Chapter 6

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C H A R L I E
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Ich stürme mit dem Ball vor meinen Füßen los in Richtung gegnerisches Tor und ein siegessicheres Gefühl macht sich bereits jetzt in mir breit. Ich habe Jared erfolgreich von dem Anpfiff und somit von der Chance zum Gewinnen abgelenkt.

Es war nach einigen Minuten klar, dass Masons Team schwächer ist, weshalb es mich nicht wundert, dass er die Aufstellung geändert und mich in die Mitte des Feldes geschickt hat. Ich würde mir nebenbei bemerkt auch keine Chance entgehen lassen, Parker zu provozieren. Schon allein seine Blicke beim Joggen waren Genuss pur, als würde er versuchen, mich krampfhaft mit seinem Blick zu ermorden. Doch eine Schlange ist zwar immun gegen ihr eigenes Gift, aber nach einem Biss ihres Feindes hat sie dennoch keine Überlebenschance.

Ich spiele geschickt die Jungs aus Parkers Teams aus. Zugegeben, sie spielen wirklich sehr gut, was ich natürlich nicht anders erwartet hätte, denn laut Mason hat sich Jared die Goldstücke des Teams unter den Nagel gerissen. Jedoch sind sie leicht durchschaubar, weshalb sie keine Chance gegen mich haben.

Bei der Elfmeter Linie bleibe ich aprupt stehen und trete so fest ich kann gegen den Ball, der gezielt im Tor landet.

Masons Team bricht in Jubel aus und ich sehe Parker grinsend an, der mir anscheinend nach seiner kurzen Schockstarre doch noch nachgelaufen ist und jetzt mit offenem Mund hinter mir steht. Sein Blick ist undeutbar, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er nichts Gutes verheißt.

Der Trainer pfeift wieder mit seiner nervtötenden Pfeife und alle stellen sich wieder auf. Wenn das so weiter geht mit den Spielen und sich dann auch noch bis zu den Turnieren durchzieht, bin ich mehr als nur zufrieden mit meiner Leistung. Anscheinend hat sich das harte Extratraining an freien Nachmittagen bei meinem alten Coach doch noch gelohnt.

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Erschöpft steuere ich den Eingang zu den Umkleidekabinen an. Zwei Stunden hartes Training sind dann doch etwas anstrengend, vor allem, wenn viel für die Kondition getan wird. Das Erfreuliche ist, dass mein Team vier zu zwei gegen Parkers Team gewonnen hat. Noch erfreulicher sind die Blicke von Jared, die er mir bei jeder Gelegenheit zuwirft.

Ich will gerade die Tür aufstoßen, als Cliff neben mir auftaucht und mich mit einer Geste davon abhält.

„Charlie, das war wirklich spitze heute! Ehrlich gesagt hätte ich das nicht von dir erwartet, aber deine Taktiken sind erste Sahne und ich bin mir sicher, dass jemand anderes deinen Platz auf der Bank übernimmt. Ich schätze mal, du bist im Team aufgenommen", sagt er und drückt lächelnd meine Hand. Ich stoße einen Freudenschrei aus und bedanke mich stammelnd bei ihm.

Ich, Charlett West, werde ab heute in der Fußballmannschaft mit Jared Parker sein. Und ich, Charlett West, wurde vom Trainer als gut befunden.

Er verabschiedet sich lachend, da er es anscheinend eilig hat und lässt mich mit meinen Glücksgefühlen alleine.

Grinsend stoße ich die Tür auf und die Jungs, die meisten bereits oberkörperfrei, sehen mich geschockt an. „Was ist?", frage ich gespielt gelangweilt und laufe zu meiner Tasche.

„Wie wäre es mal mit anklopfen und nach Erlaubnis fragen, ob du eintreten darfst?", fragt Jared mich genervt.

„Hättest du wohl gerne. Das hier ist genauso meine Umkleide und ihr habt nichts Interessantes an euch, was ich in meiner Lebenslaufbahn noch nicht zu Gesicht bekommen habe", meine ich kühl und drehe mich um, um meine Sachen zu packen. Ich beschließe, in meinen Sportklamotten heim zu gehen und mich dort umzuziehen, was mir als angenehmer erscheint, da ich gerne darauf verzichte, mich in einem Raum voll mit notgeilen, hormongesteuerten Typen umzuziehen.

Parker atmet scharf die Luft ein und dreht sich schließlich um. Am liebsten würde ich jetzt auf der Stelle anfangen zu lachen, doch ich unterdrücke den Drang, da ihn die desinteressierte Seite wohl mehr zu provozieren scheint.

„Willst du dich denn nicht umziehen?", fragt Anthony grinsend. „Nicht wirklich, nein. Das gönne ich euch nicht."

Ich werfe mir meine Tasche um, stolziere mit hoch erhobenen Kinn aus dem nach Männerschweiß stinkenden Raum und mache mich auf den Weg zu der Stelle, an der mich mein Vater abholen würde.

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„Hey Dad", begrüße ich ihn fröhlich während des Einsteigens.

„Hey. Wie war's?", fragt er direkt und fährt los. Euphorisch erzähle ich ihm von den heutigen Ereignissen, lasse dabei natürlich das mit Jared aus, und er nickt zufrieden.

Die Straße, in der Dad wohnt, ist voll mit diesen typisch amerikanischen Häusern und auch seins sieht sehr klischeehaft, aber ich liebe es.

„Wie wär es, wenn du heute an die Küste gehst?", fragt er mich und sperrt dabei die Tür auf. „Wir könnten zusammen hingehen."

„Ich habe gerade nicht wirklich Lust darauf, tut mir leid. Ich denke, ich gehe lieber Kickboxen und morgen dann mit einer Freundin", lüge ich und ziehe meine Schuhe aus.

Er sieht mich verwundert an. „Eine Freundin?" Lachend nicke ich und laufe dann kurze Zeit später hoch in mein Zimmer.

Als Erstes lasse ich mich in mein geliebtes Bett fallen und starre an die Decke. Vielleicht hätte ich Liz nach ihrer Nummer fragen sollen, es wäre auf jeden Fall nützlich gewesen. Ich schnappe mir mein Handy und logge mich bei Facebook ein.

Schnell suche ich nach den Namen 'Liz Waters' und werde auch direkt fündig. Auf ihrem Profilbild steht sie irgendwo an der Küste und grinst in einem Sommerkleidchen in die Kamera. Ich sende ihr eine Freundschaftsanfrage und lege mein Handy schließlich weg.

Motiviert springe ich auf, schnappe mir eine Stoffshort und einen Sport-BH und gehe runter in den Keller. Da mein Vater ebenfalls ziemlich sportbegeistert ist, hat er sich hier einen kleinen Fitnessraum mit allen möglichen Utensilien eingerichtet, in dem ich nun auch in Zukunft trainieren darf. Ich stelle mich vor den Boxsack und stelle mit das Gesicht von Parker darauf vor.

Ist es denn überhaupt möglich, dass man eine Person nach einem Tag bereits so  verabscheut? Der Junge ist einfach alles, was man sich unter schlimm vorstellen kann.

Immer fester schlage ich auf den Boxsack ein, um die heutigen Aggressionen rauszulassen. Wenn ich ab heute im Team spiele, muss ich unbedingt an mir arbeiten. Als Auswechselspielerin werde ich meine Tage sicherlich nicht verbringen, und wenn Cliff andeutet, dass es möglich ist sich hochzuarbeiten, werde ich diese Chance auf alle Fälle nutzen.

Am Besten bin ich als Stürmerin oder als Mittelfeldspielerin. Vielleicht würde es mir mit der Zeit sogar gelingen, Jared's Platz einzunehmen.

Ein schelmisches Grinsen schleicht sich auf meine Lippen und ich beschließe, ab heute mehr an meiner Kondition und meinen Fußballkünsten zu arbeiten.

Bester FeindWhere stories live. Discover now