Kapitel 29

52 14 0
                                    

„Was willst du hier?", genervt verdrehte ich meine Augen. Mit ihr hatte ich heute Abend am wenigsten gerechnet.

Katy lächelte mich freundlich an. „Ich dachte, ich besuche meine Schwester mal." Das tat sie mit Sicherheit nur, um hier shoppen gehen zu können, ohne ein Hotel bezahlen zu müssen.

„Katy, ich habe absolut keine Zeit für dich", meckerte ich sie an. „Wieso sagst du denn nicht vorher Bescheid?"

„Es war mehr so eine Spontanentscheidung", wandte sie ein und drängelte sich schon an mir vorbei, in meine Wohnung. Sie schien sich sofort Zuhause zu fühlen, wie sie ihren Kram direkt im Flur abstellte.

Louis kam verschlafen aus unserem Schlafzimmer und sah Katy verdattert an.

„Toll, jetzt hast du ihn geweckt", schnauzte ich.

„Ist er dein Baby, oder was?", zischte sie mich an.

Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte man nur so gehässig sein, wie sie es war? „Nein, aber er hatte Nachtschicht. Da Arbeitet man. Das Wort, was du nicht kennst."

Katy wohnte mit ihren mittlerweile zweiundzwanzig Jahren zwar alleine, wurde jedoch komplett von meinem Vater finanziert, der sich nicht mehr bei mir blicken ließ. Ich hatte es geschafft, dass er seine Höflichkeits-Treffen aufgegeben hatte und sich voll und ganz auf seine neue Tochter konzentrieren konnte.

„Was ist hier los?", fragte nun Louis, der noch nicht so ganz wahrgenommen hatte, wer die Person dort vor ihm war.

„Katy denkt, sie könnte ein paar Tage bei uns wohnen", erklärte ich ihm und lächelte Katy falsch zu.

Diese nickte nur.

„Soll sie doch", meinte Louis und machte wieder einen Schritt zurück ins Schlafzimmer.

Soll sie doch? Bitte was?! Ich dachte, er wäre immer auf meiner Seite, jedoch schien er zu verschlafen zu sein, um zu merken, wie schlimm das hier eigentlich war.

„Du schläfst auf dem Sofa." Ich deutete auf das Wohnzimmer und Katy sah genauso verdattert aus, wie Louis eben noch. „Denkst du, wir haben ein Gästezimmer, oder was?"

Katys Blick drückte einfach nur aus, wie schockiert sie war, dass sie wirklich auf dem Sofa schlafen musste. Nicht jeder hatte eine Gästezimmer Zuhause. Vor allem nicht in so einer kleinen Wohnung, wie Louis und meine es war. Wir hatten damals Glück gehabt, überhaupt eine zu bekommen. Anscheinend vermieten die Leute hier nicht so gerne an Studenten.

„Du kannst zwei Tage bleiben", sagte ich, weil sonst mein Vermieter stinkig werden würde.

Ich brachte Katy zu ihrem neuen Bett und sie ließ ihre Sachen direkt davor fallen. „Ich bleibe lieber nur eine Nacht", sagte sie. Wahrscheinlich wäre sie sofort zurückgefahren, wenn es noch möglich gewesen wäre.

„Habt ihr was zu essen?"

„Bedien dich." Ich deutete auf den Kühlschrank, in der offenen Küche. Da sie immer noch den Körper eines Models hatte, ging ich nicht davon aus, dass sie diesen leeressen würde. Und wenn doch, dann durfte sie erst einmal Essen shoppen, anstatt Klamotten.

Katy verschwand dann auch gleich wieder, sie wollte in die Stadt.

„Oooh", stöhnte Louis genervt, als er sich auf sein Bett fallen ließ.

Ich setzte mich zu ihm an den Bettrand. „Tut mir leid. Ich wusste nicht, dass sie kommt."

„Es ist nicht deine Schuld", murmelte er.

Louis war nicht so super drauf, wenn er Nachtschicht hatte und dann morgens aufwachte, egal von wem es verursacht wurde.

„War denn was los auf der Arbeit?", fragte ich ihn, während ich mich an ihn kuschelte.

Louis begann leicht zu nicken. „Ein Feuer in einem Hochhaus", erzählte er. „Ich musste ein kleines Kind rausholen." Louis erzählte das immer schon, als wenn es das Normalste der Welt wäre. Ich glaube, er wusste gar nicht, wie sehr ich immer Angst hatte, dass er irgendwann nicht wieder nach Hause kommen würde.

„Ich bin so stolz auf dich", lobte ich ihn und das war nicht gelogen. „Du bist ein Schutzengel, für jeden."

Ich konnte spüren, wie Louis schmunzelte. Er mochte es, wenn ich ihn einen Engel nannte. Er nannte mich auch oft wie einen.

„Das sagt die Richtige, du kleiner Engel."

Sag ich doch.

„Schlaf mal lieber noch ein bisschen. Was möchtest du zum Abendbrot?", erkundigte ich mich bei ihm liebevoll.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich hätte mal wieder Lust auf Döner", entschied er dann doch.

„Okay, dann bestell ich nachher etwas."

Louis beherrschte sich, dass er nicht zu sehr schmatzte, während Katy neben uns am Tisch saß. Katy schien das Essen nur halb so lecker zu finden, wie Louis und ich, was wohl daran lag, dass sie sich nur einen Salat bestellt hatte. „Ich muss doch auf meine Figur achten", hatte sie gesagt, als wenn sie nicht schon einer der dünnsten Mädchen der Welt war.

„Louis, könntest du mir bitte eine Serviette reichen?", fragte Katy ganz höflich. „Du bist so ein Engel", sagte sie und grinste Louis zu, der sie böse ansah. Hatte sie unser Gespräch vorhin belauscht, oder was sollte das hier jetzt werden?

„Mach ich doch gerne", entgegnete Louis, warf ihr aber trotzdem weiter böse Blicke zu. Hatte ich etwas verpasst?

„Also ich finde den Döner sehr lecker. Wir sollten den Lieferanten jetzt immer nehmen", warf ich in den Raum, um die komische Stimmung aufzulockern.

„Wie lange seid ihr jetzt zusammen?", fragte Katy mich und Louis Blicke wurden immer böser. Hatte sie etwa vor, mir meinen Freund auszuspannen, oder was sollte das hier werden?

„Vier Jahre", beantwortete ich ihre Frage und aß meinen Döner weiter, als wenn nichts wäre. Ich pickte immer zuerst ein wenig heraus, damit der Döner dünner wurde und dann nahm ich ihn in die Hand und aß ihm mit dem Brot und noch ein wenig Füllung. Ich glaube, jeder hatte da so andere Arten. Louis zum Beispiel stopfte einfach alles, egal in welcher Reihenfolge.

„Und habt ihr vor, in nächster Zeit noch mal umzuziehen?"

Was sollten denn all ihre Fragerein? Sie glaubte doch nicht wirklich, dass ich ihr abnahm, dass sie sich für mich interessierte.

„Nein, Katy. Ich studiere und arbeite hier und Louis arbeitet hier. Wieso sollten wir von hier wegziehen?"

„Ich frag doch nur", zischte sie und mir fiel auf, dass ich das eventuell zu aggressiv gesagt hatte.

„Tschuldigung", murmelte ich.

Katy hörte nicht auf mit ihrer Fragerei, bis ich das Gefühl hatte, dass sie alles über mich wusste.

Ich sah, wie sich ein Grinsen auf Louis Gesicht bildete, hatte jedoch keine Ahnung, was das nun schon wieder zu bedeuten hatte.

„Und du studierst?", fragte Katy mich. Schön, dass sie nicht einmal das über mich wusste.

Ich nickte.

Konnte ihr jedoch egal sein. Von Bildung hielt sie eh nicht viel, geschweige denn von Arbeiten. Ich glaube, sie kannte dieses Wort nicht einmal.

Der Himmel in seinen AugenМесто, где живут истории. Откройте их для себя