92 - at the malfoys

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30. Juni 1995

Es war Freitagabend. Freitagabend nach einer langen Reise im Hogwartsexpress. Freitagabend in Dracos Zimmer. Ich hatte meinen Blick aus seinem Fenster, auf die weiten Felder gerichtet, die sich vor meinen Augen erstreckten, die Arme um meinen Körper geschlungen. "Was ist los Faye?" Ich drehte mich zu Draco um, der gerade im Türrahmen von seinem Zimmer erschien. "Hm?" gab ich nur gedankenversunken von mir. Er kam auf mich zu. "Du bist die ganze Zeit irgendwie abwesend." Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Was beschäftigt dich?" Ich schluckte leer, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Also zuckte ich mit den Schultern und schaute zur Seite, da sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich wollte nicht, dass er mich schon wieder weinen sah. Ich hatte es satt, immer gleich loszuheulen. Draco drehte meinen Kopf an meinen Kinn zurück zu sich. "Hey, was ist los?" Ich strich mit meinem Daumenrücken die Tränen von meinem Gesicht. "Ist alles einfach gerade ein bisschen viel, mit dem was passiert ist", versuchte ich der Antwort so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen und sie trotzdem ehrlich zu beantworten. Er schaute mich durchdringlich an. "Das ist nicht alles oder?" Ertappt löste ich meinen Blick von seinem. "Ich weiss selbst nicht, wo meine Gedanken im Moment gerade stehen", murmelte ich. "Sei ehrlich zu mir, Faye." Ich konnte ihn nicht anlügen. "Es hat etwas mit mir zu tun oder?" Ich antwortete nicht, was Antwort genug war. "Du weisst nicht, ob du mir vertrauen kannst." "Ich weiss, dass ich dir vertrauen kann, Draco. Aber-" Ich pausierte einen Moment. "Aber dein Vater- Er war da, Draco. Als-" Doch diesen Satz musste und konnte ich nicht weiter führen. "Er ist einer von ihnen." Er schien nicht überrascht. "Aber das weisst du ja vermutlich bereits." Ich atmete tief durch. "Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll, dass der Vater meines Freundes ein Todesser ist. Das ist es, was mich beschäftigt." Ich stand immer noch gleich da, die Arme vor meinem Körper verschränkt. Er stand einige Zentimeter von mir entfernt. Löste die Hand von mir und sagte nichts. Er wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, doch das erwartete ich auch nicht von ihm. Wir wussten, dass uns das Ganze früher oder später einholen würde. Nur  konnten wir nicht ahnen, dass Voldemort zurückkommen wird und diese Tatsache alles noch um einiges komplizierter machte, als es ohnehin bereits war. Dracos Familie stand auf seiner Seite, meine Familie und Freunde auf der anderen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich beide Seiten konfrontieren werden. Das Einzige, was wir hoffen können ist, dass sich alles irgendwie mit der Zeit lösen wird und wir uns nicht gegeneinander entscheiden müssen. Dass wir in unserer kleinen Welt das, was um uns passiert ausblenden können und alles so wie immer ist.

Es war still, doch unsere Gedanken waren so laut, dass ich beine hören konnte, was er dachte. Dann änderte sich etwas an seinem Gesichtsausdruck, was mich vermuten liess, dass er eine neue Überlegung in seinem Kopf hatte. "Fühlst du dich unwohl hier?" durchbrach er nach einem Moment das Schweigen. Ich lächelte fade. Es gab nichts, das er tun könnte, um die ganze Situation besser zu machen. Das wussten wir beide. Das einzige wofür er sorgen konnte, war, dass es mir im Moment gut ging. Dass ich mich wohl fühlte. Bevor ich etwas sagen konnte, sprach er weiter. "Ich will nicht, dass du dich unwohl fühlst. Du musst keine Angst haben. Aber wenn du denkst, dir könnte hier etwas passieren oder dass-" Ich legte meine Hand an seine Wange und er hörte mitten im Satz auf zu sprechen. "Nein das ist es nicht. Wirklich nicht." Er legte seine Hand auf meine. Sie war kalt. Eiskalt. "Um ehrlich zu sein. Ich war etwas besorgt, nach dem, was letzte Woche passiert ist und die Tatsache, dass dein Vater-" Ich schluckte, konnte den Satz nicht beenden. "Aber du bist hier. Und deine Mutter ist fürsorglich und liebevoll. Es geht mir gut, wirklich. Ich würde dir sagen, falls ich mich unwohl fühle." Das war die Wahrheit. Ich fühlte mich nicht unwohl hier.  Es gab vermutlich viele Orte an denen ich mich wohler fühle. An denen ich mehr aufblühe und mehr ich selbst bin. Das Malfoy Manor war einfach nicht ein Gebäude, in dem ich mich ewig aufhalten könnte. Es fehlte die Wärme, Farbe und Freude in diesem Haus. Aber ich blieb hier nur einige Tage, was durchaus auszuhalten war. Ausserdem hatte seine Mutter eine herzliche Art und ich glaube sie mochte mich. "Ich würde dich nie in Gefahr bringen Faye, das weisst du? Ich hätte dich nicht zu mir eingeladen, wenn ich nur in gewisser Weise vermuten würde, dass du hier in irgendeiner Weise in Gefahr bist." Ich nickte lächelnd, doch mein Gesichtsausdruck versteifte sich kurz darauf wieder. Ich trat etwas näher an ihn. "Ich seh nur nicht- Ich weiss nicht, wie wir das schaffen sollen. Ich seh keinen Ausweg. Keine Lösung für unser Problem. Es ist, als würde die ganze Welt gegen uns vorgehen." Er legte seine Stirn auf meine. "Ich weiss, Faye", murmelte er verzweifelt. "Ich weiss nur nicht, was ich dagegen tun kann." Ich bewegte meinen Kopf leicht horizontal. "Du kannst nichts tun. Wir können nichts dagegen tun. Wir können nur hoffen, dass uns das Ganze nicht gegen unseren Willen auseinander reisst." Draco lachte leise auf. "Falls wir auseinander gerissen werden, wird es widerwillig geschehen." Ich lächelte. "Ich weiss, dass du dich nicht gegen deine Familie stellen kannst. Aber bitte bleib einfach du selbst Draco, okay? Bitte mach einfach nichts, was du nicht für richtig hältst." Er antwortete nicht darauf, zog mich jedoch an sich und umarmte mich. Ich legte meinen Kopf auf seinen Brustkorb und wir sagten beide nichts mehr. Verharrten in dieser Position.

"Sie mag dich Faye." Ich schaute zu ihm hoch und zog fragend eine Augenbraue nach oben. "Meine Mutter. Sie mag dich wirklich." Ich lächelte und legte meinen Kopf wieder zurück.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt