Chapter 68

18.8K 1.3K 57
                                    

C H A R L I E
-
Verzweifelt versuche ich, meine Augen offen zu halten, aber es gelingt mir einfach nicht.

Mr. Grave schreibt fleißig seine Chemieformeln an die Tafel, die ich weder entziffern, noch  verstehen kann.

Immer wieder wird mir kotzübel und mein Kopf dröhnt. Noch dazu kommen die Halsschmerzen, die mich seit zwei Tagen begleiten und ich befürchte, dass sich eine Grippe ankündigt. Seufzend lehne ich mich in meinem Stuhl zurück. Liz, die mir immer wieder komische Seitenblicke zuwirft, stöhnt nur genervt auf.

„Melde dich doch einfach ab", meint sie, aber ich schüttele stur den Kopf. Nach Hause will ich nicht, aber die Lust darauf, hier zu bleiben, fehlt mir allerdings auch.

Ich sehe mich im Klassenzimmer um. Fast alle reden, schlafen halb oder starren einfach nur gelangweilt in die Luft, während unser geliebter Lehrer immer wieder warnende Blicke nach hinten wirft, die aber nichts bringen.

„Wieso ist Chemie nur so langweilig?", frage ich verzweifelt und schließe mein Heft.

„Das wüsste ich auch gerne", gibt Liz zurück.

Ganz schnell und so unauffällig wie möglich werfe ich einen Blick nach hinten zu Jared. Er ist gerade dabei, mit Anthony zu reden. Anscheinend haben die Zwei eine kleine Meinungsverschiedenheit, denn sie gestikulieren beide stark mit den Händen. Schnell wende ich meinen Blick wieder ab. Es geht mich schließlich nichts mehr an, was Jared macht.

„Gott, meine Kopfschmerzen bringen mich noch um", gebe ich ehrlich zu und reibe mir die Schläfe.

„Dann geh doch in das Krankenzimmer", schlägt Liz vor und ich denke nach.

„Hm ja, vielleicht nach dieser Stunde in der Pause", antworte ich und sie nickt.

Wieder kann ich der Versuchung nicht widerstehen und werfe einen Blick nach hinten. Zu meinem Nachteil wirft Jared mir genau in diesem Moment auch einen Blick zu und sein kalter Blick lässt mich nur einmal mehr merken, wie sehr er mich wohl verabscheuen muss.

Auch er hat meinen Blick gemerkt, sieht aber nicht weg. Als Anthony etwas zu ihm sagt und noch dazu auf mich zeigt, wird mir klar, dass sie eindeutig über mich sprechen.

„Macht es halt noch unauffälliger. Idioten", murmele ich und Liz sieht mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

„Was hast du gesagt?"

Ich winke ab und sehe wieder nach vorne zur Tafel. Kein weiterer Blick mehr nach hinten.

Die Stunde vergeht quälend langsam und von Minute zur Minute fühlt sich mein Kopf schwerer an. Dementsprechend glücklich bin ich darüber, als die Stunde endlich vorbei ist und ich meine Sachen packen kann.

„Ich gehe dann mal in das Krankenzimmer", sage ich zu Liz, die nickt und mich umarmt.

„Ich gehe in die Cafeteria", meint sie und ich hebe meinen Daumen hoch. Unsere Wege trennen sich im Gang und ich laufe langsam zum Krankenzimmer, welches eher im Westflügel der Schule liegt.

In meinen Gedanken versunken klopfe ich an die Tür und trete ein. Eine kleine ältere Frau, unsere Schulkrankenschwester, kommt auf mich zu und lächelt mich warm an.

„Was kann ich für dich tun, mein Kind?", fragt sie nett. Auf ihrem Namensschild steht 'Evelyn Sweat'.

„Mir geht es schon den ganzen Tag nicht so gut. Ich befürchte, ich bekomme eine Grippe. Ich wollte mich nur kurz für eine halbe Stunde ausruhen oder so", sage ich höflich und lächele sie an.

„Oh ja, du bist auch sehr blass", meint sie mit einem kritischen Blick auf mich gerichtet. Schnell dreht sie sich um, kramt nach einer Decke und schickt mich in den Nebenraum, in dem ein gewöhnliches Sofa steht, auf dem man sich hinlegen kann.

Ehrlich gesagt ekele ich mich ein wenig vor dem Sofa, wer weiß, was darauf schon alles passiert ist. Aber alles ist besser als Unterricht, weshalb ich mich mit der Decke hinlege und die Augen schließe. Mein Schlafmangel macht sich stark bemerkbar, denn ein paar Minuten später schlummere ich vor mich hin.

Erst, als Stimmen draußen ertönen, wird meine Sicht wieder klarer und ich versuche, die Stimmen zu identifizieren. Eine davon gehört definitiv zu Liz, die andere könnt Anthony sein. Aber was mir am meisten Herzrasen bereitet, ist Jareds Stimme.

„Was habt ihr denn gemacht?", fragt die Krankenschwester verblüfft und eine Stille folgt.

„Die Jungs hatten..- eine kleine Meinungsverschiedenheit", sagt Liz schließlich und ich schrecke auf. Das bedeutet definitiv nichts Gutes.

„Jesus Maria, dich hat es aber getroffen Junge. Na los, nimm dir einen Kühlakku und leg dich hin", meint Evelyn. Mein Herzschlag beschleunigt sich noch mehr. Welchen Jungen meinte sie? Jared oder Anthony?

Meine Frage wird beantwortet, als Jared mit einem blauen Augen und blutverkrusteter Nase ins Zimmer tritt. Geschockt sehe ich ihn an, doch er bemerkt mich erst ein paar Sekunden später.

„Guck nicht so.", meint er und ich senke meinen Blick. Mit viel Abstand zwischen uns setzt er sich ebenfalls auf das Sofa und hält sich den Kühlakku auf das Auge.

„Was ist denn mit dir passiert?", frage ich leicht schockiert. Er schweigt, und fast denke ich, er würde mich ignorieren, bis er schließlich sagt: „Nichts besonderes. Mit dir?"

Es isr das erste Mal seit Ewigkeiten, dass er normal mit mir redet. Normal, ohne Beleidigungen, ohne einer eiskalten Stimme. Einfach so, wie er immer redet.

„Ich bin krank", meine ich und er rollt mit den Augen, bevor er mich vorwurfsvoll ansieht.

„Ach echt? Dachte, du chillst hier so aus Spaß", sagt er ironisch und ich muss ein wenig Lächeln.

„Kopfweh. Halsweh. Ich glaube, eine Grippe", sage ich schließlich und er nickt langsam.
Danach haben wir kein Wort mehr gewechselt und er ist in sein altes Verhaltensmuster zurückgefallen. Was habe ich auch erwartet? Dass er aufsteht, mich in den Arm nimmt und sagt, dass alles wieder perfekt ist?

Seufzend verfluche ich mich für meine eigene Dummheit, als ich nach Schulschluss das Krankenzimmer verlasse. Und alles in mir brennt danach, herauszufinden wieso Anthony und Jared sich geprügelt habe. Denn die Schläge, die er kassiert hat, kamen definitiv von ihrer kleinen Meinungsverschiedenheit.

Bester FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt