119 - shock

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12. Oktober 1996

Es war ein stürmischer Oktobermorgen, als der erste Ausflug nach Hogsmeade in diesem Schuljahr anstand. Ich fragte mich, ob die Ausflüge, wegen der immer strengeren Sicherheitsmassnahmen um die Schule überhaupt noch erlaubt sein würden. Die Gedanken, ob dies wirklich eine gute Entscheidung war, liessen mich nicht los, doch auch wenn es vielleicht riskant war, tat es vermutlich allen gut, für ein paar Stunden aus dem Schloss herauszukommen.

Wind und Schneeregen schlugen unaufhörlich gegen das Fenster als June und ich uns in unserem Zimmer fertig machten. Schliesslich verliessen wir, etwas später als die meisten, mit Elle das Schloss und traten hinaus in den frostigen Sturm. Die Blätter der Bäume waren bereits in herbstlichen Farben gefärbt und die Landschaft wurden immer kahler. Eiserne Kälte lag in der Luft.

Als wir Hogsmeade erreichten, verliess Draco eilig die drei Besen.  Unsere Blicke kreuzten sich. Dann wand er seinen ab. Ich schaute ihm nachdenklich hinterher. Er verhielt sich seit Beginn des Schuljahres merkwürdig und wurde immer bleicher. Ich konnte förmlich spüren, wie sehr er litt. Es tat mir weh, ihn so zu sehen, aber ich wusste nicht, was ich tun sollte. June stupste mich leicht an. "Er sieht nicht gut aus", murmelte ich. "Es gibt Dinge, die kannst du nicht beeinflussen, Faye", meinte Elle. Ich seufzte bloss.

Als wir kurz darauf die Drei Besen betraten, stiessen wir beinahe mit Professor Slughorn zusammen, der etwas angetrunken wirkte. Er legte seine Hände auf meine Schultern und musterte mich verwirrt. "Sir?" fragte ich vorsichtig. Er schien sich von seiner Starre zu lösen. "Oh, jetzt hatte ich für einen Moment das Gefühl, Lily steht vor mir", meinte er halb abwesend, sagte dann für einige Sekunden nichts weiter. Ich räusperte mich, da die Situation gerade etwas unangenehm wurde. Als er begriff ging er einen Schritt bei Seite. "Oh, tut mir leid, tut mir leid..." Ich winkte mit einer schüttelnden Kopfbewegung ab. "Miss Evans?" Ich drehte meinen Kopf nochmals zu ihm um. "Ich gebe eine Weihnachtsparty und würde mich freuen, wenn sie auch erscheinen würden." Ich nickte ihm leicht irritiert zu. "Sehr gerne, Professor." Dann wandte Slughorn seinen Blick auf June und Elle, die die Situation ebenfalls etwas unangenehm wahrzunehmen schienen. "Ihre beide Freundinnen können auch gerne kommen, wenn sie möchten." Beide nickten mit gequälten Lächeln im Gesicht. "Miss Flores, wie geht es ihren Eltern? Schon lange nicht mehr gesehen die beiden." Ich drehte mich leicht kopfschüttelnd und einem Schmunzeln auf den Lippen um und liess meinen Blick über die Leute schweifen. Ich winkte Harry zu, der mit Hermine und Ron an einem Tisch sass und an seinem Butterbier schlürfte. Avery war mit einigen seiner Freunden aus unserem Jahrgang hier und in der Ecke sassen Ginny und Dean, eng ineinander verschlungen. Katie trat gerade aus den Toiletten und ging bestimmt auf Leanne, einem Mädchen aus unserem Jahrgang zu.

Ich trat etwas weiter in den Raum, schüttelte den nassen Schnee von meinem Mantel und hielt nach einem freien Platz Ausschau. June und Elle schienen Slughorn nun ebenfalls los geworen zu sein und stellten sich neben mich. Doch bevor wir uns an einen Tisch setzen konnten, stürmte Katie wie in Trance an uns vorbei. Leanne kam eilig hinterher. "Was ist los, Leanne?" Sie drehte sich zu uns um und sah uns angsterfüllt an. "Keine Ahnung, ich weisses auch nicht! Irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Sie meinte, sie müsse unbedingt zurück ins Schloss, um jemandem etwas zu übergeben." Wir alle drei schauten sie irritiert an. Sie zuckte hilflos mit den Schulter und folgte Katie hinaus. Wir zögerten einen Moment und schauten ihnen. Einige Augen waren ebenfalls nach draussen gerichtet. Harry und Hermine standen auf und schauten uns fragend an, während Ron weiterhin sein Butterbier schlürfte. Ich machte bloss eine ungewisse Geste. "Ich denke wir sollten ihnen nach gehen", meinte June. Ich drehte mich zu ihnen um und nickte zustimmend. "Ich hab da eine böse Vorahnung", entgegnete ich kritisch.

Also streiften wir uns die Mäntel wieder über und verliessen hastig die drei Besen. Wir hatten bereits beinahe die Hälfte des Wegs zum Schloss zurückgelegt, als wir sie einholten. Leanne und Katie sind stehen geblieben und diskutierten lautstark. Erst jetzt bemerkte ich das Päckchen in Katies Hand. Leanne versuchte ihr dieses wegzunehmen. Katie riss es wieder an sich, woraufhin es auf den Boden fiel. Katie wollte es hochheben, doch dann stieg sie plötzlich in die Luft. Wir blieben alle abrupt stehen. Ein scharfer Wind peitschte ihr die Haare um den Kopf, doch ihre Augen waren geschlossen und ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos. Dann stiess sie einen fürchterlichen Schrei aus, riss die Augen auf, stürzte dann wieder auf den Boden und blieb regungslos liegen. Wir stürzten uns auf sie zu. In diesem Moment kamen Harry, Ron und Hermine hinter uns ebenfalls hinzu. June legte Leanne, die wegen dem Schock ebenfalls zu schreien begann, einen Arm um die Schulter. Elle neigte sich über Katies Gesicht, doch sie schien bewusstlos zu sein. "Wir müssen sie ins Schloss bringen", rief Hermine. Harry und Ron verstanden dies als Aufforderung und hoben sie hoch. Ich senkte mich auf die Knie und wandte dem reich verzierten silbernen Opalhalsband zu, das im Schnee lag. Ich griff nach dem Papier, in welches es eingewickelt war und hob das Halsband vorsichtig damit hoch. "Faye!", mahnte mich June. "Ich pass schon auf", murmelte ich, den Fokus auf das Schmuckstück gerichtet. Ich konnte die dunkle Magie förmlich spüren. Katie musste es berührt haben...

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt