Hab erbarmen

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Mein Schädel brummte als ich am nächste Morgen meine Augen öffnete. Wieso hatte ich nochmal so viel getrunken? Langsam stand ich auf und lief runter in die Küche. Der Abend gestern hatte deutliche Spuren hinterlassen, aber das Gröbste hatten wir bereits gestern Nacht zusammengeräumt. Ich machte mir erstmal einen kalten Kakao und machte es mir unter dem kleinen Baum in Melles Garten gemütlich. Nach den ersten Schlücken ging es mir schon deutlich besser, Kakao hatte für mich einfach die selbe Wirkung wie Kaffee. Ich genoss die Ruhe, tatsächlich hatte ich noch gar nicht auf die Uhr geschaut, aber ich ging davon aus, dass es noch relativ früh war. Naja, zumindest für Jugendliche in den Sommerferien.

Während ich so dalag dachte ich über den vergangenen Abend nach. Lina und Jules hatten sich sofort gut mit den Kerlen verstanden, eigentlich hatte ich bei den Beiden ja auch nichts anderes erwartet. Lina schien sich mit Maxi sogar mehr als gut verstanden zu haben, darauf musste ich sie heute unbedingt ansprechen. Dann war da ja auch noch der beinahe Kuss mit Markus, ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass Nerv den Moment zerstört hatte. Wer weiß was sonst noch passiert wäre. Danach waren alle Erinnerungen relativ verschwommen, ich glaube ich hatte versucht die peinliche Situation in Alkohol zu ertränken. Das war definitiv einen meiner schlechteren Ideen gewesen. Wir hatten noch lange zusammen gesessen, Spiele gespielt und zum Schluss sogar getanzt. Ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen , wer hätte gedacht, dass sie wilden Kerle auf Partys tanzen würden. Ich auf jeden Fall nicht, ganz ehrlich besonders talentiert waren sie auch nicht, aber das war unwichtig. Ich pflegte zu sagen, dass beim Tanzen das Talent keine Rolle spielt, lediglich der Spaß dabei ist wichtig.

Ich raffte mich auf und begann den Müll aus dem Garten in die Tonnen zu werfen, danach putze ich noch den Tisch ab und fegte die kleine Terrasse. So langsam kam Leben ins Haus, Lina kam total verschlafen die Treppe runter und ich startete sofort die Kaffeemaschine. Die dampfenden Tasse mit Kaffee stellte ich direkt vor ihre Nase und sie inhaliert den Geruch förmlich. Nachdem sie die Tasse geleert hatte wurde sie auch deutlich gesprächiger. „Und? Was hältst du von ihnen?“ fragte ich neugierig. „Soll das ein Witz sein? Das war einer der besten Abenden seit langem.“ Meinte sie und ich lachte, „ Ja, das hab ich bemerkt. Was war denn da mit Maxi?“ ein bisschen neugierig war ich ja schon, immerhin war ihr Auftritt gestern zierlich eindeutig. Auch Lina begann zu Grinsen, „Er ist so unschuldig. Wir haben gequatscht und sind uns etwas näher gekommen.“ „Etwas? Das sah aber ganz anders aus.“ „Ja etwas, ich bin zwar wirklich nicht verklemmt, aber auch kein Unmensch. Immerhin sehen wir uns vermutlich nach diesem Wochenende nie wieder und einen Lover am anderen Ende von Deutschland brauch ich nun wirklich nicht.“ Versuchte sie sich raus zureden. „Er hat ihr eindeutig den Kopf verdreht.“ Kam es plötzlich von Jules, welche schon fertig angezogen in der Tür lehnte. „Das glaub ich auch.“ Stimmte ich ihr zu und füllte eine Tasse mit Milch, um sie in der Mikrowelle aufzuwärmen. „Das stimmt doch gar nicht.“ Widersprach Lina und verschränkte trotzig ihre Arme vor der Brust. „Und wie das stimmt.“ Ich lachte und schüttete Unmengen von Kakaopulver in Jules Tasse. „Danke.“ Kam es von Jules und sie setzte dich neben Lina. „Ich kann übrigens verstehen was du an Markus findest.“ Meinte  Jules, „Stimmt, er sieht verdammt gut aus.“ Stimmte Lina zu. „Leute.“ Sagte ich nur und versteckte mein errötetes Gesicht hinter meinen Händen. „Nein wirklich und nett ist er auch noch.“ „Ein super Fang.“ Provozierten sie mich weiter. Peinlich berührt warf ich Jules ein Küchentuch ins Gesicht. „Ey, immer auf die Kleinen.“ Rief sie beleidigt. „Ja ganz Recht, du hast es ja auch verdient.“ Meinte ich unschuldig und zuckte mit den Schultern. „Geht euch mal lieber anziehen, ich hab nämlich mit Vanessa abgemacht, dass wir heute Shoppen gehen.“ Jules wackelte mit ihren Augenbrauen. „Nein!“ rief ich verzweifelt, „Sie hätte niemals zugestimmt. Bitte nicht.“ „Doch“ Lina war selbstverständlich sofort von der Idee begeistert und von der Katerstimmung war bei ihr nichts mehr zu erkennen. Wie ausgewechselt stand sie auf und rannte die Treppe hinauf. „Hab erbarmen.“ Verzweifelt schlug ich meinen Kopf auf den Tisch, was meine Kopfschmerzen nicht unbedingt weniger schmerzhaft machte. Jules lachte und schmiert sich ein Butterbrot. „Los beeil dich, wir treffen uns in einer Stunde mit ihr in der Innenstadt. Klette ist auch dabei.“ Langsam trottete auch ich die Treppe hinauf in mein  Zimmer. Das konnte doch überhaupt nicht sein, Nessi würde niemals freiwillig shoppen gehen. Ich stand vor meinem Schrank und blickte kurz aus dem Fenster. Na super, es hatte sich zugezogen und sah, passend zu meiner Stimmung, total nach Regen aus. Von der Sonne vor einigen Stunden war nichts mehr zu sehen und abgekühlt war es auch noch. Ich zog eine einfache Jeans und ein enges weißes T-Shirt hervor. Schnell zog ich es mir über und ging ins Bad um meine Zähne zu putzen. Meine Haare band ich mir zu einem lockerem Pferdeschwanz, aus dem einige Strähnen in mein Gesicht fielen. Nach einem kurzen Blick auf meinem Handy begann ich zu lachen. Ich wusste es ~Scheiße Mia. Ich glaube ich hab Mist gebaut. Jules und Lina wollen shoppen gehen und ich habe wohl ausversehen gestern zugestimmt. Was machen wir jetzt?~ Sie hatte es also doch bereut zuzusagen. Es hätte mich auch gewundert, wenn es anders wäre. ~Wir haben keine andere Wahl, heute ist shoppen angesagt. Wir sehen uns gleich.~

Ich schnappte mir noch schnell meinen dünnen Mantel und meine Tasche und schlüpfte in meine Schuhe. Jules und Lina warteten bereits ungeduldig vor der Tür auf mich. „Jetzt komm endlich, wir sind schon wieder zu spät.“ Rief Lina und von Jules kam ein genervtes, „Als wäre das was neues.“ Schnell joggte ich zu ihnen und gemeinsam machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt. Dort angekommen warteten bereits Klette und Nessi auf uns. „Ich hatte schon gehofft, dass ihr es vergessen hättet.“ Meinte Nessi und Klette begann zu lachen. „Niemals.“ Meinte Jules nur und hakte sich bei ihr unter, „Sowas könnten wir nie vergessen.“ „Ja, schlimm genug.“  dieser Kommentar von Nessi und ihr gequältes Lächeln brachte auch mich dazu loszulachen.
Wir liefen von einem Laden in den nächsten und Jules, Lina und Klette schienen dabei vollkommen aufzublühen. „Das hätte ich Klette niemals zugetraut.“ Flüsterte Nessi mir zu, „Ich auch nicht, vielleicht haben wir sie teilweise falsch eingeschätzt. Immerhin hatte sie glaub ich nur selten die Chance richtig einkaufen zu gehen. „Stimmt. Ich befürchte fast, dass wir das jetzt öfter machen müssen.“ „Naja wenn es ihr so viel Spaß macht, lässt sich das bestimmt mal einrichten.“ Stimmte ich ihr zu. „Was gibt es denn da zu lästern?“ fragte Lina interessiert und wir haben unschuldig unsere Hände. „Nichts.“

Mittlerweile waren wir alle mit Tüten beladen, sogar Nessi und ich hatten einige schöne Teile gefunden und fairerweise musste ich sagen, dass shoppen gar nicht mal so schlimm war. „Eis?“ fragte Klette da plötzlich und dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen. So machten wir uns gegen halb 7 auf den Weg in Richtung Eisdiele. Joachim begrüßte uns direkt und jeder von uns bestellte einen ordentlichen Eisbecher. Genüsslich verschlangen wir diesen und genossen für einen kurzen Moment die Stille. Ich hatte mir meine Schuhe von den Füßen gezogen, da diese nach diesem Marathon unglaublich schmerzten. Diese Stille war allerdings nicht von Dauer, denn nach kurzer Zeit betraten Markus, Maxi, Leon, Juli und Nerv die Eisdiele und zogen sich einige Stühle zu uns an den Tisch. „Na? Wie war euer Shoppingtrip?“ fragte Leon frech. „Erfolgreich würd ich sagen.“ Antwortete Lina und deutete auf die ganzen Tüten zu unseren Füßen. „Alter, das ist doch nicht euer Ernst oder?“ Juli war von der Menge leicht schockiert. „Oh doch.“ Klette grinste schief. „Ihr seid absolut verrückt.“ Maxi schüttelte ungläubig seinen Kopf. „Ach wirklich? Das ist dir ja früh aufgefallen.“ Wir genossen den restlichen Abend gemeinsam und um halb 10 machten wir uns alle auf den Rückweg.

Lina, Jules und ich entschlossen uns dazu uns noch einen Film anzuschauen. Erst gegen halb 1 und nach langen und ausführlichen Gesprächen legten wir uns schlafen. Morgen oder bessergesagt heute um 16 Uhr würden sie schon wieder im Zug sitzen und zurück auch Hause fahren. Das Wochenende war für meinen Geschmack viel zu schnell vergangen.

SummerloveWhere stories live. Discover now