musste stark bleiben sowohl für ihn als auch für mich und meine Familie. Ich konnte mir nur zu gut vorstellen wie schlimm es Mom und Dad gehen musste und konnte den Gedanken kaum ertragen. Ich schluckte hart und hob den Kopf. Ein Mädchen mit dunklen Augenringen und wilden langen Haaren blickte mir im Spiegel entgegen. Ich kannte sie, aber sie war mir dennoch fremd.
Wie von allein gingen meine Augen auf Wanderschaft  auf die Suche nach einer Schere.
Ich suchte auch im Zimmer erfolglos nach einer, weswegen ich auf den Flur trat. Wie in Trance stritt ich an die gegenüberliegende Tür und klopfte. Nachdem Alex nicht aufmachte, beschloss ich einzutreten und bereute es auf der Stelle.
Oh.
Oh...
Was ich sah verschlug mir die Sprache, und ich erstarrte mitten in der Bewegung.
Alex stand Oberkörperfrei im Raum. Das war nicht das Problem, sondern wohl eher, dass er gerade in einer wilden Knutscherei verwickelt war.
Mit dem wohl widerlichsten Kerl den ich hier kennengelernt hatte.
Mit Nowlan! Dem blonden arroganten Typen der mich beim Paintball nicht in seinem Team haben wollte und sich für was besseres gehalten hatte. Als sie mich endlich bemerkten starrten sie mich ebenso entsetzt an wie ich sie. Klar, ich war hinter ihr Geheimnis gekommen.
Oh mein Gott...
So schnell ich konnte lief ich aus dem Raum und sperrte mich in meinem Zimmer ein. Das war ja mal sowas von peinlich! Jetzt würde Alex mich hassen, und Nowlan der mich sowieso nicht mochte, würde mich noch weniger mögen. Verdammter Mist! Was hatte ich da gerade gesehen...
Ein homosexuelles Paar, Macy. Kein Grund sich so aufzuregen!
Jetzt reg dich ab und mach das beste aus der Sache. Ich beruhigte mich tatsächlich etwas und mein Herz hörte auf wild gegen meine Brust zu schlagen. Es begann erneut um die Wette zu pumpen als es plötzlich klopfte. Ich schreckte auf.
Das musste Alex sein.
Ich kühlte meine erhitzten Wangen mit meinen kalten Fingern in Lichtgeschwindigkeit und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Dann atmete ich tief ein und aus, ehe ich ihm anwies einzutreten, während ich mich aufs Bett setzte und wartete.
Alex kam rein und ich betrachtete ihn. Den schönen Jungen mit den grauen Augen in dem schwarzen Kapuzenpulli. Was mich ziemlich überraschte war, dass er weder beschämt noch wütend wirkte. Er wirkte ausdruckslos wie immer. Ein wenig war ich auch enttäuscht darüber, dass Alex schwul war. Immerhin war er ein hübscher Junge. Eine Verschwendung an die Männerwelt.
,,Was hast du von mir gewollt?" Fragte er bloß. Mein Kiefer klappte auf. Wieso schrie er nicht oder tat irgendwas... anderes eben?! Das was jeder normale Mensch in so einer Situation tat?
,,Ich wollte eine Schere." Ich sah verwirrt auf den Boden.
Gleich darauf vernahm ich das Klicken vom Schloss meiner Zimmertür. Hä? Wo war Alex jetzt wieder hin? Keine 20 Sekunden später tauchte er wieder auf und hielt eine Metallschere in der Hand. Er drückte sie mir wortlos in die Hand und wollte schon wieder gehen, als ich ihn empört aufhielt.
,,Nicht dein Ernst oder?" Als er sich umdrehte sprühten seine Augen nur so vor Wut. Ah, jetzt war er sauer. So so.
,,Was soll ich denn sagen? Dass es mir leidtut? Soll ich mich für das mit Nowlan rechtfertigen, oder was willst du von mir hören?" Mit dieser direkten Ansage hatte ich nicht gerechnet und musste mich kurz sammeln.
,,Äh um ehrlich zu sein, hätte ich eher damit gerechnet, dass du einfach mit mir sprichst und nicht so tust als wäre nichts gewesen. Dass du mich anschreien würdest oder so, weil ich einfach reingeplatzt bin." Erklärte ich und zuckte die Schultern.
,,Ich wollte mich auch dafür entschuldigen, ich hätte nicht einfach reinkommen dürfen." Jetzt seufzte er ergeben und sein Blick wurde sanfter.
,,Das muss dir nicht leidtun, es ist halt wie es ist." Ich nickte. Ja es stimmte, es war so wie es war.
,,Weiß dein Vater davon?" Seine Augen verdunkelten sich und ich wusste ich hatte eine wunde Stelle getroffen.
,,Nein." Ein Schatten bildete sich nun über sein Gesicht und ich konnte ihm das nicht ganz abnehmen, aber ich beließ es dabei. Wenn er nicht mit mir reden wollte, dann würde ich ihn auch nicht dazu zwingen.
,,Ich- ich versteh nur nicht warum Nowlan." Das wollte ich eigentlich für mich behalten, aber das fiel mir viel zu schwer. Meine Neugierde konnte nicht gebremst werden. Alex lachte aber zum Glück, was das Eis zwischen uns brach.
,,Er ist wirklich unvergleichbar. Er ist nur nicht sehr begeistert darüber, dass ich momentan soviel Zeit mit dir verbringe."
Erklärte er, was mir einleuchtete. Ja Alex und ich waren in den letzten Tagen zusammengeschweißt gewesen wie Butter und Brot.
Auch ich musste lachen.
,,Ich wusste nicht, dass du in einer Beziehung steckst, ich wollte in nichts dazwischen funken." Neckte ich ihn.
,,Hast du nicht." Das Strahlen, welches jetzt entstand, war überdimensional und beeindruckend. Jetzt musste ich an Hal denken. Ich vermisste ihn so schmerzhaft, dass es wieder an meiner Psyche knabberte. Jeden Tag machte es mich verrückter. Hinzu kamen das Heimweh und der Verlust meiner geliebten Eltern und Freunde. Seufzend sackten meine Schultern ein.
,,Was ist los?" Alex gleißendes Lächeln verschwand und machte tiefe Besorgnis breit. Oh Macy! Du ziehst ihn dauernd runter.
,,Ach nichts, ich vermisse nur mein Zuhause und Hal. Es wird jeden Tag schlimmer Alex." Ich wusste nicht ob es schlau war ihm das anzuvertrauen, aber er hatte unbewusst einen Platz in meinem Herzen eingenommen und für den Moment hielt ich es für richtig.
,,Es - ich hätte, ich wünschte mir für dich, dass Nick dich niemals hierher gebracht hat." Stammelte er und versuchte etwas wie ein Lächeln, was mir das Herz erwärmte.
,,Allerdings, wäre es dann immer noch stinklangweilig hier drin." Ergänzte er armeverschränkt und überblickte den stickigen Raum.
Ich musste lächeln, denn ich wusste so etwas würde ich nicht noch einmal von ihm zu hören bekommen.
,,Kannst- kannst du nicht mit deinem Vater reden und frag-"
,,Nein!" Sein Kopf schellte wie vom Blitz getroffen in meine Richtung.
,,Das kann ich nicht. Ich würde mich des Verrates schuldig machen und ihm obendrauf auch noch beweisen, dass ich an seinen Regeln zweifele, und du weißt was er mit denen macht die ihm nicht gehorchen. Das kannst du nicht von mir erwarten." Sein Blick war so ernst, dass es mir augenblicklich leid tat ihn das gefragt zu haben.
,,Würde dein eigener Vater das zulassen?" Aber ich kannte dir Antwort bereits. Sein eigener Vater hätte ihn töten lassen. Alex schien zartbesaitet was seinen Vater anging und auch jetzt zuckte er die Schultern, ich wusste aber nur zu gut, dass es ihm nicht egal war.
,,Er behandelt jeden von uns gleich. Natürlich wäre ich sein einziger infrage kommender Nachfolger, falls er ums Leben kommen sollte, aber so bald wird das nicht geschehen und er würde keine Sekunde zögern mir das Leben zu nehmen, sollte es nötig sein. Er muss seinen Männern schließlich immer wieder beweisen wie ernst er es mit seinen Worten meint. Was glaubst du wäre ein Herrscher der seinen Worten keine Taten folgen lassen würde? Er wäre ein Heuchler und niemand mag sie. Mein Vater ist der stärkste Mann dem ich je begegnet bin und ich habe viele schreckliche Männer kennengelernt. Keine Gang die wir angetroffen haben ist so groß und Loyal wie die seine."
,,Also bist du auch noch stolz auf deinen Vater? Stolz darauf, dass er überall Schrecken verbreitet und tötet und Menschen unterdrückt wo er nur kann?" Auf Alex Gesicht erschien ein gefährliches Grinsen.
,,Oh du hast ja keine Ahnung. Vielleicht bin ich ja genauso?" Er kam mir näher und kurz hatte ich tatsächlich Angst. Aber nein, Alex war nicht wie sein Vater. Er war es einfach nicht.
,,Hör auf damit, ich weiss, dass du nicht wie er bist."
,,WIESO?" brüllte er plötzlich und ich zuckte zusammen. ,,Weil ich vielleicht zu weich bin? Zu schwul?" Und ich verstand endlich. So oder so ähnlich hatte ihm sein Vater wohl die Worte an den Kopf geworfen. Bedeutete Arthur wusste von Alex Sexualität. Seine Schultern waren immer noch hochgezogen, sein Körper immer noch in Angriffsstellung als ich mich ihm dieses Mal näherte und ihn einfach in den Arm nahm. Alex war vollkommen perplex für mehrere Sekunden ehe er mir die Hände auf die Hüften legte. ,,Egal was dein Vater auch gesagt hat, du bist nicht weniger wert. Und du bist alles andere als weich. Du bist stark und das lass dir von niemanden ausreden." Danach löste ich mich von ihm und sah wie er sich selbst zu nickte.
,,Apropos Vater, er will dich sprechen.", sagte er unf lachte herzlich sobald er mein Gesicht sah.
,,Er wird dir nichts tun." Sagte er, aber das konnte ich ihm nicht glauben. Ich wartete nur auf den Tag an dem er mich einfach umbrachte.
,,Okay. Du wirst doch aber dabei sein, oder?", bat ich flehend, doch er schüttelte den Kopf.
,,Er will alleine mit dir sprechen und ich sollte jetzt zu Nowlan gehen, sonst köpft der mich in der Nacht." Das Grübchen auf seiner Wange tanzte und ich nickte widerwillig. Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn er die ganze Zeit über bei mir geblieben wäre, aber das würde er nicht.
,,Bis dann", sagte ich, doch er war schon verschwunden.
Gleich darauf klopfte es wieder und zwei verschiedenfarbige Augenpaare begegneten mir. Artur. Sofort fühlte ich mich eingeschüchtert und kleinlich, was mich verdammt ärgerte. Ich stellte mich aufrechter hin und sah ihm mutig in die Augen.
,,Macy Rings, wie schön dich wiederzusehen. Wie ich gehört habe, stichst du beim Training ganz schön heraus. Und ich hatte die Ehre dir gestern zusehen zu dürfen." Er grinste und entblößte eine schneeweiße Zahnreihe. Doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht und er war ohnehin keiner der Späße machte. Dafür nahm er die Dinge einfach zu ernst.
,,Und Sie kommen her nur um mir das zu sagen?" Kurz glaubte ich er würde mich wieder schlagen, nachdem er die Hand hob, doch er wollte nur seinen schwarzen Lederhandschuh ausziehen.
,,Du solltest auf deine Zunge achtgeben Ms. Rings, sonst ist sie vielleicht eines Morgens nicht mehr da." Säuselte er und drehte seine Runden. Alles in mir verkrampfte, denn die Drohung erfüllte seinen Zweck. ,,Hören wir auf mit Smalltalk und kommen zur Sache. Du wirst nächste Woche mit Alex auf eine Mission gehen. Er wird dich bis dahin auf alle möglichen Gefahren vorbereiten. Ich dulde keine Fehler, Ms. Rings. Das sollte möglich sein, immerhin  trainierst du schon seit fast drei Wochen, länger als all meine anderen Jungen." Am liebsten hätte ich ihn unterbrochen sobald das Wort Mission fiel, aber ich wollte nicht ausgepeitscht werden so wie Nick, der sich schon längst bei Artur entschuldigt hatte und zur Genesung, wie ich von Alex erfahren hatte, auf der Krankenstation lag.
Deswegen führte ich den Konflikt im Inneren.
Ich tobte und meine Gedanken wüteten quer und wild durcheinander. NEVER EVER! Mission mit Waffen! Gefährliche Männer, ich würde mein Leben aufs Spiel setzten...
,,Nein.", sagte ich bestimmt und prompt durchzuckte mich ein unbeschreiblicher Schmerz am ganzen Körper, nachdem er mir in den Bauch boxte. Der Schlag war heftig und er zwang mich in die Knie.
Entsetzt sah ich mit tränenbenetzten Augen zu Artur auf der regungslos vor mir stand als hätte er sich nie bewegt.
,,Du gehorchst mir und darum tust du, was ich es dir befohlen habe. Das war keine Frage, Weib. Am besten bist du jetzt still, oder ich muss dich wohl unter übel bestrafen. Wäre doch schade um dein hübsches Gesicht, nicht?" Für einen Moment versank er in Gedanken und starrte unergründlich in mein Gesicht. Ich sagte nichts und senkte nur den Kopf und presste meine Arme um den Bauch in dem sich ein flaues Gefühl ausbreitete.
,,Nun denn meine Arbeit hier ist getan, bis zum Tag deines Auftrags, denn dort wirst du nähere Anweisungen von mir erhalten." Sein Ton klang unheilvoll und gefährlich. Der gesamte Raum war von seiner fürchterlichen Präsenz ausgefüllt.
Dieser Mann war unberechenbar. Ich würde jemanden wehtun müssen oder sogar töten.
Und ich konnte das nicht. Ich wusste es. Aber wenn ich es nicht tat ... würde ich getötet werden.
Ich war in die schlimmste Sache hineingeraten, die ich mir ausmalen konnte.
Voller Angst legte ich mich ins Bett und wünschte mir, dass ich jemand anders wäre.

Badboy Next DoorKde žijí příběhy. Začni objevovat