Chapter 64

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C H A R L I E
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Ich laufe ihm hinterher zum Wagen und je näher ich dem grauen Opel komme, desto mehr zittern meine Knie.

Ich schätze mal, den Teil des Planes hat mein Kopf komplett ausgeblendet.

Völlig abwesend stehe ich herum und bemerke nichtmal, dass Nico den Wagen bereits aufgeschlossen hat.

„Charlie? Charlie! Steig ein", sagt er leicht genervt und ich atme tief ein. Mit einem Ruck reiße ich die Autotür auf und setze mich. Das kühle Leder empfängt mich. Mein Kopf ist wie leer gefegt, als Nico den Wagen anspringen lässt und wir den Club langsam hinter uns lassen.

Meine Gedanken drehen sich nur um Jared. Was er wohl dazu sagen wird? Wird es ihn überhaupt interessieren?

„An was denkst du?" Wieder reißen mich Nicos Worte aus meinen Gedanken und ich lächele zögerlich.

„An nichts", antworte ich und er nickt. Ich nehme Nico das erste Mal richtig unter die Lupe.

Sein Gesicht ist kantig, ein leichter Drei-Tage-Bart ziert sein Kinn und seine Augen stechen stark heraus. Die Farbe ist außergewöhnlich und sein Blick kann einem das Blut in den Adern gefrieren lassen.

„Bist du jetzt dann fertig mit dem Abchecken?", lacht er, doch es ist kein besonders freundliches Lachen. Sein Blick ist immer noch auf die Straße gerichtet. Wie zum Teufel hat er bemerkt, dass ich ihn beobachte?

„Nein, nicht ganz", sage ich bissig und starre ihn provokant ein paar Sekunden länger an, bevor ich meinen Blick abwende. Er idt gewiss nicht hässlich, aber sein Charakter widert mich nach wie vor an.

Und je länger wir fahren, desto unsicherer werde ich. Ich hätte mich niemals von Liz überzeugen lassen sollen und ich hätte niemals mit ihm mitgehen sollen. Wie bin ich nur darauf gekommen und wieso zur Hölle hatte ich überhaupt auch nur eine Sekunde daran gedacht, dass es mir was bringen würde, wenn ich mit ihm mitgehe?

Ich seufze, als mir klar wird, dass wir vor seinem Haus ankommen. Kein zurück mehr.

Er parkt in der Einfahrt und grinst mich an.

„Schönes Haus", meine ich und er nickt, bevor er den Schlüssel nimmt und aussteigt.

Ich folge ihm wortlos in die, mehr oder weniger, große Villa.

„Mein Zimmer ist oben. Links, neben dem Badezimmer. Geh schon mal vor, ich komme gleich nach", sagt er kurz angebunden und ich nicke.

Schnell ziehe ich die hohen Hacken aus und werfe sie in die Ecke. Ich laufe die Treppe hinauf und folge seinen Anweisungen. Tatsächlich betrete ich ein großes Zimmer, das stark nach ihm roch.

Sein Bett ist doppelt so groß wie meins und ich lasse mich darauf fallen.

Was tue ich hier eigentlich?, denke ich und schlage mir gegen die Stirn. Genau in dem Moment betritt Nico das Zimmer und sieht mich grinsend an.

„Du stehst also auf Schläge, so so. Das lässt sich, denke ich mal, machen", sagt er lachend. Ich schlucke schwer und sehe ihn an. Mein Selbstbewusstsein hat sich aus dem Staub gemacht und ich fühle mich wie eine Unterworfene. Wieso habe ich mich auch in diese Situation gebracht?

„Na, dann wollen wir mal Jared verletzen.", sagt er und zieht sich sein T-Shirt aus. Geschockt starre ich ihn an und mir verschlägt es die Sprache.

„Warte. Warte, warte, warte. Ich habe es mir anders überlegt. Ich will nicht, Nico", bringe ich schließlich hervor und meine innere Stimme applaudiert mir.

Er sieht mich verwirrt an. "Wieso?"

Ich überlege und suche verzweifelt für eine logische Erklärung.

„Ich kann das nicht. Ich bin nicht so. Ich will nicht zu einer Hannah mutieren und ich will sicherlich nicht mit dir schlafen, sorry nichts gegen dich. Und ich finde das nicht fair gegenüber Jared", sage ich und er nickt langsam.

„Aber findest du Jareds Benehmen dir gegenüber fair?", widerlegt er meine Aussage und ich zucke mit den Schultern.

„Nein, natürlich nicht. Aber ich kann es trotzdem nicht. Weil, einfach weil", stottere ich. Wieder kommt nur ein Nicken.

„Und was jetzt?", fragt er schließlich und ich seheihn ratlos an.

„Naja, ich hätte immer noch Lust, Jared eins auszuwischen. Aber da ich dich nicht zwingen will, nicht dass du mich wegen Vergewaltigung anzeigst, würde ich sagen, wir behaupten einfach, dass wir es getan haben", sagt er achselzuckend und ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

Ein verlockender Vorschlag, aber will ich wirklich, dass es so bei anderen Leuten ankommt?

"Ich..-ich überlege es mir. Kannst du mich vielleicht nach Hause bringen?", frage ich zögerlich und er nickt nach einer langen Schweigeminute.

J A R E D
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Ich halte vor unserem Haus, doch lasse den Motor an.

„Willst du nicht mit?", fragt Liz verwirrt und ich antworte ihr mit einem Kopfschütteln.

Besorgt blickt sie mich an, bevor sie aussteigt und zu der Haustür stöckelt. Noch bevor sie das Haus betritt, trete ich auf das Gaspedal und fahre mit einer viel zu hohen Geschwindigkeit weg. Die Straßen sind leer, so wie mein Kopf.

Das Einzige, was ich fühlt, ist Hass. Und Wut. Würde mir Nico jetzt über den Weg laufen, würde er definitiv nicht ohne Verletzungen davon kommen. Doch auch Charlie gegenüber staut sich immer mehr Hass. Hassliebe.

Ich kann es immernoch kaum fassen, was Liz mir da vorhin gesagt hat. Wie kann sie nur? Wieso ist mir noch nie aufgefallen, wie falsch sie ist?

Ich bremse stark und werde nach vorne geschleudert. Ich Idiot wollte ihr doch tatsächlich noch hinterher rennen.

Wie stark kann man sich in einem Menschen täuschen? Es wäre das zweite Mädchen, dass ich alleine wegen meiner Dummheit verloren habe. Vielleicht sind garnicht Nico und die Anderen daran Schuld. Vielleicht bin ich ja derjenige, der Schuld an Allem hat. Vielleicht bin ich derjenige, der es einfach nicht verdient. Und vielleicht sollte ich mich auf etwas Anderes als Mädchen konzentrieren.

Mein Schulabschluss, damit ich so schnell wie möglich von hier wegkomme. Weit weg, um den Kontakt zu jedem hier abbrechen zu können.

Plötzlich fällt mir alles wieder ein. Das erste Treffen mit Charlie. Der erste Kuss. Ihr Lachen, wenn ich mich ungeschickt anstelle und das Leuchten in ihren Augen, wenn sie von etwas redet, dass sie liebte. Die Bilder in meinem Kopf ziehen an mir vorbei.

Und die Wut in mir nimmt mir die Luft zum atmen.

Bester FeindWhere stories live. Discover now