34 - i don't want to be weak

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Kurz nach dem wir die Halle verlassen haben gaben meine Beine unter mir nach. "Faye!", schrie June, während sie versuchte mich auf den Beinen zu halten. "Was ist mir ihr?", hörte ich einen Augenblick später Freds Stimme und spürte, wie mir jemand unter die Arme Griff, um zu verhindern, dass ich auf den Boden prallte. "Ich weiss nicht. Wir waren vorhin beim Abendessen und plötzlich war sie kreidebleich und meinte sie müsse raus. Und jetzt hat sie schon wieder fast das Bewusstsein verloren. Soll ich einen Lehrer holen?", sagte June ziemlich aufgebracht. Vermutlich nickte Fred, denn kurz darauf hörte ich sich entfernende Schritte. "Faye schau mich an", ertönte nun wieder Freds Stimme und er hielt seine Hand an meine Wange. Ich hatte Mühe meine Augen zu öffnen. Als ich wie benommen blinzelte sah ich in Freds braune Augen, die mir besorgt entgegen starrten. Seine Nähe hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Einige Sekunden standen wir schweigend gegenüber von einander, dann durchbrach ich die Stille. "Ich will nicht, dass ein Lehrer kommt. Ich will nicht schon wieder in den Krankenflügel." Ich versuchte mich von Fred zu lösen, sackte jedoch gleich wieder zusammen. "Faye, man sieht, dass es dir noch nicht gut geht. Madam Pomfrey sollte sich vielleicht noch etwas um dich kümmern." Eine Träne kullerte über meine Wange und Fred wischte sie behutsam mit seinem Finger weg. "Bitte Fred", schluchzte ich. "Es geht mir gut." Ich wusste, dass das nicht wirklich überzeugend klang. Fred schaute mich misstrauisch an, sagte jedoch nichts. "Sie sollten auf Mr. Weasley hören Miss Evans, sonst wird es ihnen noch lange nicht besser gehen", erklang nun Professor McGonagalls Stimme.

"Vielen Dank Miss Flores, dass sie uns gerufen haben. Sie und Mr. Weasley können nun wieder in die Grosse Halle gehen. Wir werden uns um Miss Evans kümmern." Hinter McGonagall sah ich nun auch Snape, der schweigend dastand und die Situation beobachtete. Fred liess mich vorsichtig los, als Snape einen Schritt auf mich zu machte. "Ich werde Miss Evans in den Krankenflügel begleiten", sagte er mit seiner monotonen Stimme als er neben mir stand. "Ich brauche ihre Hilfe nicht", zischte ich ihm zu, wich ihm aus und lief mit wackeligen Beinen in Richtung Treppe, ohne darauf zu achten, wer mir folgte. "Miss Evans ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist", hörte ich Professor McGonagall hinter mir rufen. "Es geht ihnen nicht gut Miss Evans. Nehmen sie bitte unsere Hilfe an", sagte sie, als sie mich mit schnellen Schritten eingeholt hat. Ich griff nach dem Treppengeländer und versuchte meine Tränen wegzudrücken, jedoch ohne Erfolg. Ich atmete abgehackt und fasste mir mit meiner freien Hand an meine Stirn. Dann spürte ich eine sanfte Hand auf meinem Rücken. "Das wird schon wieder Miss Evans. Es braucht einfach ein bisschen Zeit." Ich schaute zu ihr hoch und versuchte meine Tränen wegzublinzeln. "Es geht schon. Ich kann das", schluchzte ich und wiederholte die Worte mehrmals, als müsste ich mich selbst überzeugen. "Nein können sie nicht Evans. Sehen sie sich an. Es geht Ihnen offensichtlich noch nicht gut. Sie müssen sich erholen." Snape tritt jetzt ebenfalls hervor und blieb einige Treppenabsätze unter uns stehen. Ich schüttelte kräftig den Kopf, um das, was mein Vater eben gesagt hat abzustreiten, bis ich keine Kraft mehr hatte und in mir zusammenbrach. Ich rutschte langsam dem Treppengeländer entlang auf den Boden und lehnte meinen Kopf daran an. Mein Gesicht in meinen Armen vergraben.

Ich wollte nicht schon wieder heulen. Ich wollte nicht schwach wirken. Ich wusste wirklich nicht, was die letzten Tage mit mir los war. Normalerweise war ich nicht so sensibel. Doch vielleicht war genau dieser Gedanke das Problem. Ich setzte mich unter Druck. Tat so als würde es mir gut gehen, obwohl das noch lange nicht der Fall sein würde. Ich wollte Stärke zeigen, doch tat genau das Gegenteil, in dem ich mich zu etwas zwang, zu dem ich noch nicht bereit war. Mein Vater kniete sich zu mir hinunter und legte eine Hand auf meine Schulter. "Du bist nicht schwach Faye. Im Gegenteil. Das, was du in der Kammer des Schreckens geleistet hast, zeigt, wie mächtig und stark du bist. Es hat dich nur unglaublich viel Energie gekostet und du bist mit unzähligen Verletzungen zurückgekehrt. Sogar die mächtigsten Zauberer und Hexen brauchen Zeit um sich zu erholen und zu regenerieren. Niemand ist nach so einem Vorfall von heute auf morgen wieder komplett gesund." Ich schluckte und fragte mich, ob ich meine Gedanken gerade laut ausgesprochen hatte, oder Snape in meinen Geist gesehen hat. Doch es war mir ehrlich gesagt egal. Die Worte meines Vaters berührten mich auf eine unergründliche Weise und ich hatte auf einmal wieder dieses Gefühl von Geborgenheit in seiner Nähe. Ich war ihm nicht egal. Er kümmerte sich um mich, machte sich Sorgen. Doch wieso distanzierte er sich immer wieder von mir? Wieso konnte er nicht immer so sorgsam mit mir umgehen, wie er es in diesen vereinzelten Situationen tat? Konnte er nicht damit umgehen, dass er eine Tochter hatte oder wollte er seine Gefühle nicht zeigen? Denn ich wusste, dass ich ihm etwas bedeutete, sowie meine Mutter ihm etwas bedeutet hatte.

Langsam beruhigte ich mich wieder und zog mich am Treppengeländer hoch ohne etwas zu sagen. Die besorgten und zugleich verzweifelten Blicke meiner beiden Lehrer folgten meinen Bewegungen. Unten an der Treppe standen Fred und June, die die Aufforderung von McGonagall, so wie es aussieht, missachtet haben und nicht zurück in die grosse Halle gegangen sind. "Ich würde gerne in mein Zimmer gehen. Fred und June können mich begleiten. Sie müssen sich keine Sorgen machen", sagte ich mit einer schwachen, tonlosen Stimme. McGonagall sah aus, als wollte sie etwas erwidern, entschied sich dann jedoch dagegen und nickte bloss mit dem Kopf. Snape drehte sich um und schritt ohne etwas zu sagen die unteren Stufe der Treppe hinunter. Neben Fred und June hielt er kurz an. "Falls irgendetwas sein sollte, möchte ich, dass ihr ohne zu zögern einen Lehrer ruft. Habt ihr mich verstanden?" "Ja Sir", entgegnete June, währenddem Fred mir einen fragenden Blick zuwarf. Diese Fürsorglichkeit ist wohl nicht nur mir aufgefallen. Dann wandte sich Snape wieder von ihnen ab und lief mit wehendem Umhang in Richtung grosse Halle. McGonagall warf mir noch einmal einen besorgten Blick zu und folgte Snape, nachdem ich ihr mit einem Lächeln versicherte, dass sie mich ruhig mit Fred und June alleine lassen kann.

Fred griff mich am Arm und wir liefen zu zweit die Treppenstufen zum Gryffindorturm hoch. June ging noch einmal zurück in die grosse Halle, um etwas zu essen mit nach oben zu nehmen. Als wir vor dem Portrait der fetten Dame angekommen sind, atmete ich einmal tief durch. "Es tut mir leid", sagte ich mit einer zittrigen Stimme. "Was tut dir leid?", fragte Fred, währenddem er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. "Das alles... Dass ich euch so viele Umstände bereite." "Hey Faye, hör auf damit. Du hast versucht meine Schwester zu retten. Es tut mir leid, dass es dir deswegen so mies geht. Da sind alle Umstände, die du mir deiner Meinung nach bereitest nicht der Rede wert." Ich antworte ihm nicht. Stattdessen schossen mir wieder Tränen in die Augen. Fred zog mich an sich und strich mir behutsam über die Haare, währenddem ich meinen Kopf gegen seinen Brustkorb drückte. Das erste Mal schämte ich mich nicht dafür, dass ich weinte. In Freds Anwesenheit fühlte ich mich geborgen und er hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Das erste Mal fühlte ich mich stärker als zuvor. Endlich konnte ich alle meine Emotionen rauslassen, ohne darüber nachzudenken, dass es vielleicht schwach wirken könnte. Endlich löste sich der Druck in mir, der sich in den letzten Tagen angesammelt hat. "Danke", flüsterte ich, nachdem wir für einige Minuten schweigend in der Umarmung dagestanden haben. "Dafür hat man doch beste Freunde", sagte er daraufhin und hob mein Kinn mit seiner Hand an. "Das wird schon wieder. Vertrau mir", war das Letzte, was er sagte, bevor wir durch das Portraitloch in den Gemeinschaftsraum traten.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt