Chapter 87

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Sterben war scheiße. Zugegeben, das wunderte mich nicht besonders. Es war nicht das erste Mal, dass ich gestorben war. Aber es war das erste Mal, dass es endgültig sein sollte. Nichts würde sich je mit der Angst vergleichen können, die ich empfand, als Kat und ich in die Dunkelheit gezogen wurden und ich nichts mehr wahrnehmen konnte. Das nächste, an das ich mich erinnern konnte, war Hitze. Flammen an meinem gesamten Körper, der Geruch nach faulen Eiern. Und Schmerzen. Unvorstellbare, niemals endende Schmerzen, als ob ich bei lebendigem Leib verbrennen würde. Aber inmitten dieser Hölle nahm ich auch noch etwas anderes wahr. Eine Hand in meiner, an die ich mich instinktiv festklammerte. Eine Berührung, die mich dazu brachte, trotz aller Schmerzen meine Augen zu öffnen.

Das erste, was ich sah, waren Flammen. Feuer, soweit ich sehen konnte. Es schien nichts anderes zu geben, nur dieses alles verschlingende Feuer. Bis ich sie neben mir erkannte. Sobald ich Kat sah, öffnete auch sie ihre Augen. Ihr Mund war geöffnet, aber ich konnte ihre Schreie nicht hören. Ich konnte nur dabei zusehen, wie sie ebenso sehr litt wie ich. Als Kat in meine Augen sah, schien sie noch ein wenig mehr in sich zusammenzusacken. "Es tut mir leid", formten ihre Lippen und mir stiegen trotz der Hitze Tränen in die Augen. Das sollte also das Ende sein? Den Rest der Ewigkeit in der buchstäblichen Hölle zu verbringen?

Ich war kurz davor, die Hoffnung aufzugeben, als sich plötzlich etwas änderte. Zuerst verschwand dieser widerliche Geruch nach Schwefel, danach löschten sich die Flammen, bis Kat und ich alleine in einem leeren, dunklen Zimmer standen. Ohne zu zögern zog ich meine Verlobte näher zu mir, um sie in meine Arme zu schließen. Ich wusste nicht, wie lange wir diese Schmerzen ausgehalten hatten, aber es kam mir vor wie eine Ewigkeit.

"Was hast du nur getan?", flüsterte Kat leise und löste sich ein wenig von mir, um mich besser ansehen zu können. "Du hättest mich einfach loslassen können. Ich habe es gespürt, diese Dunkelheit wollte nur mich. Wenn du mich doch nur losgelassen hättest... Ich bin mir sicher, du hättest durch Bonnie gehen können. Oder zumindest deinen Frieden finden können. Du hast schon dein Leben geopfert, für die winzige Chance, mich damit zu retten. Wieso opferst du jetzt auch noch dein Leben nach dem Tod?"

"Ich liebe dich eben", antwortete ich und musste ein Schluchzen unterdrücken. "Und es ist kein Opfer. Ich hätte niemals Frieden finden können, nicht ohne dich. Ich habe es dir schon mal gesagt, und ich sage es dir noch mal: Ich folge dir überall hin. Selbst wenn es die Hölle ist. Ich bin lieber hier mit dir als irgendwo im Himmel ohne dich."

"Das ist wirklich beeindruckend." Sofort drehte ich mich zu der Stimme um, die das gesagt hatte. Anscheinend waren Kat und ich doch nicht allein.

"Wer sind Sie?", fragte ich und stellte mich unwillkürlich ein wenig vor Kat. Irgendetwas sagte mir, dass dieser Mann derjenige war, der uns hierhergeholt hatte und wenn er Kat in dieser Hölle foltern wollte, würde ich ihn nicht näher an sie heranlassen als nötig.

"Oh, stimmt ja, ich sollte mich vorstellen. Entschuldigt, es ist schon eine ganze Weile her, seit ich mit jemandem gesprochen habe. Man hat nicht viel Kontakt zu Menschen, wenn man über die Hölle herrscht. Mein Name ist Arcadius, aber meine Freunde nennen mich Cade."

Ich versuchte, diese Information so schnell es ging zu verarbeiten und einfach zu akzeptieren, dass er sich gerade irgendwie als der Teufel vorgestellt hat. "Also gut, Arcadius, was willst du von uns?" Ich spürte, wie Kat ein wenig hinter mir hervortrat, als wollte sie mich davon abhalten, noch etwas Dummes zu sagen. Ich konnte es ihr nicht verübeln, es war vielleicht nicht die klügste Idee, den Teufel höchstpersönlich zu provozieren. Zu unserem Glück lachte er aber nur ein wenig.

"Die eigentliche Frage ist, was ich von dir will, Emily. Deine Freundin hier ist nur eine Seele von vielen, die ich an diesen Ort geholt habe, um für ihre Sünden zu büßen. Aber du bist etwas Besonderes."

"Tatsächlich? Und wieso bin ich das?" Eigentlich interessierte es mich nicht wirklich, wieso der Teufel mich für besonders halten könnte, aber solange er redete, konnte er Kat und mich nicht weiter bei lebendigem Leib verbrennen, und das hielt ich für einen Fortschritt.

"Weil du, abgesehen von mir selbst, die einzige Person hier bist, die es nicht verdient hat, hier zu sein. Du warst nicht bestimmt dazu, hier zu landen. Du hast dich dafür entschieden, als du deine Freundin nicht gehen lassen wolltest. Das habe ich bisher noch nie erlebt und ich lebe schon seit mehreren Jahrtausenden. Das ist beeindruckend."

"Was? Wenn ich es nicht verdient habe, in der Hölle zu sein, warum ist Kat denn hier? Sie hat immer nur versucht, sich selbst zu schützen, um zu überleben. Sie hat sich dieses Leben nicht ausgesucht, es wurde ihr aufgezwungen. Sie hat diese Folter ebenso wenig verdient wie ich."

"Da liegst du leider falsch. Deine geliebte Katherine hat viele Unschuldige umgebracht, um ihr Ziel zu erreichen. Vor allem bevor sie dich kannte, hatte sie keine Hemmungen, alles zu tun, um sich selbst zu retten. Du hingegen hast immer nur die Menschen getötet, die noch größere Monster waren als du selbst und die einzigen, die du je beschützen wolltest, waren deine Brüder und deine Freundin. Katherines Seele gehört schon seit langer Zeit mir. Dass du sie jedoch hierher begleiten würdest, war nie geplant."

"Tja, wenn es ein Fehler war, dass ich hier bin, dann könntest du mich und Kat doch wieder zurückschicken, oder nicht?" Mir war klar, dass das nicht passieren würde, aber ich konnte es ja zumindest mal versuchen.

Als Arcadius einige Sekunden nicht antwortete, hatte ich schon Angst, dass ich zu weit gegangen sein könnte, aber dann fing er wieder an zu lachen. "Du gefällst mir, Emily. Aber selbst wenn ich euch rauslassen wollte, fürchte ich, dass ich das nicht kann. Deine Freundin hat es verdient, hier zu sein. Das einzige, was ich dir anbieten kann, ist, dich alleine zurück in die Lebenden zu schicken, um für mich zu arbeiten."

"Und Kat hier zurücklassen? Nein, das ist keine Option", antwortete ich sofort fest.

"Ja, das hatte ich mir schon gedacht."

"Emily, denk doch wenigstens mal darüber nach", meldete sich Kat plötzlich, die bisher überraschend still geblieben war. Sie schien wirklich Angst zu haben. "Ich will nicht, dass du nur wegen mir hier festsitzt. Wenn du dich retten kannst, dann tu es. Du hast es verdient, weiterzuleben. Ich will, dass du weiterlebst. Bitte."

Kurz sah ich Kat an, schüttelte dann aber den Kopf. "Vergiss es. Wenn es andersrum wäre, würdest du dich auch nicht anders entscheiden. Wir bleiben zusammen."

Bevor Kat mir noch einmal widersprechen konnte, schaltete sich Arcadius wieder ein. "Also gut, wo wir das jetzt geklärt hätten, habe ich dir noch ein Angebot zu machen. Ich habe einen Blick in meine Zukunft gesehen, und ich weiß, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ich sterben werde. Ich weiß nicht, wann es passiert oder wie, aber es wird passieren. Und wenn es soweit ist, wird dieser Ort mit mir vernichtet werden und alle Seelen, die hier festgehalten werden, werden wieder auf die Menschheit losgelassen. Es sei denn, jemand anderes übernimmt meine Aufgaben. Jemand, der bereit ist, für den Rest der Ewigkeit die Hölle zu führen. Und wenn ich dich richtig verstanden habe, würdest du alles tun, um deine Freundin zu retten. Wir können uns gegenseitig helfen, Emily Salvatore. Ich möchte, dass du meine Nachfolgerin wirst."

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreOnde histórias criam vida. Descubra agora