Chapter 82

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"Du hast was versucht? Wie kannst du es wagen?" Ich war mir ziemlich sicher, dass ich Nadia noch nie so wütend gesehen hatte. Genau genommen hatte ich noch nie jemanden so wütend gesehen. Und ich war wirklich froh, dass sie nicht mich so ansah.

"Spar dir die Mühe, ich hatte dieses Gespräch schon mit Emily." Kat warf mir von der Seite ein kurzes Lächeln zu. "Wir haben das schon längst geklärt. Ich werde nicht noch mal versuchen, mich umzubringen. Sagen wir einfach, das war eine kleine Fehlentscheidung von mir. Lasst uns das doch einfach ignorieren. Sag mir lieber, warum du mich so dringend sprechen wolltest."

Tief atmete Nadia durch, vermutlich um nicht komplett durchzudrehen. "Weil ich vielleicht eine Lösung gefunden habe, wie du dein Leben retten kannst."

Sofort richtete ich mich etwas mehr auf. Ich wusste es, ich wusste, es würde noch eine Möglichkeit geben.

"Tatsächlich? Ich bin ganz Ohr, was für eine Lösung ist das?"

"Dein Körper wird sterben, daran wird wohl keiner etwas ändern können. Aber das heißt noch lange nicht, dass auch du sterben musst. Dein Vater war ein Traveller, das bedeutet, dass auch du einer bist. Du kannst als Passagier im Körper von jemand anderem leben."

Einige Sekunden sah Kat ihre Tochter an, schüttelte dann aber zu meinem Entsetzen den Kopf. "Ich bin kein Traveller. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht einen einzigen Zauber gesprochen, ich glaube nicht, dass es jetzt plötzlich funktionieren könnte. Außerdem wird es nicht leicht sein, an diesen Zauber zu kommen."

"Dabei kann ich helfen. Ich kann den Zauber besorgen, das kriege ich ohne große Probleme hin. Es gibt sogar einen Zauber, mit dem man die Übernahme dauerhaft machen kann. Das ist die perfekte Lösung."

Strahlend sah ich zu meiner Freundin, aber mein Lächeln verblasste, als ich ihren Gesichtsausdruck sah. Sie war nicht begeistert. Irgendetwas übersah ich hier.

"Tja, da gibt es nur noch ein Problem. Ich möchte meinen Körper behalten."

Fassungslos starrte ich Kat an. "Was? Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du schlägst die vielleicht einzige Möglichkeit aus, wie man dein Leben retten kann, weil du keinen anderen Körper willst?"

"Ja, so sieht es wohl aus."

Ich spürte, wie ich langsam wütend wurde und stand ohne ein weiteres Wort auf.

"Emily? Wo willst du hin?", fragte Kat leise.

"Ich gehe jetzt etwas trinken. Ich weiß nicht, was für eine Begründung du dieses Mal hast, warum du sterben willst, aber ich will sie nicht hören. Zumindest nicht im nüchternen Zustand. Bei Nadia bist du sicher, wir sehen uns dann morgen früh."

Ohne ein weiteres Wort verschwand ich mit Vampirgeschwindigkeit und lief direkt zum Mystic Grill. Diese ganze Situation frustrierte mich. Kat frustrierte mich. Manchmal machte sie mich wirklich wahnsinnig. Als ich aber im Mystic Grill ankam, stieg meine Laune nicht gerade. Mein Zwillingsbruder stand an der Theke. Nicht gerade der Mensch, mit dem ich im Moment am liebsten sprechen würde. Aber jetzt hatte er mich schon gesehen, also brachte es auch nichts, wieder abzuhauen. Stattdessen ging ich direkt zur Bar und setzte mich neben Damon.

"Schlechten Tag gehabt?", fragte er leise.

"Kann man so sagen. Irgendjemand hat beschlossen, meine Freundin ermorden zu wollen und jetzt stirbt sie langsam vor sich hin", antwortete ich gereizt.

"Tja, das ist ziemlich scheiße."

Genervt sah ich meinen Bruder von der Seite an. "Du bist nicht gerade hilfreich, Damon. Ich will im Moment wirklich nichts mit dir zu tun haben. Ich bin immer noch wütend, falls du das nicht gemerkt hast."

"Doch, das habe ich gemerkt. Ich weiß, dass du Stefan mehr oder weniger verziehen hast, aber bei mir wird das wohl länger dauern."

"Natürlich wird es bei dir länger dauern. Du hast dich ja noch nicht einmal entschuldigt."

"Weil eine Entschuldigung eh nicht ernst gemeint wäre. Ich habe mich schon entschuldigt, bevor ich Katherine zu Silas gestoßen habe. Ich wusste, dass du mich hassen würdest, aber das war mir das Risiko wert. Silas war einfach eine zu große Gefahr. Wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich mich sogar selbst geopfert. Glaub nicht, dass mir diese Entscheidung leicht gefallen ist."

Überrascht sah ich meinen Bruder von der Seite an und überlegte dann kurz. "Weißt du was? Ich brauche wirklich jemanden, der mich auf andere Gedanken bringt. Scheint so, als wäre heute dein Glückstag. Also lass uns doch für diesen Abend vergessen, dass ich dich im Moment nicht ausstehen kann. Wollen wir nicht für einen Abend wieder das Zwillings-Dream-Team sein und alles andere ignorieren?"

"Das klingt nach einer wundervollen Idee." Leicht grinste Damon mich an und bestellte dann noch etwas für uns beide.

"Okay. Ich betrinke mich, weil meine Freundin stirbt und sie sich nicht helfen lassen will. Was ist deine Ausrede?"

"Ich habe mit Elena Schluss gemacht."

Überrascht drehte ich mich zu meinem Bruder um. "Was? Ist das dein Ernst? Ich dachte, sie wäre deine große Liebe."

"Das war sie auch. Das ist sie immer noch. Aber sie erwartet von mir, dass ich mich ändere, dass ich wie Stefan werde. Und das will ich nicht. Ich will mich nicht ändern."

Sofort dachte ich daran, dass Kat mir das genau so auch schon erklärt hatte. Dass diese Beziehung nicht funktionieren würde, weil Elena Damon nicht so lieben konnte, wie er war. Gegen meinen Willen hatte ich plötzlich Mitleid mit meinem Bruder. Auch wenn er mich wirklich verletzt hatte, hieß das noch lange nicht, dass jemand anderes ihn verletzen durfte. Das durfte nur ich. "Wenn es dich interessiert, ich mag dich so wie du bist. Zumindest mochte ich dich immer, bis du meine Freundin ermorden wolltest."

"Jetzt sind wir also doch wieder bei diesem Thema gelandet", seufzte Damon leise und ich trank als Antwort noch etwas.

"Okay, wir sollten das Thema Freundinnen definitiv sein lassen. Reden wir lieber... keine Ahnung, über alles, was du so gemacht hast, seit wir damals verwandelt wurden."

Die nächsten Stunden zogen an mir vorbei, ohne dass ich wirklich etwas davon mitbekam. Aber zumindest sorgte das Gespräch mit Damon im Zusammenspiel mit dem Alkohol dafür, dass ich nicht mehr die ganze Zeit an Kat denken musste. Als mein Handy jedoch klingelte und ich Nadias Namen auf dem Display sah, änderte sich das schlagartig. Sie sagte nur einen einzigen Satz, aber der alleine sorgte dafür, dass ich innerhalb von Sekunden wieder nüchtern war. "Katherine hatte einen Herzinfarkt."

Mysteries - The Story of Emily SalvatoreWhere stories live. Discover now