29 - ginevra

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29. Mai 1993

Mittlerweile war es Ende Mai und das Schuljahr ging bereits wieder dem Ende zu. An der Situation mit meinem Vater hat sich nicht wirklich etwas geändert. Snape versuchte nicht einmal mir näher zu kommen und in jeglicher Art eine Vater-Tochter-Beziehung aufzubauen. Ich redete mir immer ein, dass es mir egal war, doch war es das wirklich? Er war schliesslich mein Vater. Die einzige Familie, die mir neben Harry noch blieb.

Auch sonst hat sich in letzter Zeit nicht wirklich viel verändert. Nach der Sache mit McCaden sind Fred und ich stark zusammen gewachsen. Er verstand mich und ich ihn, und wenn jemand Unterstützung brauchte, war der andere immer da. Manchmal redeten wir bis spät in die Nacht über jegliche Themen, manchmal brauchte einer lediglich die Nähe des anderen und wir sassen einfach nur da, ich meistens mit meinem Kopf auf Freds Schoss oder an seiner Schulter angelehnt. Ja ich gebe zu, man könnte sich denken, dass zwischen uns etwas lief, doch da war wirklich nichts und wird auch nie etwas sein. Er war einfach mein bester Freund und wusste immer genau, was ich brauchte. Ich fühlte mich bei ihm einfach wohl, als wäre er mein Bruder.

Ginny war ebenfalls wie eine kleine Schwester für mich, doch sie verhielt sich in letzter Zeit ziemlich merkwürdig. Sie vermied mich jedes Mal, wenn ich mir ihr sprechen wollte, war schon seit Wochen bleich und redete kaum. Es hat angefangen kurz nachdem Collin Creevey versteinert aufgefunden wurde. Ich muss zugeben, mich hat das Ganze auch ziemlich beunruhigt, doch sie schien es wirklich sehr zu belasten. Die ganze Sache mit der Kammer des Schreckens ist auch wirklich beängstigend. Ich hoffe immer noch, dass es irgendein dummer Streich von jemandem ist, doch die besorgten Gesichter der Lehrer lassen vermuten, dass nichts Gutes hinter den Angriffen steckt.

An einem Abend sah ich Ginny wie in Trance in Richtung Mädchenklo zu gehen und entschied mich ihr zu folgen. Das konnte so nicht weitergehen. Irgendetwas zerstörte sie von innen und ich fühlte mich verpflichtet ihr zu helfen. Schliesslich hat mich Mrs. Weasley zu Beginn des Schuljahres darum gebeten und ich habe ihr versprochen, auf Ginny zu achten. Ich rief mehrmals ihren Namen, doch sie tat nichts dergleichen. Sie war so schnell, dass ich Mühe hatte sie einzuholen, kurz bevor sie den Raum betreten konnte packte ich sie am Arm. "Ginny?" Sie drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht war bleicher als sonst und ihre Haut glitzerte wegen der dünnen Schweissschicht, die sich darauf gebildet hat. "Lass mich!" gab sie mit einem müden und ängstlichen Ton von sich. Sie löste sich so ruckartig von meiner Berührung und verschwand hinter der Tür, so dass ich einige Sekunden einfach nur irritiert da stand. Anschliessend folgte ich ihr in das Mädchenklo. "Was ist los Ginny? Du machst mir Angst." Sie wandte ihren Blick nicht von einem der Wasserhähne ab und ignorierte meine Frage. Plötzlich gab sie undeutlich irgendwelche zischende Laufte von sich, woraufhin ein mechanisches Geräusch zu hören war. Der Wasserhahn gab plötzlich eine breite Wasserleitung frei. "Ginny? Was wird das?", fragte ich sie erschüttert. "Was geht hier vor sich?" Sie antwortete nicht. Stattdessen machte sie einen Schritt auf die Wasserleitung zu. "Ginny!" schrie ich ihr hilflos zu, doch sie hörte mir nicht zu. Ich hatte das Gefühl, hörte mich gar nicht. Ich packte sie erneut am Arm und merkte, wie sie am ganzen Körper zitterte. Ich wollte sie hier nicht alleine lassen. Ich konnte nicht. Also entschied ich mich, sie nicht loszulassen und liess mich von ihr in das Rohr ziehen. Die Wasserleitung führte hinab in einen steinernen Gang tief unter der Schule. Als wir unten angekommen auf einen kalten Steinboden prallten, stiess ich mir meinen Kopf an einer Steinstatue und verlor für einen kurzen Moment das Bewusstsein. Als ich meine Augen wieder mühsam aufschlug, konnte ich Ginny nirgends mehr sehen. Ich lief den Steingang entlang bis ich am Ende des Ganges auf zwei in Stein gehauene Schlangen traf, die dahinter einen Raum freigaben. Kurz nach dem ich den Raum betrat bildete sich zwischen mir und den beiden Schlangen aus Gesteinsbrocken eine Mauer. Na toll. Jetzt gab es kein Zurück mehr.

Ich befand mich in einer hohen Halle, mit etlichen Schlangenverzierten Säulen. Und dann erstarrte ich. Am anderen Ende der Halle sah ich Ginnys kraftlosen Körper zu Füssen einer steinernen Slytherinstatue, die bis zur Decke reicht. "Ginny!" Ich stürzte auf Ginny zu. Was zur Hölle war hier los? "Ginny! Bitte!" Doch sie reagierte weder auf meine Berührungen, noch meine verzweifelten Rufe. Tränen sammelten sich in meinen Augen. "Alles wird gut werden, Ginny, okay?" Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war hilflos und verzweifelt. "Sie wird nicht aufwachen", ertönte plötzlich eine düstere Stimme hinter mir. Ich fuhr herum und starrte in die Augen eines Jungen, der um die 16 Jahre alt sein musste. Irgendetwas an seinem Erscheinungsbild liess mich stutzen. Dann fragte ich ihn verwirrt und niedergeschlagen: "Was haben sie mit ihr gemacht?" Doch ehe er seinen Mund aufmachen konnte spürte ich einen kräftigen Schlag an meinem Hinterkopf. Ich verlor mein Gleichgewicht und plötzlich wurde alles um mich herum schwarz.



Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt