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22:37 Uhr

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22:37 Uhr.
Meine Eltern scheinen jetzt zu schlafen, denn vor etwa einer halben Stunde habe ich gehört, wie sie den elektrischen Rolladen vor ihrem Schlafzimmerfenster runtergelassene haben. Dann ist meine Zimmertür plötzlich aufgegangen. Ich habe mich schlafend gestellt und mir innerlich dafür auf die Schulter geklopft, dass ich jegliche Anzeichen für meinen Plan versteckt habe - wie den Rucksack unter meinem Bett. Nach ein paar atemlosen Augenblicken hat sich die Tür wieder geschlossen, diesmal deutlich leiser als zuvor, als würde die Person mich nicht wecken wollen.
Ich glaube, es war meine Mutter, weil sie sich nach unserer Umarmung wahrscheinlich ein bisschen Sorgen um mich macht. Außerdem ordne ich sie den schnellen, aber leichtfüßigen Schritten auf der Treppe zu.

Meine Schritte sind ebenfalls schnell und leichtfüßig, als ich mit nackten Füßen durchs Zimmer husche und mir ausgangstaugliche Klamotten anziehe. Ich kann tatsächlich dem Drang widerstehen, erneut den Inhalt meines Rucksacks zu überprüfen, und lege ihn aufs Bett. Ein bisschen Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten würde auch nicht schaden, denke ich trocken, ehe ich mit einer Wasserflasche ins Bad schleiche, bedächtig langsam die Tür hinter mir schließe und den Wasserhahn anmache. Der Wasserstrahl, mit dem ich die Flasche fülle, ist nicht unbedingt laut, doch ich habe das Gefühl, das Geräusch würde es von den Wänden widerhallen und man würde es so im ganzen Haus hören.
Ich schüttele leicht den Kopf, mache den Wasserhahn so leise wie möglich wieder aus und husche zurück in mein Zimmer. Eigentlich brauche ich nichts zu trinken, wenn mein Vorhaben gelingt, aber ich will sichergehen.
Dort angekommen ziehe ich mir schlichte Socken an und schultere den Rucksack. In der Bewegung gehe ich zur Tür, doch mein Blick bleibt trotzdem an meinen eigenen Vier Wänden hängen.

Das ist also der Abschied, denke ich mit einem Kloß im Hals. Bevor ich mich in Erinnerungen verlieren kann oder mir noch etwas einfällt, das ich um jeden Preis mitnehmen möchte, drehe ich ich mich um und tapse so leise wie möglich die Treppe hinunter. Es brennt kein Licht, doch die Straßenlampen und das schwache Licht des Mondes draußen erhellen meinen Weg ausreichend. Trotzdem achte ich genau darauf, wo ich hintrete, und vermeide es, meinen Blick durch das Haus schweifen zu lassen.
Auch wenn ich am liebsten stehenbleiben und alles in mich aufsaugen und in meinem Gedächtnis abspeichern würde, gehe ich weiter, konzentriere mich auf jeden kleinen Schritt, den ich meiner eigenen Freiheit näherkomme.

An der Haustür schlüpfe ich in bequeme Schuhe. Meine Finger zittern etwas, als ich ihre Schnürsenkel zu einer hässlichen Schleife binde, doch ich zwinge mich selbst dazu, mir Zeit zu nehmen. Und so kommt es mir wie eine halbe Ewigkeit vor, bis ich endlich mit Jacke, Rucksack und Schuhen ausgestattet den Türknauf berühre. Das Metall fühlt sich kalt unter meinen Fingerkuppen an, so wenig vertraut. Und genau das ist der Grund, warum ich mich nicht mehr umsehe, mir meinen Plan nicht einmal ein weiteres Mal durch den Kopf gehen lasse, ehe ich die Tür öffne und in der Dunkelheit der Nacht verschwinde.

Intelligent - Phase 3Where stories live. Discover now