94 - headquarters

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2. August 1995

Die ersten Wochen der Ferien sind wie immer viel zu schnell vergangen. Es war schön zu Hause, bei meiner Familie. Vor allem dieses Jahr tat es mir mehr als nur gut, alle wieder zu sehen und Normalität in meinen Alltag zurück zu bringen. Hier fühlte sich alles so unbeschwert und sorglos an. Bis ich heute Abend einen Brief von Harry erhielt, der mich wieder daran erinnerte, was im Moment in der Zaubererwelt abging.

Faye, ich hoffe es geht dir gut.

Ich bin gerade von Dementoren angegriffen worden und werde vielleicht von Hogwarts verwiesen. Niemand will mir sagen, was hier vor sich geht. Hast du irgendetwas davon mitbekommen?

Pass auf dich auf!

- Harry

Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was der erste Satz bedeutete. Doch verstehen tat ich ihn dennoch nicht wirklich. Wieso um alles in der Welt waren Dementoren in Little Whinging und griffen Harry an? Wieso sollte er von der Schule verwiesen werden. Ich setzte mich direkt an den Schreibtisch und schrieb ihm eine Antwort.

Tut mir leid, ich weiss von nichts. Die können dich nicht einfach von Hogwarts verweisen, was ist passiert?

Pass du auf dich auf!

- Faye

3. August 1995

In der Nacht schlief ich ziemlich unruhig. Ich wusste nicht, was ich tun konnte, um Harry zu helfen. Jemanden informieren musste ich ziemlich sicher nicht, da vermutlich schon alle Bescheid wussten, falls Harry wirklich von der Schule verwiesen werden würde. Mein Grübeln hatte jedoch ein Ende, als Remus am späten Nachmittag plötzlich in meiner Zimmertür erschien.

Liz schaute mich irritiert an. Ich legte mein Buch weg, setzte mich an den Bettrand und lächelte ihm fragend entgegen. "Schön dich zu sehen Faye". Er lehnte an den Türrahmen und erwiderte mein Lächeln. Doch es lag etwas Angespanntes in seiner Stimme. Mein Lächeln schwand. "Ist etwas?" Er schüttelte leicht den Kopf, stiess sich vom Türrahmen ab, sagte jedoch nichts. "Harry hat mir geschrieben", teilte ich Remus mit, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich bereits etwas wusste. Er seufzte. "Er wurde gestern von zwei Dementoren angegriffen und wir wissen noch nicht, wer sie auf ihn angesetzt hat, und ob sie es auch auf dich abgesehen haben. Um niemanden in Gefahr zu bringen, ist es besser, wenn du nicht länger hier bleibst." Ich nickte langsam den Kopf. "Gehts Harry gut?" Auch er nickte. "Wir werden ihn ebenfalls in ein paar Tagen abholen." Einen Moment sagte niemand etwas. "Wieso soll er von der Schule verwiesen werden?" fragte ich daraufhin. "Weil er minderjährig ist und ausserhalb der Schule einen Patronus heraufbeschworen hat. Aber Dumbledore wird dafür sorgen, dass das nicht geschieht." Ungläubig starrte ich ihn an. "Das war doch bloss zu seinem Schutz. Was hätte er denn sonst tun sollen?!" Er zuckte ebenfalls frustriert mit den Schultern. "Es wird sich alles klären Faye, aber nun pack deine Sachen, wir sollten langsam gehen." Daraufhin lächelte er mir zuversichtlich zu, drehte sich um und bewegte sich auf die Treppen zu, die in das untere Geschoss führte. Ich wandte meinen Blick Liz zu, die mich betrübt anschaute. "Ich werde dieses Jahr über Weihnachten nach Hause kommen", sagte ich ihr aufmunternd zu. Ich setzte mich neben sie auf ihr Bett und nahm sie in den Arm. "Passt auf dich auf, Faye", sagte sie besorgt.

-

"Wohin gehen wir? Zum Fuchsbau?" fragte ich Lupin als wir das Waisenhaus hinter uns liessen. "Nein, nicht zum Fuchsbau. Zu riskant. Wir haben das Hauptquartier an einen unaufspürbaren Ort verlegt." Hauptquartier? Ich schaute ihn stirnrunzelnd an, fragte jedoch nicht nach. Wir gingen schweigend weiter. Irgendwann blieb er stehen. "Wir werden dir alles erklären, aber nicht hier. Ebenfalls zu riskant." Er lächelte mir vielversprechend zu. Dann war ein dumpfes Geräusch auf dem Gras zu hören und sein Lächeln verschwand. Er drehte sich um, griff reflexartig nach seinem Zauberstab und schaute aufmerksam umher. Aus dem Nichts tauchte ein roter Lichtstrahl auf und kurz darauf wurde ich mit einer enormen Wucht nach hinten geschleudert. Ich prallte seitlich auf etwas hartes und mein Körper zog sich vor Schmerz zusammen. „Faye!" hörte ich Remus abgetönt rufen. Dann spürte ich eine Hand, die nach meinem Arm griff und als nächstes wurde ich von Dunkelheit umhüllt.

„Faye", erklang kurz darauf die Stimme meines Patens erneut. Ich stöhnte auf. Mein Kopf pochte und mein Brustkorb schmerzte höllisch. Irgendetwas warmes lief von meiner Stirn über eine Wange. Kurz darauf nahm ich den Geschmack von Blut in meinem Mund wahr. Ich blinzelte und versuchte mich irgendwie aufzurichten. „Nicht bewegen", meinte Remus, der sich über mich bückte und mich dann vorsichtig hoch hob. Mir war schlecht vor Schmerz und ich konnte nicht klar denken. Was bei Merlins Bart ist eben passiert? Wer war das? Wie haben sie mich gefunden? Was ist mit Anne und den anderen? Ich versuchte etwas zu sagen, brachte aber kein Wort aus meinem Mund. So viele Fragen in meinem Kopf, die ich nicht aussprechen konnte. „Sie sind in Sicherheit. Es kann ihnen nichts passieren", reagierte Remus, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Wer-„, begann ich, konnte den Satz aber nicht beenden, da mein Körper wieder vor Schmerz zusammenzuckte. „Ich weiss es nicht. Todesser vermutlich. Mach dir keine Sorgen. Du wirst versorgt werden. Einige deiner Rippen sind gebrochen und du verlierst Blut." Ich nickte langsam mit dem Kopf und hoffte nur, die Schmerzen würden bald verschwinden. Kurz darauf hörte ich, wie sich eine Tür knarrend öffnete. "Bei Merlins Bart, Faye", hörte ich Mrs Weasleys besorgte Stimme und spürte daraufhin eine warme Hand an meiner Wange. "Ist Severus hier?" Lupin trug mich weiter in das Haus hinein. "Was ist passiert", erklang die sich annähernde Stimme meines Vaters, ohne, dass Mrs Weasley Lupin antworten konnte. Was machte mein Vater hier? Seit er mich vom Malfoy Manor nach Hause gebracht hatte, habe ich nichts mehr von ihm gehört. "Wir wurden angegriffen, kurz bevor wir disappariert sind", antwortete Lupin. "Woher wussten sie-" Doch mein Vater wurde von Lupin unterbrochen. "Das weisst du vermutlich besser als wir", entgegnete er verärgert und legte mich auf einem Sofa nieder. "Ich würde niemals-" Die Stimme meines Vater war monoton, wie immer, klang jedoch angegriffen. "Das könnt ihr später ausmachen, Faye muss versorgt werden." Ich atmete dankbar aus, denn der Schmerz an meinem Brustkorb nahm nicht wirklich ab und ich fror am ganzen Körper. "Faye, hörst du mich?", erklang erneut Mrs Weasleys Stimme. Ich nickte langsam und blinzelte. Im Hintergrund erkannte ich Lupin und meinen Vater stehen. Mrs Weasley bückte sich über mich, schaute mich besorgt an und legte eine Hand an meine Stirn. "Sie hat Fieber. Wir müssen etwas gegen die Entzündung machen", fuhr sie fort. Daraufhin drehte sich mein Vater abrupt um und verschwand aus dem Raum.

Dann waren Schritte zu hören. "Faye!" Ertönte Hermines Stimme. "Geht es ihr gut?" "Mom, was ist passiert?" War nun Fred zu hören. "Wird schon wieder." Molly machte eine Pause und drehte ihren Kopf zu meinem Vater, als dieser mit zwei Fläschchen in der Hand wieder hervortrat. "Geht nach oben, bis wir uns um sie gekümmert haben. Sie braucht Ruhe." Daraufhin trat sie einige Schritte zurück und deutete ihnen an, das Zimmer zu verlassen. Stattdessen beugte sich mein Vater über mich und schaute mich mit einer Sorgenfalte auf der Stirn an. Ich erwiderte seinen Blick, schweratmend vor Schmerz. "Meine Rippen", keuchte ich schmerzerfüllt. Dann schob er mein Shirt etwas nach oben, um die Verletzung zu begutachten. "Achtung, das wird kurz weh tun." Mrs Weasley griff nach meiner Hand. "Episkey", sagte er und ein grausamer Schmerz zog durch meinen Brustkorb, liess aber allmählich wieder nach. Er führte eine kleine Phiole an meine Lippen. "Gegen den Schmerz und hemmt die Entzündung." Ich schluckte den Trank und verzog das Gesicht, aufgrund des bitteren Geschmackes, spürte jedoch gleich, dass der Schmerz etwas nachliess. Ein weiteres Fläschchen drückte er Mrs Weasley in die Hand. "Das ist zur Desinfektion und beschleunigt die Wundheilung, wenn du dich darum kümmern könntest." Sie nickte. Ich griff reflexartig nach seiner Hand und er hielt inne. "Wo warst du?" versuchte ich ihn in meinen Gedanken zu fragen. Doch er gab mir keine Antwort, schaute mich mit einem schmerzenden Gesichtsausdruck an, zog seine Hand weg und verliess das Zimmer. Eine leise Träne kullerte aus meinem Augenwinkel. Ich wollte nicht, dass er ging. Ich wollte nicht, dass er mich schon wieder alleine liess, ohne zu wissen, wo er war. Auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt wissen wollte, wo und mit wem er sich aufhielt.


Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt