Das mit der Hölle sollte ich nochmal überdenken

2.9K 96 0
                                    

So gegen 18.00 Uhr verließ ich dann mein Zimmer um mich zu duschen. Das Badezimmer meiner Tante war sehr geräumig und relativ modern eingerichtet. Naja viele Möbel befinden sich dort jetzt nicht, aber was brauchte man auch schon im Badezimmer. Ich zog mich aus und duschte zunächst ausgiebig, danach föhnte ich meine Haare und betrachtete mich kurz im Spiegel.

Meine blonden Haare fielen mir jetzt glatt bis zur Taille. Tatsächlich waren sie mittlerweile wirklich lang und damit verbunden auch deutlich schwer geworden. Frisuren wurden immer schwieriger, denn Haarklammern und Haarbänder hielten nur bedingt und meist über einen kurzen Zeitraum. Dennoch würde ich niemals auf die Idee kommen sie abzuschneiden, denn ein riesen Vorteil meiner langen Haare war, dass ich mich immer dahinter verstecken konnte. Meine Mutter hasste diese Angewohnheit, aber für mich war dieses Privileg in manchen Situationen äußerst hilfreich. Gegenüber neuen Menschen war ich nämlich immer sehr schüchtern und zurück haltend und meine Haare boten mir eine Möglichkeit mich vor ihren durchdringenden Blicken zu schützen.

Ich ging zurück in mein Zimmer und versuchte irgendetwas vernünftiges zum Anziehen zu finden. „Was machst du denn da?" fragte meine Mutter plötzlich. „Na was wohl? Ich suche was zum anziehen, aber ich hab keine Ahnung was man auf solchen Veranstaltungen trägt." Mittlerweile war ich wirklich am verzweifeln. Woher sollte ich so etwas auch wissen, immerhin musste ich meine Eltern bislang noch nie begleiten. „Warte mal, lass mich mal gucken." Nach nicht einmal fünf Minuten hielt sie mir eine schwarze Skinny Jeans und einen weinroten, langärmeligen Body entgegen.

Keine 20 Minuten später schaute ich erneut in den Spiegel. Den oberen Teil meiner Haare hatte ich mir zu einem Dutt zusammengebunden, der Rest viel glatt über meine Schultern und bedeckte meinen relativ tiefen Rückenausschnitt. Meine Augenringe hatte ich mit einer Schicht Concealer überdeckt und meine Wimpern hatte ich mir getuscht.

Unten im Flur warteten meine Eltern bereits auf mich, ich kam barfuß die Treppe runter und meine Mutter hielt mir die schwarzen Highheels bereits entgegen. „Muss das sein? Du weißt das ich auf solchen Dingern kaum laufen kann." Beschwerte ich mich so gleich, aber meine Mutter ließ keinen Widerspruch zu. Also schlüpfte ich in diese Monsterdinger und stellte mich neben meinen Vater. „Ihr seht alle wunderschön aus." Grinste meine Tante und ausnahmsweise gab ich ihr recht. Meine Mutter trug einen schlichten schwarzen Hosenanzug und mein Vater eine ebenfalls schwarze Jeans mit einem weißen Hemd. Anhand der Auswahl seines Outfits konnte ich bereits erkennen, dass das Abendessen nicht so verklemmt sein würde wie ich es erwartet hatte. Immerhin hatte er es nicht für nötig gehalten sich ein Jackett anzuziehen.

Nach einer 10 minütigen Fahrt kamen wir an einem edlen Restaurant an, mein Vater stieg aus und öffnete mir und meiner Mutter die Tür. Als wir in den Saal traten kam uns eine Welle des besten Geruchs überhaupt entgegen. Ich meine wer liebt denn bitte nicht den Geruch von frischer Pizza? Ich jedenfalls freute mich jetzt doch auf das Essen , auch wenn ich dabei mit irgendwelchen spießigen Leuten über die Arbeit meiner Eltern sprechen musste.

Ich war mal wieder so in meine Gedanken versunken, dass ich überhaupt nicht mitbekam wie sich meine Eltern wieder in Bewegung setzten. Völlig geistesabwesend folgte ich ihnen bis wir vor einem großen Tisch zum Stehen kamen. Mein Vater verdeckte meine Sicht auf die Personen, welche bereits am Tisch auf uns warteten, aber dem Stimmengewirr nach handelte es sich nur um eine Familie.

Nun trat mein Vater zur Seite und bedeutete mir mich vorzustellen. Vor mir stand ein älterer, sehr streng aussehender Herr. „Hallo mein Name ist Mia Lensing, es freut mich sehr sie kennenzulernen." „Die Freude ist ganz meinerseits. Ich bin Theodor Maximilian und das ist meine Frau Anne." Wir gaben uns die Hand und ich nickte freundlich. Keine zwei Sekunden später standen zwei Jungs vor mir, den Größeren der beiden schätzte ich ungefähr auf mein Alter. Er hatte etwas zu lange braune Haare, braune Augen und lächelte mich leicht an. Der Kleinere schien von diesem Treffen überhaupt nicht begeistert zu sein, denn wenn Blicke töten könnten wären seine Eltern bereits mehrere Tode gestorben. „Hey, ich bin Maxi und das ist mein kleiner Bruder Nerv." Auch Maxi reichte mir seine Hand, Nerv hingegen nickte mir nur einmal zu. Ich antwortete ihm lediglich mit einem kurzen „Mia", denn die Erwachsenen hatten sich bereits niedergelassen und sahen uns abwartend an. Ich ließ mich auf dem Platz neben meiner Mutter fallen, Maxi folgte mir und setzte sich neben mich. Während unsere Eltern in irgendein Gespräch über ihre Arbeit vertieft waren versuchte Maxi mit mir ein Gespräch aufzubauen. „Und? Wie gefällt dir Grünwald bis jetzt?" fragte er mich. „Naja, hier ist ja nicht besonders viel los. Aber man kann es hier definitiv aushalten." „Mein Vater hat mir erzählt, dass du schon öfter hier in Grünwald warst, aber du bist mir hier tatsächlich noch nie aufgefallen." Er schien wirklich verwundert. „Ich verbringe hier schon seit dem ich denken kann meine Sommerferien. Meine Tante wohnt hier, bei der wohne ich dann. Aber ich geh nicht viel raus, immerhin kenne ich hier ja auch niemanden und da ich nach den Ferien sowieso wieder abhaue muss ich mir auch nicht die Mühe machen mir hier Freunde zu suchen." „Das ist meiner Meinung nach eine ziemlich traurige Einstellung." „Ach ja ?" jetzt war ich überrascht, was wollte er denn jetzt damit sagen . „Ich meine du verbringst deine gesamten Sommerferien allein auf deinem Zimmer, obwohl es hier eigentlich gar nicht so übel ist. Ich glaub du könntest deinen Aufenthalt hier auch genießen." „Und woher willst du das wissen?" fragte ich. „Ich weiß es nicht , aber wir könnten es ja ausprobieren." Er grinste mich an und wendete sich dann an meinen Vater. „Herr Lensing? Ich würde mich nach dem Essen noch mit ein paar meiner Freunde treffen und wollte fragen ob Mia mich eventuell begleiten dürfte. Immerhin verbringt sie hier die nächsten Wochen und so könnte sie etwas Anschluss finden." Und zu meiner Überraschung stimmte mein Vater direkt zu, ok eigentlich war ich nicht wirklich überrascht, denn er war nie wirklich streng aber trotzdem hatte ich nicht damit gerechnet. „Ich finde die Idee super, sonst verbringst du deine Ferien doch wieder nur mit deiner Gitarre auf deinem Zimmer." Ich zischte ihm nur ein erbostest „Papa" entgegen. Man das war ja mal wieder peinlich, immerhin ging das niemanden was an. „Soso", grinste Maxi „du verbringst also sonst deine Ferien alleine mit deiner Gitarre? Also hatte ich doch recht, deine Ferien sind einfach nur traurig." „Ich hab's ja verstanden." Beleidigt drehte ich mich von ihm weg und bestellte mir bei der Kellnerin, welche gerade an unseren Tisch getreten war ein Getränk und eine einfache Pizza mit Paprika und Mais.

Während des Wartens auf unser Essen erzählten Nerv und Maxi mir von ihren Abenteuern mit ihren Freunden. Sie waren in einer Fußballmannschaft mit den Namen „die wilden Kerle" und hatten laut ihren Erzählungen letztes Jahr am Freestylesoccercontest teilgenommen. Insgesamt nahmen sie anscheinend häufiger an Spielen teil, welche allerdings häufig nicht so professionell abliefen wie die normalen Fußballspiele.

Nach einer Weile kam dann auch endlich unsere Pizza und wir verschlangen sie alle in Windeseile. Nerv machte mir im schnell essen durchaus Konkurrenz, aber ich war trotzdem ein kleines Stück schneller.

„Sag mal, was machen wir jetzt gleich eigentlich genau?" fragte ich Maxi irgendwann. „Die Eltern von einem Kumpel von mir sind auf Geschäftsreise und das wird natürlich ausgenutzt." Antwortete er mir nur. Ich begann zu Grinsen, ich würde also doch noch auf eine Party gehen.

Um halb 10 verabschiedeten Maxi und ich uns von unseren Eltern und verließen das Restaurant, als wir nochmal zurückgerufen wurden. „Mia!" mein Vater trat aus der Tür „Du willst doch nicht ohne ein Gastgeschenk los oder?" er hielt mir eine Tüte hin. „Falls wir uns nicht mehr sehen wünsche ich dir schöne Ferien." Und damit drehte er sich wieder um und ließ uns einfach stehen. Ich öffnete völlig überfordert die Tüte und begann dann auch zu Grinsen. „Was ist? Was hat er dir gegeben ?" anstatt ihm zu antworten zog ich einfach nur eine der 4 Flaschen heraus und hielt ihm diese unter die Nase. „Ich glaub mein Vater hat von unserem Gespräch eben mitbekommen und er geht definitiv nicht davon aus, dass ich heute Nacht nach Hause komme."

SummerloveWhere stories live. Discover now