Chapter 8

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C H A R L I E
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Ich fange an, meine Beine zum Beat hin und her baumeln zu lassen, während die anderen Schüler der Schule an mir vorbeilaufen. Ich höre nicht, was sie sich zu sagen haben, und beobachte lediglich ihre komischen Gestikulationen, die ohne Zusammenhang ziemlich komisch aussehen.

Ich fühle mich beobachtet, es ist als würden mir tausend Messer in den Rücken gebohrt werden, und ich sehe mich weiter um. Die Gruppe fällt mir erst auf, als ich genauer hinsehe. Grinsend sehen sie mich alle an und drehen sich dann um. Auch Jared wirft mir einen Blick zu, während er seine Zigarette auf den Boden wirft und diese dann zerdrückt, damit sie erlischt. Kurz denke ich, dass er mir irgendwie damit deuten will, dass er mich auf dem Boden sehen will, verschiebe den Gedanken aber schnell wieder. Für solch eine Geste, mit einem tieferen Hintergrund, erscheint er mir als zu dämlich. Oder vielleicht interpretiere ich nur zu viel in die Sache rein.

Ich atme seufzend aus und wechsele die Playlist. Wo bleibt Liz, verdammt noch mal?

Ich bemerke aus dem Augenwinkel, wie die Gruppe sich bewegt und einer sich von ihnen löst. Schnell senke meinen Blick und richte ihn starr auf die Mauerwand unter meinen Beinen.

Die Person scheint auf mich zu zu kommen und ich brauche nicht lange, um zu erkennen, wer es ist. Ich werfe ihm einen genervten Blick zu und versuche ihn damit zum Umdrehen zu bewegen. Jedoch bewegt er sich weiterhin zielsicher in meine Richtung und grinst mich dann an.

„Hey, Charlie", begrüßt er mich und die aufgesetzte Freundlichkeit trieft aus seiner Stimme. Ich ziehe eine Augenbraue hoch und schalte meine Musik aus.

„Wie geht es dir heute?"

Ich muss mir ein überraschtes Lachen verkneifen. „Versuchst du gerade etwa, einen Small-Talk mit mir zu führen?", frage ich verächtlich. „Mir ging es gut, ehe du mich angesprochen hast."

Er sieht mich kurz verstört an, da ich ihn anscheinend aus seinem Konzept gerissen habe und öffnet seinen Mund, schließt ihn aber jedoch schnell wieder. Er runzelt die Stirn und scheint nach einem neuen Ansatz zu suchen. Zugegeben, er sieht verdammt gut aus mit seinen zerstrubbelten Haaren und dem markanten Kinn. Aber das, was man bis jetzt von seinen Charakterzügen mitbekommen konnte, reißt es wieder hunderte Lichtjahre runter. Wieso sind gutaussehenden Jungs meist die, die entweder strohdumm oder unglaublich überheblich sind?

„Äh okay. Aber du kommst doch zu Anthonys Party, oder?", fragt er mich, nachdem er sich wieder eingefangen hat. Ich habe ihn doch tatsächlich mit einem leichten Konter sprachlos gemacht.

„Mal sehen. Aber wenn du da sein wirst, habe ich nicht besonders Lust auf die Party", gebe ich ehrlich zu. Ich schnappe mir meine Tasche und springe, mehr oder weniger, elegant von der Mauer. Auf wackligen Beinen lande ich neben ihm und danke Gott und allem, was sonst noch Macht über mich haben könnte, dafür, dass ich weder umgeknickt, noch anderweitig vor ihm auf die Knie gegangen bin.

Ich werfe ihm einen Blick zu und sehe, wie er mit den Zähnen knirscht.

Ich denke, sein total genervter oder wütender Gesichtsausdruck ist der neue Auslöser für meine Glückshormone.

„An deiner Stelle würde ich langsam mal aufpassen, was ich sage", sagt er leise. Ich lache gekünstelt auf.

„Du bist der letzte, vor dem ich jemals Angst oder Respekt haben werde", meine ich verächtlich.

Man merkt ihm an, dass er immer angespannter wird. Ich sehe ihm in die Augen und versuche, seinem sturen Blick stand zu halten, während er einen Schritt näher tritt. Im großen und ganzen wirkt Jared nicht besonders angsteinflößend. Er ist zwar muskulös und relativ groß, aber sein Gesicht hat noch die typisch kindlichen Züge.

„Das würde ich an deiner Stelle aber schon haben. Vor allem Respekt", flüstert er nah an meinem Ohr. Erst jetzt bemerke ich, wie nah wir uns wirklich gegenüber stehen. Schnell trete ich einen Schritt zurück und atme erleichtert aus, als ich merke, dass der Geruch seines Deos nicht mehr an mich rankommt.

Ich lacht höhnisch auf und blicke zu ihm hoch. Er ist verdammt groß, mehr als einen Kopf größer als ich, weshalb ich mich ein wenig unterdrückt fühle. „Komm doch bitte mal von deinem Höhenflug runter", gebe ich zurück und drehe mich um.

Ich laufe schnurstracks auf den Eingang zu und beschließe, hier auf Liz zu warten und somiten den  Jungs aus dem Weg zu gehen. Ungeduldig fange ich an, hin und her zu laufen.

Fünf Minuten vor dem eigentlichen Unterrichtsbeginn sehe ich dann, wie sie mit energischen Schritten auf das Schulgelände stürmt. „Du wirst schon sehen, was du davon hast, du elender Vollidiot!", höre ich sie schon von Weitem schreien und verkneife mir ein Grinsen. „Was ist denn mit dir los?", frage ich überrascht, als sie neben mir zum Stehen kommt. Völlig außer Atem streicht sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich bemerke, wie Jared uns grinsend beobachtet.

„Dieser Vollidiot ist einfach ohne mich losgefahren! Weißt du, wie lange es dauert, von uns bis in die Schule zu laufen? Ich hatte nicht mal Zeit mich zu schminken!", klagt sie und betont dabei alles, was Jared hören sollte, laut. Ich mustere sie, jedoch komme ich zum Entschluss, dass sie ungeschminkt genauso aussieht wie geschminkt.

„Halt bloß die Klappe. Ich habe dich gewarnt, aber du willst ja nie auf mich hören. Außerdem tut dir ein bisschen Sport auch mal gut, also könntest du mir ruhig dankbar sein. Ich habe dir einen beschissenen Gefallen getan!", ruft nun auch Jared über den gesamten Schulhof und lenkt somit auch die Aufmerksamkeit der letzten Anwesenden auf uns.

Liz wirft ihm einen noch einen Killerblick zu und hebt den Mittelfinger. Grinsend betrachte ich das Szenario und bin heilfroh, dass ich nicht mit Jared unter einem Dach leben muss. „Komm, lass uns gehen. Der ist es echt nicht wert", meine ich und ziehe sie mit mir. „Irgendwann bringe ich ihn um", murmelt sie und ich lache auf. Der Schulgong ertönt und ich seufze, pünktlich kommen würden wir sowieso nicht mehr.

Mein zweiter Tag an dieser Schule und ich habe es nicht geschafft, auch nur eine einzige Stunde pünktlich zu besuchen.

Schweigend laufen Liz und ich nebeneinander den Gang entlang. In zwei Tagen würde wieder Training anstehen und mir fällt ein, dass ich bis dahin ja noch an mir arbeiten wollte. Und in drei Tagen stand auch die Party von Anthony an.

Zwar hat es mich ein wenig gewundert und ich war recht überrascht, als er mich darauf angesprochen hat, doch ich habe schließlich nach wenigen Überzeugungsversuchen seinerseits zugestimmt.

Eigentlich schien Anthony auch ein recht netter Kerl zu sein, genauso wie die anderen Mitglieder des Teams. Nur Jared hob etwas ab, weshalb ich mir aber nicht die Chance auf eventuelle Freundschaften entgehen lassen werde.

„Kommst du am Freitag zu Anthonys Party?", fragt Liz mich plötzlich, als würde sie meine Gedanken lesen. Ich nicke und sie grinst mich an.

„Na dann, lass uns am Freitag mal so richtig die Sau raus lassen."

Bester FeindWhere stories live. Discover now