Teil6

1.3K 49 0
                                    

„Jazz! ... JAZZ! Bist du bald fertig?" mein Vater klang sehr aufregt und ich versuchte mich ja schon zu beeilen, doch ich wehrte mich wohl innerlich zu sehr dagegen, meine neue potenzielle Mutter kennen zu lernen. Dazu kam das ich ständig an den gestrigen Tag denken musste und an die zufällige Begegnung mit Marco. Es machte mich immer noch wütend wenn ich an sein Verhalten dachte. Dann dachte ich jetzt würde ich ihn nicht mehr sehen, da war er auch schon im nächsten Laden in den ich ging. Ich drückte mich am Rand entlang, in der Hoffnung ich würde mich so unsichtbar machen dass er mich nicht bemerkte. Zum Glück kam es nicht zu einem weiteren Wortgefecht, denn das wäre bei einem Juwelier wirklich mehr als nur etwas peinlich. Mein Make-Up war immer noch nicht perfekt und meine Haare taten so oder so was sie wollten. Zum Glück passte das Kleid das ich bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal probiert hatte. Ich zog noch einmal etwas Farbe auf meine Lippen, strich mir eine verirrte Strähne aus der Stirn und ging dann aus dem Bad. „Ja Paps bin ja schon da" grinste ich frech als ich die Treppe runter lief und mein Vater schon ansetzten wollte für einen weiteren Brüller. „Mensch Jessica, ich dachte du wirst nie fertig. Katja kommt doch ..." er kam nicht zum fertig aussprechen, denn es klingelte an der Türe. Ich bekam noch einen strafenden Blick und ein „benimmt dich" entgegen und schon eilte er zur Tür. Ich seufzte und ließ die Schultern hängen. Es war mir absolut zu wider den so wichtigen Tag mit der Neuen meines Vaters zu verbringen. Es war sein Geburtstag! Warum musste er ausgerechnet den heutigen Tag aussuchen? Statt ihm hinterher zu gehen um direkt an der Türe das Begrüßungskomitee zu komplimentieren, ging ich in die Küche an den Kühlschrank. Mein Vater hatte dort immer eine Flasche Cognac drin und diese schnappte ich mir um einen großen Schluck daraus zu trinken. Es verzog mir alles als es im Hals brannte und ich schüttelte mich kurz im Abgang. Dann setzte ich die Flasche ein weiteres Mal an „Jessica?" die Empörung überschlug sich fast in meinem Namen, so wie es mein Vater aussprach das ich mich erschrak und anfing zu husten. „Geschieht dir recht!" ich drehte schnell die Flasche zu und stellte sie artig zurück in den Schrank. Mit zwei kurzen Schritten war mein Vater bei mir und raunte mir zu „bitte, wenn du mich liebst! Dann sei eine anständige Tochter und benimm dich! Ich will mich nicht wegen dir schämen müssen!" Er hätte mir auch eine Ohrfeige geben können, es hätte wohl genauso wehgetan. „Du brauchst dir keinen Mut ansaufen, so schlimm ist sie nicht!" mit diesen Worten ließ er mich allein zurück in der Küche und hatte überhaupt keine Ahnung wie es in mir aussah. Wir hatten immer ein sehr gutes Verhältnis und wir waren ein Team, aber diese Sache mit dem Weiberwechsel war einfach nicht mein Ding. „Kommst du?" es war keine freundliche Frage sondern ein Befehl. Ich seufzte, straffte meinen Rücken, zog den Bauch ein, hob den Kopf und stolzierte raus in den Flur. Da stand sie, die Neue! Und ich rechnete schon mit allem. Ein leichtes Lächeln ging über meine Lippen als ich an eine sauerstoffblonde Quietschmaus dachte. Doch ich wurde nicht nur leicht überrascht als ich sah was da wirklich stand. Es war keine Quietschmaus und weit entfernt von jung und knackig, geschweige denn das sie blond gewesen wäre. Sie war in etwa Mitte Vierzig, vielleicht ende Vierzig, also im Alter meines Vaters, der heute seinen 49. Geburtstag feierte. Hatte dunkle Locken die sie geschickt nach oben gesteckt hatte und so ihrem Gesicht ein frisches jugendliches Aussehen gab. Dazu trug sie eine weiße Spitzenbluse im Carmen Style und darüber eine schwarze Lederweste, geschickt kombiniert mit einer einfachen Jeans. Dazu Stiefel und wir hätten direkt zum nächsten Rodeo gekonnt. Es ärgerte mich dass sie so angezogen war. Mein Vater sprach von super schick und anständig und nicht von Jeanshose. Erst jetzt fiel mir auf das auch mein Vater nur eine Jeans an hatte, wenn auch eine schwarze und dazu weißes Hemd und Krawatte. „Ich dachte wir gehen edel aus? Ihr seht aus als würden wir zu einem Cowboyfest gehen!" ich konnte meine Zunge nicht im Zaum halten und sah meinen Vater mit voller Enttäuschung an. „Ich sagte anständig, sauber und ohne Löcher" gab er als Gegenantwort „wir gehen nur ins Vapiano", ich schnaubte hörbar durch die Nase und krampfte meine Hand um meine Handtasche. Ich drehte mich um und ging zur Treppe. „Wohin willst du Jessica?" hörte ich die Stimme meines Vaters hinter mir "nach was sieht es denn aus? Ich geh in mein Zimmer und zieh mir was anders an. Ins Vapiano zieh ich doch nicht ein Abendkleid an" ich tippte gegen meine Stirn um ihm den Vogel zu zeigen. „Nee, Jazz jetzt nicht mehr, wir haben reserviert. Du kommst jetzt!"-„Lothar, lass sie sich doch umziehen wenn sie lieber was Bequemes anziehen möchte" mischte sich Katja ein „wir haben doch noch etwas Zeit und so lange wird das doch nicht gehen oder?" mit der Frage wandte sie sich an mich und ich hätte schwören können das mein Mund offen stand. Ich hätte gerne etwas gesagt, erwidert oder sonst etwas Böses aber sie lächelte mich einfach unschlagbar aufmunternd an. Schnell rannte ich in mein Zimmer, unterwegs schon das Kleid am Ausziehen und griff direkt nach der Schranktüre als ich mein Zimmer betrat. Keine 5 Minuten später stand ich wieder im Flur und zupfte an meinen Haaren rum die sicher aussahen wie Stroh nach der an und auszieh-Aktion. „Dann können wir ja los!" lächelte Katja immer noch und streckte mir aber dann die Hand entgegen. „Ich heiße Katja, das ging nämlich jetzt ganz unter" ich sah von ihrem Gesicht auf die Hand und zurück. Sollte ich sie wirklich so freundschaftlich in mein Leben lassen? Sie war so anders als alle anderen die Paps bis jetzt anschleppte. Sie konnte wirklich die Rolle einer neuen Mutter übernehmen und das machte mir Angst. „Ich bin 23 und somit alt genug um selbst zu entscheiden was ich mache, aber danke fürs warten". Sie ließ ihre Hand sinken die ich nicht nahm und spürte den bösen Blick meines Vaters in meinem Nacken als ich an den beiden vorbei ging, die Haustüre aufmachte und zum Auto ging.

Wettlauf gegen die LiebeWhere stories live. Discover now