Die Familie ist gewachsen

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Marie sah mich und Shay für einen Moment seltsam an und dann fiel es mir wieder ein. Sie kannte uns ja nur aus der anderen Welt, in welcher wir nicht unbedingt die Freundlichsten gewesen waren. Ich hoffte, sie würde diese Assoziation nicht zu stark haben, ich wusste nämlich von meiner Verlobten, dass sie große Probleme damit hatte, während sie drüben war!

Während dieser ganzen Umarmungs- und Vorstellungsrunde hatte Alex nicht ein einziges Wort gesagt. Es sah aus, als wäre sie nicht anwesend, ihr Blick war leer und ihre Gesten waren fahrig.

Ich befürchtete, sie würde gleich in Ohnmacht fallen, weil auch ihr Gesicht immer mehr an Farbe verlor. Ihr Mentor stand vor ihr und sie fragte, was das hier werden solle! In einem Ton, der völliges Unverständnis vermittelte!

Er nahm ihren linken Ringfinger und fuhr über die Tätowierung dort. Da wurde mir klar, dass man ihr heute ihre moralische Entscheidung abnehmen wollte.

Innerlich war ich erleichtert, so konnte ich sie mit ruhigem Gewissen später in den kolonialen Ritus aufnehmen. Doch bis dahin musste sie aus der Bruderschaft erst einmal entlassen sein.

Ich fragte dann Mr. Schäfer, warum er hier ebenfalls erschienen ist und er klärte mich auf. „Wir haben uns beraten und in den letzten Jahren sind wir, einige Orden und viele Bruderschaften, weiter zusammengewachsen. Und das dank Alexandras Werk. Wir werden sie in den deutsch-niedersächsischen Ritus als Großmeisterin aufnehmen und ihr weitere Rechte einräumen. Das wird sie euch dann sicherlich auch noch erläutern. Sie wird es nämlich auch schriftlich erhalten, Master Kenway."

Als ich mich nun zu meiner Verlobten umdrehte, sah sie immer noch aus, als würde sie gleich umkippen und ich drehte sie zu mir. Ihre grünen Augen ruhten auf mir und ich fragte im Stillen, ob sie bereit sei für diesen Schritt!

Ich weiß es nicht!" kam die ehrliche Antwort und ich versuchte ihr beizustehen, indem ich nochmal erklärte, dass ich voll und ganz hinter ihr stehen würde. Doch sie würde heute, hier und jetzt, die Entscheidung treffen müssen.

Ein Nicken von ihr und dann führte Faith sie hinaus und nach oben ins Gästezimmer. Mr. Schäfer hatte mir gesagt, dass Alex eine Meistertempler-Montur erhielt, welche schon nach oben gebracht worden war! Ich war gespannt, wie das Ganze gleich von Statten gehen würde.

Wie seine Mutter, hatte auch Yannick wenig gesprochen in der letzten Stunde. Er kam auf mich zu, als hätte er meine Gedanken lesen können und fragte mich, ob es nicht doch zu überraschend für seine Mutter käme? Ich versicherte ihm, dass man Alex leider vor vollendete Tatsachen stellen musste, sonst würde man noch bis in alle Ewigkeiten auf eine Antwort warten müssen. Ein breites Grinsen bestätigte mir, dass ich mit dieser Aussage Recht hatte.

„Es fühlt sich für mich seltsam an, dass sie bald auf einer anderen Seite stehen wird und das nicht nur in einem anderen Jahrhundert ..." meinte er etwas gedankenverloren, doch ich konnte ihn beruhigen. Sie würde ja nicht gänzlich die Bruderschaft verlassen, sondern intern noch weiter agieren. So hatte es mir ihr Mentor gerade noch erklärt. Trotzdem fühlte es sich auch für mich eigenartig an!

Mr. Miles und Mr. Schäfer baten uns alle mit ins Templerzimmer und als ich eintrat, sah ich, dass etwas in dem Kaminfeuer hing. Eine Art Stempel! Wofür...? Dann dämmerte es mir, die Tätowierung! Alex hatte schon angedeutet, solange diese sichtbar auf ihrer Haut war, könne sie dem Orden nicht gänzlich beitreten!

Wollte ihr Mentor ernsthaft dieses Zeichen wegbrennen? Für einen Moment schüttelte ich mich und ließ es jetzt auf mich zukommen.

Dann erschien meine Verlobte mit ihrem Sohn und stellte sich vor den großen Tisch! Sie trug eine schwarze Montur, welche wie angegossen an ihr saß. Yannick blieb an ihrer linken Seite und ich wurde gebeten mich rechts neben sie zu stellen.

Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten Part 3Where stories live. Discover now