Ich glaube, wir haben ein Problem

2.3K 73 2
                                    

Ich zog mir meine Schuhe an und schrieb schnell meiner Tante, da ich mal wieder keine Ahnung hatte wo sie sich im Augenblick aufhielt. Melle war im Gegensatz zu meiner Mutter eher der lockere Typ und verschwand immer mal wieder für ein paar Tage. Aber genau das mochte ich so an ihr, mit Melle konnte man immer über alles reden, sie versuchte immer eine Lösung zu finden welche für beide Parteien vertretbar war und ging Streitigkeiten geschickt aus dem Weg.

Da meine Tante keinen besonders großen Garten besaß, machte ich mich mit einer Musikbox und meinem Handy bepackt auf den Weg und suchte nach einem ebenerdigen, abseitsliegenden Ort, an welchem ich ungestört trainieren konnte. Um schon aufgewärmt dort anzukommen, joggte ich eine Weile, bis ich den perfekten Ort für mein Training gefunden hatte. Leider konnte ich ja nicht mit meinem Team trainieren und trotzdem wollte ich nicht zurückfallen. Immerhin hatten wir vor dieses Jahr wieder auf Turniere zu gehen und dafür musste ich fit werden.

Ich begann mit ein paar Kraftübungen, widmete mich aber dann doch relativ schnell der Dehnung. Besonders mit der Dehnung hatte ich nämlich schon von Anfang an zu kämpfen, dabei ist genau das der Hauptteil des Tanzsports. Ich liebte das Gefühl von Freiheit, wenn man über die Bühne flog, denn sobald die Musik anfing konnte ich alles um mich herum ausblenden. Naja, die Musik an sich war definitiv nicht das Beste an meinem Sport, aber damit konnte ich mich abfinden.

Insgesamt wurde der Tanzsport häufig ins lächerliche gezogen und das konnte ich als Aktive beim besten Willen nicht verstehen. Natürlich war Marschmusik nicht gerade modern, aber dieser Sport bestand ja nicht nur aus der Auswahl von der Musik. Für mich zählte die Leistung dahinter, die Fähigkeit komplizierte und anstrengende Choreographien zu vertanzen und dabei auch noch eine gewisse Leichtigkeit auszustrahlen war definitiv anspruchsvoll. Aber vermutlich verleitete genau diese äußere Leichtigkeit zur der Verharmlosung des Tanzsports. Mittlerweile waren die meisten Tänzer und Tänzerinnen allerdings daran gewöhnt und konnten ihre Auftritte dennoch vollkommen genießen.

Nach einer halben Stunde ausführlichen Dehnens begann ich mit den ersten Schwierigkeiten. Durch ein paar Beinwürfe kam ich dann erst richtig in Schwung, startete die Musik und begann meine Choreographie zu tanzen. Alles um mich herum war nicht mehr wichtig, ich konzentrierte mich nur noch auf die Schrittabfolge und genoss das ebengenannte Gefühl von Freiheit. Das freihändige Rad war mittlerweile kein Problem mehr, allerdings tat ich mich bei dem rückwärtigen Bogengang immer noch schwer. Keine Ahnung warum, aber diese Schwierigkeit wollte mir einfach nicht gelingen.

Nachdem das Lied verklungen war machte ich mich daran an einzelnen Schritten oder Schwierigkeiten zu feilen und immer mal wieder von vorne zu tanzen.

Die Zeit hatte ich dabei völlig aus den Augen verloren, bis ich auf einmal durch ein Klatschen aus meinen Gedanken geholt wurde. Blitzschnell drehte ich mich in die Richtung, aus welcher ich das Geräusch vermutete. Zwischen ein paar Bäumen stand ein Mädchen mit etwas kürzeren schwarzen Haaren und kam langsam auf mich zu. „Ich muss schon zugeben, dass war ziemlich beeindruckend." Sagte sie. „Ähm danke, nehme ich mal an." Antwortete ich leicht verwirrt. „Wie auch immer, Mia richtig?" fragte sie auf einmal. „Woher weißt du das?" , die ganze Situation wurde mir immer unheimlicher. „Ist unwichtig, wichtig ist nur, dass du mir jetzt genau zuhörst und diese Nachricht an deine Freunde weiterleitest." „Wieso sagst du es ihnen nicht selber?" fragte ich nur trotzig, was im Nachhinein ehrlich gesagt ziemlich leichtsinnig gewesen ist. „Wo bliebe denn da der Spaß? Richte deinen kleinen Freunden bitte aus, dass sie nicht unbeobachtet sind und das sie ihr Training so langsam mal wieder aufnehmen sollten. Sonst könnte es in Zukunft zu Komplikationen kommen." Sie grinste mir noch einmal boshaft zu, drehte sich um und lief zurück in den Wald.

In meinem Kopf schwebte plötzlich nur eine Frage: Was zum Teufel war das? Und dann wurde ich von neuen Fragen überrumpelt. Was hatten die Kerle angestellt? Was hatte ich damit zutun? Was würde als nächstes passieren? Und selbstverständlich auch die wichtigste Frage: Was sollte ich jetzt tun?

Ich entschloss mich dazu mein Training abzubrechen und joggte so schnell es ging nach Hause. Dort angekommen sprang ich unter die Dusche und versuchte eine Lösung zu finden.

Als ich nach 15 Minuten wieder aus der Dusche stieg, stand mein Entschluss fest. Ich würde alle noch heute einweihen und gemeinsam mit ihnen über die nächsten Schritte sprechen. Ich schnappte mir mein Handy und schrieb Vanessa ~Hey Nessi, Notfall! Sag den anderen Bescheid und kommt so schnell es geht zu mir!~ ich schnappte mir eine graue Jogginghose und ein schwarzes T-Shirt und knotete mir meine noch nassen Haare provisorisch auf meinem Kopf zusammen.

Keine 10 Minuten später klingelte es auch schon an meiner Haustür und die Kerle traten alle nacheinander in unser Wohnzimmer. Vanessa fiel mir sofort um den Hals und auch Maxi schien aus irgendeinem Grund erleichtert zu sein. „Jag mir bitte nie wieder so einen Schrecken ein, ich dachte es sei Gott weiß was passiert." Nessi hatte mich an den Schultern gepackt und schaute mir mit einem durchdringenden Blick in die Augen. Ich nickte leicht verstört und wendete mich den anderen zu: „Ähm ja, also... das kommt wahrscheinlich etwas seltsam und plötzlich, aber ich glaube wir, beziehungsweise ihr habt ein Problem." Meinte ich und schaute dabei interessiert auf den Boden. „Ach ja?" fragte Leon, „Wie kommst du denn darauf?" fuhr Marlon fort. „Naja ich war eben noch ein bisschen draußen und habe unerwarteten Besuch bekommen. Irgendwo am Rand von Grünwald stand auf einmal so ein seltsames Mädchen vor mir und meinte irgendwas von Nachricht ausrichten und sowas. Jedenfalls soll ich euch sagen, dass ihr beobachtet werdet und ihr dringend mal wieder Training nötig habt, denn so wie sich das angehört hat, sind eure Fähigkeiten im Fußball von Bedeutung." Erklärte ich ihnen. „Du willst uns also erzählen, dass du, ausgerechnet du, obwohl wir dich gerade mal seit zwei Tagen kennen, dazu aufgefordert wurdest uns eine Drohung zu überbringen? Nichts für ungut." Hakte Raban nach. „Mir wäre es lieber wenn es nicht so wäre aber ja. Anscheinend hat es jemand auf euch abgesehen." Antwortete ich. „Kacke verdammte, was machen wir jetzt?" stellte Nessi die Frage, welche uns vermutlich allen im Kopf herumgeisterte. „Ich würde sagen trainieren und die Augen nach uns unbekannten Personen offen halten." Meinte Markus. „Das sehe ich auch so, wir sollten auf alles vorbereitet sein." Stimmte Maxi ihm zu. „Also gut, morgen um 15 Uhr im Teufelstopf und wehe einer schwänzt." Er schaute jeden einmal mahnend an und widmete sich dann mir: „Das gilt auch für dich." „Was ? Bist du verrückt, was soll ich denn da?" fragte ich völlig entgeistert. „Fußball spielen natürlich." Antwortete Klette frech. „Aber ich kann das doch überhaupt nicht." „Keine Sorge, ich bin sicher unser Markus hier gibt dir gerne ein paar Nachhilfestunden." Maxi grinste verschmitzt und klopfte Markus während seinen Worten immer wieder auf den Rücken. Ich tat einfach so, als hätte ich diesen Kommentar überhört und wendete mich wieder an Leon: „ wozu braucht ihr mich überhaupt. Ich hab mit der ganzen Sache doch eigentlich überhaupt nichts zutun." Meinte ich verzweifelt. „Anscheinend schon", meinte nun Marlon, „sie haben dich ausgesucht um die Nachricht zu überbringen, du bist mitten drin. Rausreden ist nicht mehr möglich." Ich schaute nun alle der Reihe nach an und sagte dann ergeben: „ Na gut, aber das läuft alles auf eure Verantwortung, ich garantiere für nichts." Damit gaben sich letztendlich dann alle zufrieden und nach einer weiteren halben Stunde verließen sie alle unser Haus und machten sich auf den Heimweg.

SummerloveWhere stories live. Discover now