Kapitel 3

144 34 2
                                    

„Und du bist?", riss er mich aus meinen Gedanken und ich merkte, wie ich ihn gerade angestarrt hatte. Umso eiliger hatte ich es jetzt, auf die Toilette zu gehen.

„Annabell. Ich muss doch nicht mehr", erklärte ich und legte wieder den Rückwärtsgang ein und rannte förmlich zurück in den Flur, wo ich dann die Tür hinter mir schloss. Jetzt erblickte ich gegenüber von mir eine Tür mit einem Schild WC und fühlte mich wie die größte Idiotin. Ich riss die Tür auf und erledigte erstmal, was ich erledigen musste.

„Hast du geschissen?", lachte Noah, als ich wieder in sein Zimmer kam. Mir gefiel es, dass er so locker gegenüber mir war.

„Nein, verlaufen", lachte ich zurück, auch wenn ich meine Tour in fremde Zimmer gar nicht zum lachen fand. Passierte wahrscheinlich jedem einmal...

„Und gehst du heute Abend auf diese Party?" Ach ja, die gab es auch noch. Hatte ich schon wieder komplett aus meinem Kopf verdrängt. Mir machten eher diese blauen Augen zu schaffen.

„Ach, ich weiß irgendwie nicht. Ich möchte eher nicht, aber als gute Freundin kann ich Liv auch nicht mit so einem Typen alleine lassen. Ich verstehe gar nicht, wieso sie sich den angelacht hat."

„Und jetzt musst du auf sie aufpassen und das wieder ausbaden", stellte er fest.

„Genau", stimmte ich ihn zu. „Das ist so ein Mädchen-Ding. Das muss man als Freundin halt tun, egal wie sehr man den Typen hasst. Und noch so ein Mädchen-Ding ist es, dass man seine Freundin immer unterstützt, also kann ich ihr gar nicht sagen, dass ich ihn nicht mag."

Noah sah mich an, als wäre ich ein kleines, naives, dummes (und was es noch so für schlechte Adjektive gab) Kind. „Es ist nicht deine Aufgabe, das zu tun." Doch das war es.

Mit genau dieser Einstellung stand ich dann auch abends in einem roten Sommerkleid mit Liv und Finn vor seinem schwarzen Mercedes und schaute mir das Haus an, von dem ich keine Ahnung hatte, wer dort wohnte und wer die Party überhaupt schmiss.

Selbstsicher ging Finn durch die Haustür und trat ein, Liv lief ihm hinterher, wie ein kleines Hündchen. Dabei rutschte der Träger ihrer schwarzen Tops, das eigentlich nur ihre Brüste und ein wenig von ihrem Bauch verdeckte, hin und wieder mal herunter. Ich folgte den Beiden, da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte. Nach ein paar Sekunden, die wir erst im Haus waren, hatte Finn sich schon irgendwo unbemerkt ein Bier geschnappt. Ich hatte wirklich nicht gesehen, wie er das hinbekommen hatte, aber er kannte wohl jeden hier.

Finn murmelte etwas in Richtung Liv, was ich nicht verstehen konnte und dann waren sie auch schon in der Menschenmenge verschwunden. Wenn sie mich abwimmeln wollten, hatten sie es geschafft. Schon mies. Jetzt war ich extra auf diese Party gegangen, weil Liv es wollte und sie lief einfach vor mir davon.

Jetzt stand ich alleine zwischen all den Menschen, die sich unterhielten und sah mich hilflos um.

„Suchst du jemanden?" Hinter mir stand ein schwarzhaariges Mädchen und sah mich fragend an. Ihre Haare glänzten so wunderschön und alles an ihr passte perfekt zu dem smaragdgrünen Sommerkleid, was sie trug.

„Nein, ich wurde nur stehen gelassen", erklärte ich ihr meine

Situation und lächelte sie an.

„Komm mit", forderte sie mich auf und griff nach meinem Arm, denn sie mit ihrer kalten Hand umschlang. Vermutlich war sie gerade erst draußen gewesen. Sie führte mich durch die ganzen Menschen, in einen eher kleineren Raum, der aussah wie die Küche. Auf der Arbeitsfläche, die aus weißem Marmor bestand, standen haufenweise alkoholische Getränke. Verschiedene Sorten Bier, Maracuja Schnaps, Jägermeister, Roter Schnaps und alles sonst, was auf so einer Party wahrscheinlich nicht fehlen durfte. In einer Ecke standen kurze Gläser und riesige rote Becher, die man aus diesen amerikanischen Highschool-Filmen kannte. Das Mädchen griff nach den kurzen Gläsern und der Jägermeisterflasche und füllte die Gläser randvoll. Ich hatte noch nie Jägermeister getrunken. Das konnte ja etwas werden. Sie reichte mir ein Glas und ich nahm es dankend an, obwohl ich dafür keinesfalls dankbar war. Allerdings hatte sie mich vor dem verlorengehen bewahrt und mir wahrscheinlich meinen Abend gerettet. Zumindest dachte ich das in diesem Moment noch.

Der Himmel in seinen AugenWhere stories live. Discover now