58 - the arrogant slytherin boy kissed me

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19. Mai 1994

Mein Kopf dröhnte, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Ich blinzelte und grelles Tageslicht strömte in meine Augen. Ich grummelte und drückte meinen Kopf in das Kissen. Dann stiess ich mich ab und setzte mich an die Bettkante. Für einen kurzen Moment drehte sich alles. Ich stütze meine Ellbogen auf meinen Knien ab und hielt mein Gesicht in beiden Händen. In dem Moment öffnete sich die Badezimmertür. "Oh, je", hörte ich June nur bemitleidend sagen. "Ich glaube ich muss mich übergeben", jammerte ich. "Würde mich nicht verwundern.." Ich stöhnte. "Danke, keine Hilfe." June hielt mir ein Glas Wasser hin. "Es würde dir vermutlich danach besser gehen." Ich griff nach dem Glas, verzog das Gesicht, doch wusste, dass sie nicht Unrecht hatte.

Gefühlt Stunden später kam ich wieder aus dem Bad. Habe mich kalt geduscht, frisch gemacht und ungefähr zehn Mal die Zähne geputzt. Ich fühlte mich schon um einiges Besser. Einzig der Kopf pochte noch ein wenig, aber ansonsten spürte ich nicht mehr viel vom Alkohol. Meine Haare steckte ich mit einer Haarklammer hoch. Ich zog einen schwarzen Minirock und ein creme-farbenes Top an. Dazu goldene Creolen, die Halskette von meiner Mutter und die Armkette von Anne. Als ich die Mascara absetzte und mich fertig geschminkt habe, betrachtete ich mich im Spiegel. Ich sah deutlich besser aus und fühlte mich wieder lebendig. Dann schlüpfte ich in meine schwarzen Chucks, schluckte eine Kopfweh-Tablette, die mir June hingelegt hat und verliess das Zimmer.

Ich wollte raus, frische Luft schnappen, spazieren gehen und den Kopf durchlüften. Keine Ahnung, wieso ich plötzlich vor den Treppen stand, die zum Astronomieturm hoch führten. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkte, wo ich hinlief, beziehungsweise, wo mich mein Unterbewusstsein hinführte. Ich trat die Stufen hoch und als ich oben ankam, war ich enttäuscht, dass niemand da war. Was hatte ich erwartet? Dass Draco da oben stand und was? Ich wollte nicht einmal mit ihm reden. Er hat mich echt verletzt, doch trotzdem hoffte ich ihn zu sehen? Was war bloss los mit mir?

Ich bewegte mich zum Geländer, stütze mich darauf ab und starrte in die Ferne. Für einen kurzen Moment blendete ich alles aus. Wieder einmal mehr fiel mir auf, wie schön es hier eigentlich war. Es war ein angenehmer Sommernachmittag. Die Vögel zwitscherten und es lag pure Lebensfreude in der Luft. Ich setzte mich, lehnte an die Steinmauer und genoss die Sonnenstrahlen, die mir ins Gesicht schienen und den wunderschönen Ausblick, der sich von hier oben ergab. Ich sass gefühlt Stunden da, ordnete meine Gedanken und tankte Energie auf. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie sehr ich das eigentlich nötig hatte.

Die Sonne stand schon ziemlich tief am Himmel, als ich wieder aufstand. Ich wollte gerade gehen, als sich jemand neben mich stellte. Ohne meinen Blick von der Aussicht abzuwenden, wusste ich, wer da stand. "Was willst du?" fragte ich leise. "Mit dir reden." Dracos Stimme klang anders als sonst. Irgendwie weich. "Ich will nicht reden, Draco", sagte ich betrübt, noch immer ohne ihn anzuschauen. "Komm schon, Faye." Er legte seine Hand auf meinen Arm. Ich zuckte zusammen und zog ihn reflexartig weg. Dann starrte ich ihm mit funkelnden Augen entgegen. "WAS? Was willst du sagen?" Ich war wütend und immer noch verletzt, von seinen Worten. "Es tut dir leid, du hast es nicht so gemeint? Du hast mich verletzt, Draco und mir deutlich gemacht, dass ich eigentlich genau das bin, was du verabscheust. Eine verzogene Gryffindor Schlampe. Ja, vielleicht wurdest du von deinen Emotionen überwältigt, aber tief in dir, ist es doch genau das, was du über mich denkst. Sonst hättest du es nicht gesagt. Ich bin eine verzogene Gryffindor Schlampe und war so dumm Gefühle für einen arroganten Slytherin Jungen zu entwickeln. Die Aussage, die so lange zwischen uns in der Luft lag, aber nie jemand von uns ausgesprochen hat." Ich schluckte und wand den Blick wieder von Draco ab. Tränen sammelten sich in meinen Augen.

"Faye..." Draco griff nach meiner Wange, doch ich entfernte sie gleich wieder von meinem Gesicht und hielt sie einige Zentimeter davon entfernt weiterhin fest. "Lass mich bitte", sagte ich verletzt. Dann liess ich seine Hand los und schaute wieder von ihm weg «Faye! Hör mir zu.» Diesmal griff er nach meinem Arm und drehte mich schwungvoll zu sich um. Für einen Moment war ich nur auf Dracos Berührung konzentriert, die auf meinem Arm ungewollt ein Kribbeln hinterliess. Ich hob langsam meinen Blick von seinem Griff und blieb an seinen eiskalten Augen hängen. Wieso hatte er nur diesen Auswirkung auf mich? Ich erwiderte betroffen seinen Blick.

«Ich hab Mist gebaut, okay? Ich hab das gesagt, aus Eifersucht und vielleicht auch etwas aus falschem Stolz. Aber du muss mir glauben, Faye, ich hab das nicht so gemeint. Ja, du bist eine Gryffindor und ich wollte es nicht wahrhaben. Ich habe versucht, meine Gefühle für dich zu verdrängen. Ich habs wirklich versucht, aber es geht nicht. Ich kann dich nicht einfach ignorieren.» Ich biss die Zähne aufeinander. Er hat versucht seine Gefühle für mich zu verdrängen, weil ich eine  Gryffindor bin. Auch wenn mir das bereits bewusst war, tat es trotzdem weh, es so direkt aus seinem Mund zu hören. «Siehst du?» sagte ich mit einer zitternden Stimme. «Das ist das Problem. Du streitest gar nicht ab, dass nicht nicht deinen 'Ansprüchen' entspreche.» Er wollte etwas sagen, doch ich liess ihn nicht zu Wort kommen. «Nein, Draco... Ich weiss, dass ich nicht gut genug für dich und deine Familie bin. Ich kann nicht ändern wer ich bin und was für einen Hintergrund ich habe. Draco du bist mir aus dem Weg gegangen und hast versucht deine Gefühle für mich zu verdrängen, auf Grund dessen, wer ich bin. Das ist nunmal so.» Ich war kurz vor dem Weinen. Diese Konfrontation wühlte mich ziemlich auf.

Nun war es Draco, der seinen Blick von mir abwandte. Seine Augen funkelten. «Du warst doch diejenige, die mir zuerst aus dem Weg gegangen ist», sagte er mit seiner schnippischen, rechtfertigenden Art. Ich lachte erstickt auf und starrte ihn ungläubig an. «War ich das? Wirklich? Wie oft hast du dich mir gegenüber komisch und abweisend verhalten, wenn ich in deiner Nähe war? Als hätte ich dir irgendetwas angetan. » Ich zeigte mit meinem Finger erzürnt auf Dracos Brust. «Du hast dich von mir distanziert, noch bevor ich mir überhaupt selbst im Klaren über meine Gefühle war. Und auch wenn ich diejenige war, die es ausgesprochen hat und mich deiner Meinung nach zuerst von dir abgewandt habe, wieso habe ich das wohl getan Draco? Weil ich genau davor Angst hatte. Vor deiner Reaktion, deinen Gefühlen und Gedanken. Du und deine Familie, ihr würdet mich doch nie akzeptieren können. Ich hatte Angst davor, zu viele Gefühle für jemanden zu entwickeln, der mir später nur das Herz brechen würde, weil ich nicht gut genug für seine Familie bin.» Ich schaute ihn verletzt an, doch er sagte nichts, blickte nur nervös und sprachlos zwischen meinen Augen hin und her. Ich nickte langsam und nahm das als Bestätigung dafür auf, was ich ihm gegenüber eben gerade gesagt habe. Dann löste ich mich von seinem Griff, mit dem er mich noch immer an meinem Oberarm festhielt. Ich schluckte leer, wand mich von ihm ab und lief von ihm weg. «Faye...», sagte er verlegen, doch ich ignorierte ihn. Ich hörte, wie er mir nachlief, hielt aber nicht an. Vermutlich war er jetzt direkt hinter mir, denn seine Stimme klang nun kräftiger. «Faye!» sagte er nochmals, packt meinen Arm. Er zog mich zurück und drehte mich schwungvoll zu sich um, so dass ich gegen ihn stiess. Perplex starrte ich Draco in die Augen. Wir standen uns so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Stirn spürte. Er roch nach grünen Äpfeln und Pfefferminze.

Einige Sekunden standen wir einfach so da, ohne dass jemand etwas sagte. Ich blickte zwischen seinen Augen und seinen Lippen hin und her. Was machte er nur mit mir? Noch nie spürte ich zu jemandem eine so intensive Anziehung. Und wieso sah er nur so gut aus?

Und dann nahm er mein Gesicht in seine Hände und küsste mich. Draco Malfoy küsste mich. Zuerst war ich zu überrascht, um mich zu bewegen, doch dann legte ich meine Hände auf seinen muskulösen Oberkörper und erwiderte den Kuss. Und es fühlte sich so gut an. Um uns herum blieb alles stehen. Wind wehte durch meine Haare und Vögel zwitscherten in der Luft. Es fühlte sich an wie in einem Film. Als ich realisierte, was gerade geschah, löste ich mich wieder langsam von ihm und wand meinen Blick betrübt von ihm ab. Daraufhin drehte er meinen Kopf an meinem Kinn wieder zu sich, wischte eine Träne von meiner Wange und legte seine Stirn auf meine. «Es ist egal, Faye», wisperte er überzeugt. «Wie stellst du dir das vor?» fragte ich flüsternd und mit gebrochener Stimme zurück. Jetzt löste er sich ein wenig von mir und schaute nervös weg. «Keine Ahnung. Ich weiss es doch auch nicht... Es muss niemand davon wissen. Solange niemand davon weiss, kann nicht über uns geurteilt werden.» Ich seufzte. «Das wird nicht lange funktionieren.» Draco fasste meinen Blick wieder auf. «Ich weiss. Aber irgendwie werden wir das schon hinkriegen.» Ich weiss nicht, ob das die Antwort war, auf die ich gehofft habe, doch aus irgendeinem Grund breitete sich etwas Erleichterung in mir aus. Dieses Gespräch war längst überfällig und auch wenn noch lange nicht alles geklärt war und ich mir etwas mehr Klarheit gewünscht hätte, tat es gut, darüber gesprochen zu haben. «Okay», sagte ich leise mit einem müden Lächeln auf den Lippen. Daraufhin zog Draco mich an sich und ich legte den Kopf auf seine Brust. Er strich mir durch die Haare, während dem ich beobachtete, wie sich die Wolken am Himmel langsam rosa färbten.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt