Kapitel 12

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Am nächsten Morgen fühlte ich mich gleich viel besser als am Gestrigen, was wohl auch ein wenig an Louis lag, den ich sah, als mein Wecker klingelte.

Er lag so süß verschlafen neben mir im Bett und hatte keine Lust aufzustehen, während ich schon lange voller Energie aus dem Bett gehüpft war.

„Wir müssen in die Schule", sagte ich.

„Was heißt denn hier wir? Du musst", murmelte er und blinzelte ein paar Mal, bis er doch entschied, seine Augen geschlossen zu halten.

Entsetzt sah ich ihn an. „Erinnerst du dich nicht mehr daran, was mir gestern passiert ist? Ich dachte, du willst auf mich aufpassen?"

„Ja, Annabell, will ich auch, aber du und ich brauchen auch Zeit für uns. In der Schule sind so viele Menschen um dich herum, du hast einfach keine wirkliche Möglichkeit zu sterben, außer du schlitzt dir auf Toilette die Pulsschlagader auf. Aber da du auf mich kein Stück Selbstmordgefährdet wirkst, sind wohl das Badezimmer und die Schule deine privaten Bereiche."

Irgendwie war ich erleichtert darüber, aber irgendwie auch nicht. Ich hatte es genossen, Zeit mit ihm zu verbringen, auch wenn wir nie wieder über unseren Kuss geredet hatten. Louis war mir in kürzester Zeit extrem ans Herz gewachsen, auch wenn das vielleicht nicht so sein sollte.

Ich erinnerte mich daran, was ich bei unserer ersten Begegnung gefühlt hatte. Er war ein Herzensbrecher. Dies ließ mich wieder an ihn und das Mädchen auf dem Schreibtisch zurückdenken. Eventuell war es besser, wenn ich mich von ihm distanzierte. Ich mochte ihn wirklich, aber diese Angst war da, dass er mir mein Herz bricht.

„Okay, einverstanden."

Louis lächelte mich an.

„Du kannst mich ja auch einfach auf deinem Handy als Notfallkontakt hinzufügen. Dann weiß ich immer, wenn dir etwas passiert, bescheid. Nicht, dass ich es nicht auch an den Schmerzen in meinem Kopf fühlen würde."

„Du hast Schmerzen, wenn mit mir etwas nicht stimmt?"

„Das wirst du wohl nie herausfinden. Viel Spaß in der Schule."

Louis wurde auf einmal unsichtbar und ich konnte nichts mehr sagen. Ich dachte nur darüber nach, ob er wirklich unsichtbar wurde, oder sich wegbeamte.

„Denkst du wirklich, es wäre richtig wieder zur Schule zu gehen?" Meine Mutter saß voller Sorge am Küchentisch und aß ihr Butterbrot. Vor ihr stand ihr morgendlicher Kaffee Latte und das Fenster stand sperrangelweit offen, so dass die frische Morgenluft hereinkommen konnte.

„Ja, genau dass denke ich, Mama. Ich kann das glaube ich langsam selbst entscheiden und ich möchte nicht auch immer nur hier herumsitzen und nichts tun."

„Du kannst ja hier deine Schularbeiten machen", schlug sie vor.

Ich verdrehte meine Augen, was sie absolut hasste. „Das ist nicht dasselbe. Ich will doch auch meine Freunde sehen und mich unterhalten. Außerdem verstehe ich hier den Stoff nicht so gut, wie in der Schule", erläuterte ich meine

Probleme.

Dass ich es mal erleben würde, wie meine Mutter mir untersagen wollte, zur Schule zu gehen, hätte ich nie gedacht. Allerdings hätte ich auch nie gedacht, dass mein neuer Schwarm ein vom Himmel gefallener Engel sein würde. Was es nicht alles gibt.

„Dann geh. Aber beschwer dich am Ende nicht bei mir, wenn dir etwas passiert."

Wie ich diesen Satz hasste. Er erlaubte es einem, etwas zu tun, aber irgendwie hatte er diese Erwartungshaltung, dass man selbst so schlau ist und es unterlässt. Schön aber, dass ich nicht schlau genug, beziehungsweise zu stur war, wenn man das so sagen konnte.

Der Himmel in seinen AugenWhere stories live. Discover now