¥ Chapter 27: Ein wenig Wahrheit ¥

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{{ DU HAST WAS GETAN!? }}

Eine Woche nach dieser Erkenntnis veränderte sich von meiner Seite aus die gesamte Beziehung zu Nick.
Da ich nun wusste, dass ich von Kopf bis Fuß in Hal verknallt war, war es mir zu wider ihn zu küssen oder zu berühren. Doch das schlimmste dabei war das schlechte Gewissen ihm gegenüber. Denn er konnte rein gar nichts für all das.
Das einzige gute zur Zeit: ich musste keinen Verband mehr um die Hand tragen und würde keine bleibenden Schäden davontragen. Die Anhörung mit Marlon hatte ich glücklicherweise hinter mich gebracht und war vollkommen erleichtert ihn nie wieder sehen sehen zu müssen.
Es war der absolute Horror gewesen und ich musste mehrmals raus, da mir die Erinnerungen wirklich zu schaffen machten. Dieser Wahnsinn in seinen Augen, dieser widerwärtige Anblick. Er bekam 8 Jahre für versuchte Vergewaltigung und Körperverletzung.

,,Ist alles in Ordnung Mace?"
Nick löste sich von mir und musterte mich besorgt. Es war Samstag Vormittag, wir saßen auf meinem Bett und schauten Netflix. Ich hatte darauf beharrt rauszugehen, weil die Sonne schien, aber er sagte er sei zu gestresst von der Arbeit und bräuchte etwas Erholung. Normalerweise hätte ich damit auch kein Problem gehabt, wäre er nicht dauerhaft auf Körperkontakt aus.
,,Mit mir ist alles bestens! Wieso?", log ich und wurde dabei unheimlich nervös. Natürlich hoffte ich, dass er nichts ahnte, wenigstens solange bis ich den richtigen Zeitpunkt fand und genug Mut, um ihm die Wahrheit zu sagen.
Weshalb hatte ich mich nur auf das zwischen uns eingelassen? Auf uns? Bisher hatte unsere Beziehung kaum an Tiefe gehabt, weshalb ich selbst Schuld dran war. Und einen perfekten Zeitpunkt um es ihm zu sagen? Diesen passenden Moment um jemanden schlechte Nachrichten zu erzählen, gab es den überhaupt? Der perfekte Moment um meinem Freund zu gestehen, dass ich ihn nicht liebte, ihn betrogen hatte, obwohl ich ihm versprochen hatte es nicht zu tun? Wie sagte ich ihm, dass ich den Pakt gebrochen hatte, den ich mit Hal geschlossen hatte, damit sich Nick besser fühlte und, dass ich auch noch in ausgerechnet den verliebt war, der ihm die Ex ausgespannt hatte? Würde ich ihm das antun können? Ich konnte mir einfach nicht vorstellen was von ihm für eine Reaktion käme und die Ungewissheit zerriss mich innerlich.
Klar war allerdings, dass er am Boden zerstört sein würde.
Ich gestand mir ein, dass es einen solchen perfekten Moment nicht gab. Er war nur eine Ausrede um es immer weiter aufschieben zu können.
,Naja ... du wirkst immer so abweisend. Gerade auch, erzähl mir was los ist" hakte er nach und musterte mich eindringlich während ich ihm seufzend über die dunkelblonden Haare strich. Sie waren so weich und er selbst immer so süß zu mir. Er sorgte sich um mich, obwohl ich es gar nicht verdiente. Als meine Hand zu brennen begann, weil es sich falsch anfühlte, zog ich sie zurück.
,,Nein wirklich. Mach dir keine Sorgen, vielleicht bin ich nur etwas gestresst wegen dem Projekt und alles." Ich tat mein bestes ihn mit einem Lächeln zu überzeugen.
,,Oh okay ich verstehe, wie geht es denn mit dem Tanzprojekt eigentlich voran?" Fragte er interessiert und küsste mir die Hand.
,,Ganz gut. Wir sind sehr weit vorangekommen, zwei Drittel der Choreografie sind geschafft und wir haben nur noch drei Wochen Zeit, um den Rest der Choreo einzustudieren und für den Finaltanz, der eine ganz andere Tanzabfolge erden sollte. Ich hoffe wir werden das hinbekommen. Heute werde ich wieder trainieren müssen." Und es war noch nicht mal gelogen, die Arbeit mit Hal lief außerdem hervorragend. Wir hatten mittlerweile alle Hebefiguren drauf und der Rest würde sich bald ergeben. Das einzige Problem war nur, dass ich bei jeder Berührung eine krasse Gänsehaut bekam und anfing an unanständige Dinge zu denken und mich danach kaum mehr in den Griff bekam. Mein Herz pochte immer wie wild und ich konnte mich nur schwer konzentrieren, was er bis jetzt glücklicherweise noch nicht bemerkt hatte.
,,Das klingt ja großartig, darf ich euch heute mal zuschauen?" Fragte er jetzt und ich war der Meinung einen gewissen Unterton herauszuhören den ich nicht ganz zu deuten wusste. Ich wurde paranoid. Bei einem solchen Lügenspiel war es auch nur fair.
,,Äh, ne, lieber nicht."
,,Doch, wieso nicht?" Er grinste. Bildete ich es mir nur ein oder sah es tatsächlich... böse aus?
,,Nun, ich kann nicht tanzen, wenn mir jemand zuschaut und das wird sowieso super langweilig für dich, denn wir werden wirklich noch nicht wirklich tanzen, eher unsere Tanzschritte besprechen und versuchen soweit es geht auszuführen", ratterte ich viel zu schnell runter und gab mir innerlich selbst eine Schelle dafür.
Als ob er nicht checken würde, dass etwas faul war!
,,Ach was, du musst diesen Tanz ohnehin bald vor einem großen Publikum aufführen oder willst du einfach nicht, dass ich komme?" Fragte er jetzt direkt heraus, worauf ich mir auf die Lippe biss und ertappt mit meinen Händen spielte.
,,Nein, eigentlich nicht. Ich will... das es eine Überraschung wird, weißt du? Mein Tanz."
Etwas besseres fiel mir einfach nicht ein.
,,Oh eine Überraschung ja? Na gut, dann freu ich mich schon drauf." Und ab da ließ er das Thema endlich ruhen, obwohl sein Misstrauen deutlich in der Luft lag. Er war schließlich nicht dumm, und selbst ich an seiner Stelle hätte mir nicht geglaubt. Ich war eben eine schlechte Lügnerin.
,,Ich werde jetzt dann mal gehen. Sehen wir uns morgen?" Wollte er wissen während er aufstand und sich ausgiebig streckte, sodass ich den Ansatz seines Sixpack's sehen konnte. Dieser gut aussehende Mann, direkt vor mir: gepflegte blonde Haare, helle Augen, ein ebenmäßiges Gesicht, das vor Wachsamkeit strahlte und doch liebte ich es nicht. Ihn liebte ich nicht.
,,Morgen muss ich leider auch trainieren, ich werde dich anrufen wenn ich wieder Zeit habe ja?" Ich blickte ihn entschuldigend an und umarmte ihn. ,,Na gut, aber versprich mir, dass du mich wegen dem Projekt nicht vergisst." Ich nickte eifrig und löste mich von ihm, als mir die Gewissensbisse zu viel wurden. Ich musste ihm bald wirklich alles gestehen, denn so konnte ich nicht mehr weiter machen. Seine schönen Augen musterten mich jetzt mit so viel Liebe. Und das machte alles nur noch schwerer. Ich seufzte laut und wandte mich schnell von ihnen ab. Der Gedanke an Hal und an seine goldenen Augen, der plötzlich in meinem Kopf spukte, schüttelte ich ebenso schnell ab. ,,Nein, mach ich nicht." Antwortete ich lächelnd und brachte ihn zur Tür. Bevor er in sein Auto stieg küsste er mich. Er lächelte sein allbekanntes Lächeln, das keine Frage mehr als anziehend war und setzte sich eine dunkle Sonnenbrille auf, ehe er losfuhr. Wieso konnte ich nicht ihn lieben?
Weil dein Herz anders entschieden hat.
Etwas zerstreut sprintete ich -nachdem Nick nicht mehr zu sehen war- wieder in mein Zimmer hoch, um mich fürs Training fertig zu machen und musste erleichtert daran denken, dass mich Nick bisher nicht nach meinem Tanzpartner gefragt hatte, denn dann wäre eh alles vorbei gewesen. Spätestens nach dem Präsentationstag unserer Tänze würde er erfahren, dass ich mit Hal in einer Gruppe war. Aber wollte ich es wirklich so weit kommen lassen? Wieso erzählst du Nick nicht einfach die Wahrheit? Das du den Packt mit Hal gebrochen hast und mit ihm in einer Gruppe bist. Dafür kannst du nichts, die Gruppen wurden schließlich ausgelost und da ihr in einer Gruppe seid, könnt ihr euch ja nicht anschweigen. Und ich faste einen Entschluss. Ich würde ihn jetzt anrufen und ihm die Wahrheit sagen. Meine Hände zitterten vor Anspannung als ich seine Nummer wählte und das Dutten ertönte.

N: ,,Ja? Alles ok, Babe? Hab ich was vergessen?"
Ich erschrak und biss mir auf die Zunge.
Ich: ,,Nein hast du nicht- äh, nun, ich wollte dir eigentlich etwas gestehen."
Es herrschte eine beunruhigende Stille am anderen Ende die mich noch nervöser machte. Ich atmete quälend langsam aus und wartete bis Nick etwas sagen würde.
N: ,,Ja, was denn? Wieso hast du es vorhin nicht getan?" Fragte er und ich hörte den leichten Vorwurf heraus. Ja weil ich ein verdammter Schisshase bin, darum nicht!
Ich: ,,Weil ich Angst hatte, dass du sauer wirst, aber es ist nunmal so und ich kann nichts dafür, dass die Gruppen so ausgelost worden sind." Ich musste mich jetzt schon mal verteidigen, man wusste ja nie was jetzt kommen würde.
N: ,,Mace, erzähl endlich einfach was los ist. Ich werde nicht sauer sein, warum sollte ich auch?"
Ich: ,,Ja also na gut. Ich bin mit Hal in einer Gruppe und wir müssen das Tanzprojekt zusammen machen." Es fühlte sich so gut an, endlich die Wahrheit zu sagen. Ich wartete gespannt auf seine Antwort die etwas länger brauchte.
N: ,,Oh, äh okay, gut. Danke das du es mir gesagt hast, wirklich das weiß ich echt zu schätzen. Du hättest es ja auch verheimlichen können, und glaub mir ich hasse böse Überraschungen. Ich weiß auch, dass du Hal nicht leiden kannst, also ist doch alles in bester Ordnung, hm?" Ich hätte nie gedacht, dass er so locker reagieren würde, aber ich konnte Hal leider sehr wohl leiden und wir waren jetzt sogar befreundet...
Ich: ,,Ja, okay also das wollte ich nur sagen." Eigentlich hatte ich ihm jetzt eine Wahrheit erzählt, aber wieder eine Lüge aufgetischt. Toll. Ich hatte also so gut wie nichts erreicht.
N: ,,Alles gut (Er lachte) dafür liebe ich dich, wirklich. Also bis dann Babe." Ich haderte mit mir. Denn ich konnte ihm einfach nicht sagen, dass ich ihn auch liebte, wenn er bald die Wahrheit erfahren würde. Die Wahrheit, dass ich es nicht tat.
Ich: ,,Nick? Oh mein Gott ich muss jetzt los, ich melde mich bald wieder. Bis dann!" Erwiderte ich gespielt panisch und küsste in den Hörer bevor ich auflegte und erleichtert ausatmete.

Puhh. Also eine Wahrheit hatte ich ihm nun gebeichtet. Fehlten nur noch mindestens vier weitere. Ich zog mir eine schwarze Leggings an, warf ein Longsleeve Shirt drüber und Hal's schwarzen Pulli -der leider nicht mehr nach ihm roch- als es plötzlich klingelte. Das musste Hal sein. In Windeseile packte ich meine Sporttasche samt Sportkleidung, frischer Unterwäsche, (falls ich duschen gehen sollte), ein Handtuch und meine Schminkutensilien ein, bevor ich zur Haustür lief an der Hal jetzt Sturm klingelte. Kurz sammelte ich mich, denn seit ich wusste wie ich für ihn fühlte, war es auch zwischen uns anders geworden. Jede noch so kleinste unbedachte Geste von ihm katapultierte mich in den Himmel. Jeder noch so unschuldige Blick seinerseits ließ mich nervös werden. Ich seufzte als das dröhnende Klingeln mich in die Realität zurückholte. Immerhin waren meine Eltern nicht da, sondern bei meinem Onkel Jerry in London, denn die hätten Hal längst den Kopf abgerissen, dafür dass er hier so eine Szene machte. Wütend riss ich die Tür auf. ,,Ich bin schon da! Kein Grund unsere arme Klingel zu missbrauchen.", schimpfte ich, doch Hal verdrehte nur genervt die Augen.
,,Du hast ganze drei Minuten gebraucht um mir die Tür zu öffnen, natürlich muss ich da Sturm klingeln!" Erwiderte er und ging vorraus zu seinem Audi. Ich beobachtete jeden seiner Schritte, sowie das schwarze Shirt mit V-Ausschnitt, dass er mit einer dunklen lockeren Jeans und weißen Vans kombiniert hatte, was ihm —wie sollte es auch anders sein — ausgezeichnet stand.
,,Pfff, drei Minuten sind garnicht's! Tu nicht so als wäre das der Weltuntergang." Meckerte ich, stieg ins Auto und schnallte mich an. ,,Drei Minuten sind sehr viel, wenn man bedenkt, dass man normalerweise höchstens fünfzehn Sekunden wartet bis einem die Tür geöffnet wird." ,,Ohhhhh! Musst du immer klugscheißern? Ich musste noch meine Sporttasche packen. Vorher ging das nicht, weil Nick noch zu Besuch war." Nachdem ich Nick's Namen erwähnte, versteifte sich Hal merklich. Die Knöchel seines Handgelenks wurden weiß, weil er das Lenkrad zu fest umklammerte.
,,Alles ok?" Dumme Frage, er hatte er mir erst vor kurzem gestanden wie er über Nick dachte, wenn er erfuhr was wir trieben. Und ich verfluchte mich dafür.
,,Nein. Alles bestens ... Ähm, wie läuft's denn so mit ihm?" Fragte er dann und ich musste kichern, weil ich wusste wie sehr er sich quälte diese Frage zu stellen. Er war die Freund-Rolle eindeutig noch nicht gewöhnt.
Es würde wohl noch eine Weile dauern bis er mit mir als Freund warm werden würde. Höchstwahrscheinlich würde ihm die ganze Sache Freundsache in ein Paar Tagen ohnehin als zu anstrengend werden und in alte Verhaltensmuster zurückfallen.
,,Oh..." Naja, eigentlich beschissen seit ich weiß, dass ich in dich verschossen bin nicht in ihn, doch das antwortete ich ihm natürlich nicht. ,,Naja, soweit ganz gut. Ich habe ihm übrigens heute gesagt, dass wir in einer Gruppe sind und-"
,,DU HAST WAS GETAN?!" Aus heiterem Himmel brüllte Hal und da er viel zu schnell fuhr geriet er beim schreien leicht ins schleudern. Kreischend hielt ich mir das Herz, denn er wäre beinahe mit einem entgegenfahrenden Auto kollidiert.
Was zum Henker war war denn bitte mit ihm los?

Badboy Next DoorWhere stories live. Discover now