Chapter 39

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J A R E D
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Wir laufen den langen Gang entlang zur Anmeldung. Überall sitzen Eltern, Großeltern und Kinder, die sich die Wartezeit mit Lesen und nervös mit dem Fuß wippen vertreiben.
Ich frage mich, worauf sie wohl gerade warten.

Die Atmosphäre ist angespannt und es riecht nach diesen ekelhaften Desinfektionsmitteln. Krankenhäuser sind definitiv einer der schlimmsten Orte. Auch Charlie lässt ihren nervösen Blick über die anderen gleiten und ich greife nach ihrer Hand, damit sie sich ein wenig entspannt.

„Guten Tag, was kann ich für sie tun?", fragt die Empfangsdame spitz, die ihrem Namensschild nach Ellisa Buttons heißt.

„Wir brauchen einen Arzt, für sie. Sie wurde heute ziemlich hart mit dem Ball am Kopf getroffen, vermutlich eine Gehirnerschütterung", sage ich, als Charlie ihren Mund nicht aufmacht.

„Name bitte."

Wieder reagierte Charlie nicht, sie starrt nur an die Wand.

„Charlett West.", antworte ich und sie nickt.

Mit einem kurzen Blick auf Charlie schickt sie uns in eines der Zimmer im zweiten Stock.

Ich befolge ihre Wegweisung und ziehe Charlie mit in den Aufzug.

„Was ist los?", frage ich besorgt und hebe ihr Kinn leicht an, damit sie mich ansieht. Sie lächelt kurz und schüttelt den Kopf.

„Nichts, passt. Alles okay."

Ich nicke langsam und drehe mich wieder dem Ausgang zu, um zu warten, bis wir oben ankommen. Im besagten Zimmer wartet ein Arzt auf uns, relativ jung, meiner Meinung nach.

„Guten Tag, was kann ich für euch tun?", fragt er und reicht Charlie die Hand.

„Sie hat wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung", meine ich ruhig und er betrachtet Charlie nachdenklich.

„So so. Na dann setz dich mal, Kleines."

Seit wann dürfen Ärzte so verdammt jung sein?

Charlie lässt sich auf der Liege nieder. Sie ist so klein, dass ihre Füße noch in der Luft baumeln.

Der Arzt kommt mit allen möglichen Geräten an und Charlie wird untersucht. Noch immer starren ihre Augen ins Leere und ich muss die Fragen beantworten.

„Hm ja, es ist eine leichte Gehirnerschütterung. Ich werde ihr etwas verschreiben müssen, wegen ihrem Kreislauf. Der ist ebenfalls extrem schlecht. Machst du irgendeine Sportart?"

Charlie nickt langsam und er fischt nach einem Zettel.

„Dann hol dir unten einen Attest, ich empfehle dir, ca. zwei Wochen lang keinen Sport zu machen", meint er und kritzelt auf dem Zettel rum.

„Das geht nicht. Ich hab dieses Wochenende ein Spiel", krächzt Charlie und hebt selbstbewusst ihr Kinn.

„Dann musst du wohl von der Bank aus zuschauen", antwortet der Arzt ihr und Charlie schnaubt auf. Triumphiert muss ich grinsen und bin kurz davor, meine Arme in die Luft zu strecken und einen Freudenschrei auszustoßen, als ich merkt, dass Charlie den Arzt auch nicht so zu mögen scheint.

„Na dann. Hier. Ruh dich viel aus, und bitte nimm die aufgeschriebenen Tabletten. Ich hab sie dir nicht grundlos verschrieben."

Sie nickt, nimmt den Zettel in Empfang und wir verabschieden uns.

„So ein Schnößel", murmele ich draußen und sie zuckt mit den Schultern. "

„Ich fand ihn ganz nett. Und er war heiß", gibt sie zurück und steigt in den Aufzug.

„Pff, die Empfangsdame war auch heiß", zische ich und sie sieht mit grinsend von der Seite an.

„Die war locker 20 Jahre älter als du."

Ich zucke mit den Schultern und richte meinen Blick auf die Aufzugtür. „Na und, ich steh auf Ältere."

-

Seit zwei geschlagenen Stunden sitzen wir nun hier und warten auf den Attest.

„Wie lange brauchen die noch?", stöhne ich genervt und Charlie zuckt mit den Schultern. Seit einiger Zeit ignoriert sie meine Fragen und Gesprächsversuche und widmet sich voll und ganz ihrer mittlerweile fünften Zeitschrift. Fieberhaft denke ich nach, was sie wohl haben kann, als diese komische Tante vom Empfang endlich ihren Namen aufruft.

Sofort springe ich zu ihr, Charlie dagegen lässt sich etwas Zeit.

„Was hat das so lange gedauert?", blaffe ich die Frau an, sie aber schenkt mir nur einen kalten Blick.

„Wir haben durchaus wichtigere Fälle als ein Attest", gibt sie zurück und ich balle die Faust.

Sie überreicht Charlie den Zettel, auf den wir verdammte zwei Stunden warten mussten, und widmet sich sofort einer anderen Patientin.

„Blöde Kuh", murmele ich und folge Charlie, die direkt auf den Ausgang zumaschiert. Sie stellt sich vor meinen Wagen und wartet ungeduldig bis ich dort ankomme.

„Sollen wir die Tabletten holen?", frage ich im Bezug auf ihre Kreislaufkapseln.

„Nein. Fahr mich heim", sagt sie knapp angebunden und schnallt sich an.

Verblüfft sehe ich sie von der Seite an.

„Kannst du mir mal sagen, was dein Problem ist?", frage ich verwirrt wegen ihrer Stimmungsschwankungen.

„Mein verdammtes Problem bist du und deine Aussage", knurrt sie und verwirrt mich damit noch mehr.

„Welche Aussage?"

„Ich steh auf Ältere", äfft sie mich nach und ich stutze.

„Charlie, das hast du doch nicht etwa ernst genommen?"

Warum müssen Mädchen nur so kompliziert sein?

„Oh doch, das hab ich. Parker, kein Schwein zwingt dich, mich hier zu bemuttern und bei mir zu sein. Ich kann ja nichts dafür, dass ich..-"

Ich schneide ihr mit einer Geste das Wort ab.

„Charlie, ich hab das doch nicht Ernst gemeint, was machst du jetzt so ein Drama daraus? Ich würde doch niemals mit so einer 40-Jährigen befreundet sein und chillen wollen", sage ich vorwurfsvoll.

„Warum kommst du jetzt damit? Ich meine doch nicht befreundet sein", knallt sie mir an den Kopf und ich seufze.

„Was meinst du denn dann?"

Sie scheint zu überlegen. „Das, also..-,egal. Egal, geh. Fahr los, ich will heim", stottert sie und ich seufze wieder.

„Mädchen..", murmele ich leise und sie dreht sich beleidigt weg. Angestrengt denke ich nach, was es sein könnte. Was zur Hölle meint sie denn bitte? Ich verstehe es nicht.

Schnell lenke ich den Wagen auf die Straße und fahre zu ihr nach Hause. Immernoch in meiner Jogginghose sitzt sie in Richtung Fenster gedreht.

„Ist dein Vater daheim?"

Sie nickt kurz als Antwort und ich konzentriere mich, weiter zu fahren. Vor ihrem Haus angekommen springt sie direkt raus, ohne ein weiteres Wort zu sagen, und läuft in Richtung Haustüre.

„Immer wieder gern..-", schnaube ich und lehne mich rüber, um die Beifahrertür zu schließen. Sie selbst ist schon längst im Haus verschwunden und ich gebe Gas, um von hier wegzukommen.

Bester FeindWhere stories live. Discover now