110 - crucio

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27. Juni 1996

Es war Donnerstagmorgen. Für die meisten 5. Klässler der letzte ZAG-Prüfungstag. "Viel Glück", murmelte ich im Halbschlaf, als Draco früh in die grosse Halle aufbrach. Kurz bevor er sein Zimmer verliess, gab er mir einen Kuss auf die Stirn. Ich legte meine Hand an seinen Nacken und küsste ihn auf die Lippen. Dann liess ich mich zurück ins Kissen sinken und schloss die Augen, als Draco die Tür hinter sich zu zog. Die Lektionen in Verwandlung heute morgen fallen aus, da Professor McGonagall gestern Abend anscheinend ernst verletzt wurde. Also entschied ich mich noch etwas weiter zu dösen.

Etwa eine Stunde später machte ich mich dann ebenfalls fertig, verliess den Slytherin Gemeinschaftsraum und machte mich auf den Weg in das Arithmantik-Klassenzimmer im siebten Stock. Doch einige Schritte bevor ich den Treppenaufgang erreichte presste jemand eine Hand auf meinen Mund und ich wurde hinter eine Mauer gezogen. Ohne mich wehren zu können, spürte ich, wie mich ein Zauber traf. Alles um mich herum wurde schwarz und ich verlor das Bewusstsein.

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Ich blinzelte. Mein Kopf schmerzte leicht. Meine Sicht war verschwommen. Ich befand mich in einem dunklen kühlen Raum, mitten auf dem Boden. Ich richtete mich langsam auf und schaute um mich herum. Allmählich wurden die Linien klarer und die düsteren Farben, die ich wahrnahm, ergaben ein einheitliches Bild. Vor mir ein langer Flur. Links und Rechts davon etwa hunderte Regalreihen auf denen unterschiedlich schimmernde Kristallkugeln gelagert waren. Gerade als ich aufstehen wollte, ertönte eine Frauenstimme neben mir. "Na sieh mal einer an..." Ich blickte zu meiner Linken und starrte in das Gesicht einer Frau mit dicht gelocktem dunklen Haar und schwarzen Augen. Sie kniete sich zu mir hinunter und drehte mein Gesicht an meinem Kinn, um es von allen Seiten zu begutachten. "Unsere Prinzessin ist aus ihrem Schönheitsschlaf erwacht." Grob liess sie mich los, stand wieder auf und ging einige Schritte zurück. Ich rutschte etwas nach hinten und rappelte mich auf. "Wurde aber auch Zeit." Hinter ihr stand Lucius Malfoy, der nun einen Schritt auf mich zu kam, worauf hin ich mich rückwärts bewegte. "Was wird das?" Er bewegte sich weiter auf mich zu und ich entwich ihm, bis ich gegen einen kräftigen Oberkörper stiess. Ich drehte mich um und blickte auf eine Gestalt mit schwarzer Maske und schwarzem Umhang. Ich tastete nach meinem Zauberstab, doch dieser war wie zu erwarten nicht mehr in meinem Besitz. Dracos Vater lachte erstickt auf. "Oh Kind, du bist wirklich so naiv..." Langsam drehte ich mich wieder zu ihm um. Um uns herum nahm ich weitere Todesser war, die uns von allen Richtungen umkreisten. "Was wollen sie von mir?" Ich funkelte ihm entgegen. Doch er antwortete mir nicht, kam stattdessen noch etwas auf mich zu. Er stand mir nun so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Stirn spüren konnte. Ich schloss die Augen und hielt den Atem an. Mit seinem Zauberstab strich er eine lose Strähne aus meinem Gesicht. "Weisst du, Faye. Vielleicht kannst du dich doch noch als nützlich erweisen", flüsterte er in mein Ohr. Ich drehte meinen Kopf von ihm weg.

Dann liess er wieder von mir ab. "Wie sich herausstellt, ist Potter nicht der einzige Auserwählte. Potters geheime Schwester scheint ebenfalls eine Prophezeiung mit dem dunklen Lord zu besitzen." Mein Herz blieb stehen. 'Wenn der dunkle Lord von der Prophezeiung erfährt, wird er alles dafür tun, dich auf die dunkle Seite zu ziehen, Faye. Er darf niemals davon erfahren', hörte ich die Stimme meines Vaters in meinen Erinnerungen hallen. Ich nahm mich zusammen. "Ich weiss nicht wovon sie reden." Er grinste, drehte sich auf die Seite und blickte auf zwei Kristallkugeln, die im gleich schimmernden Licht hell leuchteten. Dann nahm er ein Schild, das vor einer der beiden Kugeln aufgestellt war in die Hand. "Faye Lily Evans und der Dunkle Lord" Ich schluckte. Meine Hände begannen zu zittern. "Direkt neben der Prophezeiung von Harry Potter, wenn das mal kein Zufall ist." Der Todesser hinter mir stiess mich in seine Richtung. Ich versuchte mich dagegen zu stemmen, hatte jedoch keine Chance. Lucius Malfoy zog mich mit seinem Gehstock an sich und ich blieb vor der leuchtenden Kristallkugel stehen. "Nimm sie vom Regal, Liebes." Ich schüttelte den Kopf, wollte mich gegen ihn wehren, doch dann, wie fremdgesteuert griff ich nach der Kugel und umschloss sie mit meiner Hand. Sie war warm, als hätte sie ewig in der Sonne gelegen. "Sehr gut, nun gib sie mir." Er strecke mir seine Hand entgegen. Erneut schüttelte ich den Kopf, biss die Lippen aufeinander und zog die Kugel von ihm weg. Malfoy seufzte und schaute über seine Schulter. "Bella..." Bellatrix Lestrange trat mit einem listigen Grinsen aus der Dunkelheit hervor. "Crucio", flüsterte sie gehässig. Ein roter Lichtblitz kam auf mich zu und fürchterliche Schmerzen zogen durch meinen Körper. Meine Muskeln verkrampfte. Ich krümmte mich und konnte keine klaren Gedanken mehr fassten. Einen Moment lang konnte ich dagegen ankämpfen, in dem ich meinen Geist schloss. Hatte jedoch irgendwann nicht mehr genügend Energie dazu. Ich stürzte auf meine Knie. Es fühlte sich an, als würden meine Knochenbrechen und Gliedmassen zerrissen werden. Fest verkrampft hielt ich die Prophezeiung in der Hand. Dann hörte der Schmerz abrupt auf. Schweratmend und schweiss gebadet lag ich energielos auf dem Boden. Ich hielt die Augen auf und sah wie Lucius Malfoy die Hand angehoben hat. Bellatrix schaute ihn trotzig an. "Wir wollen ja nicht, dass unsere kleine Prinzessin den Verstand verliert", meinte er und blickte dann wieder zu mir. "Nun Faye, gib sie mir", sagte er an mich gerichtet. "Niemals", brach ich mühsam hervor, woraufhin er Bellatrix schulterzuckend ein Zeichen gab und diese mich erneut begann zu foltern. Nur waren diesmal die Schmerzen noch verzehrender. Ich schrie auf und die Prophezeiung fiel mir aus der Hand. "Nein!", schluchzte ich flüsternd. Lucius Malfoy bückte sich und nahm sie in die Hand. Bellatrix hatte den Zauberstab weiterhin auf mich gerichtet. Ich windete mich unter grausamen Schmerzen auf dem Boden. "Aufhören, Bitte..." ächzte ich. "Es reicht", meinte Malfoy und die Höllenqualen hörten endlich auf. Festatmend versuchte ich mich zu beruhigen. War wie benommen. Beinahe leblos lag ich da und hatte mein Gesicht in den kalten Steinboden gepresst. Malfoy kniete sich zu mir nieder und drehte mein Kinn zu sich. Ich zuckte zurück. "Wusste er davon?" flüsterte ich gebrochen. "Draco- Weiss er, was hier gerade passiert?" Meine Stimme zitterte, eine Träne kullerte aus meinem Augenwinkel. Malfoy bewegte seinen Kopf langsam von links nach rechts und eine klitzekleine Erleichterung machte sich in mir breit.

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"Sie sind hier, Lucius", flüsterte einer der Todesser mit einer tiefen Stimme. Irritiert blickte ich zu ihm. Er zog mich an meinem Kragen hoch und drängte mich zurück in die Dunkelheit. Meine Beine konnten mich kaum tragen. Dann hörte ich leise Stimmen von da her kommen, wo wir eben noch gestanden haben. "Harry, da steht dein Name drauf." Hörte ich Rons Stimme. "Nicht, Harry", meinte Hermine. Ich wollte sie warnen. Ihnen klar machen, dass das eine Falle war, doch kein einziges Wort verliess meinen Mund. Niedergeschlagen liess ich mich sinken, wurde aber gleich wieder hoch gezogen und dann in die Arme eines anderen Todessers gedrückt. Lucius Malfoy schritt, dicht gefolgt von Bellatrix, in Harrys Richtung. "Sehr gut, Potter. Jetzt dreh dich um, hübsch langsam, und gib sie mir", sprach er mit gedehnter Stimme. "Jetzt gib mir die Prophezeiung, Potter", wiederholte er. "Wo ist sie?" Auf Malfoys Anweisung hin traten wir aus der Dunkelheit. Der Todesser hatte seinen Zauberstab bedrohend auf mich gerichtet. Schwach hängte ich in seinen Armen. "Deine Schwester wurde eben schon zwei Mal dem Cruciatus-Fluch ausgesetzt. Ich weiss nicht, ob sie ein drittes Mal überleben würde. Ganz bestimmt wird es ihr den Verstand kosten. Also gib mir die Prophezeiung, Potter." Harry sah mich besorgt an. Langsam schüttelte ich den Kopf um Harry zu verstehen zu geben, dass er die Prophezeiung auf keinen Fall aus der Hand geben sollte. "Na gut, wie du willst, Potter." Ich wurde auf den Boden gedrückt und abermals durchfuhren mich qualvolle Scherzen. Ginny keuchte entsetzt auf. Ich krümmte mich. "Nicht Harry, gib sie ihm nicht", keuchte ich schweratmend. Daraufhin wurden die Schmerzen intensiver. Doch dann spürte ich eine innere Ruhe. Eine Ruhe, die mich den Schmerz vergessen liess. Ich versuchte erneut meinen Geist zu verschliessen und es gelang mir. Ich atmete langsamer, beruhigter. Ich schlug die Augen auf und schaute direkt in Harrys, der mir besorgt entgegen blickte. Um mich herum bildeten sich heftige Windstösse. Ich nickte Harry auffordernd zu. Kurz darauf rief er "JETZT!" und hinter ihm brüllten verschiedene Stimmen "REDUCTIO!" Die Flüche schossen in verschiedene Richtungen und die Glaskugeln in den Regalen über uns zersplitterten. "LAUFT!" schrie Harry während alle Todesser verwundert umher schauten. Er griff unter meine Arme und zog mich mit sich.

Faye Lily Evans - The Girl Who LovedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt