ҜΔPITΣL 17.2

285 36 11
                                    

Der Junge wusste genau, dass etwas nicht stimmte

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

Der Junge wusste genau, dass etwas nicht stimmte. Nach fünf Stunden war der Bunker rappelvoll. Sein Vater hatte als Ratsmitglied alle Hände voll, beruhigte abwechselnd verzweifelte Eltern und organisierte die Lagerbetten. Seinen neunjährigen Sohn hatte er zum Warten zu einer der harten Pritschen geschickt, die für unbekannte Zeit sein neues Zuhause sein würde. Er vertrieb sich die Zeit mit einem Zauberwürfel, den er von einem der Kollegen seines Vaters geschenkt bekommen hatte. Manchmal schaute er zu der Uhr hoch, die an einer der Steinwände des Bunkers hing, sah zu, wie die Zeit tickend verging. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der Bunker geschlossen werden würde, und seine Mutter war immer noch nicht hier.

Sein Vater hatte gesagt, dass er sich keine Sorgen machen sollte. Sie half vermutlich beim anderen Eingang mit, versuchte wie immer, so viel wie möglich zu helfen.

Trotzdem hatte der Junge Angst. Wie lange würde er hier verweilen müssen, bis er wieder an die Oberfläche gehen könnte? Sein Freund Pez hatte in wenigen Tagen Geburtstag, und er freute sich schon seit langer Zeit auf die fantastische Party, die er mit seiner Mutter auf die Beine stellen würde. Er konnte es kaum abwarten, den köstlichen Kuchen zu probieren, den sie auch für ihn manchmal backte.

Es verging eine weitere halbe Stunde. Der Junge wollte gerade von den heißen Kohlen aufspringen, auf denen er saß, als er in seiner Nähe ein Mädchen entdeckte. Es saß einige Meter entfernt auf einer anderen Pritsche und war ebenfalls in das Lösen eines Zauberwürfels vertieft. Sie hatte konzentriert ihren Kopf gesenkt, ihre langen braunen Haare fielen in Wellen um ihre Hände, mit denen sie in flinken Bewegungen die Steine des Würfels bewegte. Sie musste nicht viel jünger als er sein. Als sie aufsah und seinen Blick bemerkte, lächelte sie nicht. Ihre Augen waren dunkel und schienen nicht von dieser Welt zu sein. Der Junge zuckte zusammen, als ein plötzliches Brennen in seine Augen fuhr. Schnell schaute er weg.

Nach ein paar Minuten traute er sich, erneut aufzusehen. Die Pritsche, auf dem das Mädchen vorher gesessen hatte, war leer.

Als ich aufwache, ist es kurz nach drei Uhr nachts. Mit schweißnassen Händen fahre ich durch meine Haare, ehe ich den Bildschirm wieder in meinem Rucksack verstaue. Ich atme ein paar Mal tief durch, ehe ich an den merkwürdigen Traum denke, den ich gerade gehabt habe. Der Junge mit dem Zauberwürfel.

Bedacht darauf, keine Geräusche von mir zu geben, damit ich Sam nicht wecke, schlüpfe ich wieder unter meine Decke. Eine Erinnerung kommt in mir hoch, doch ich kann sie weder festhalten noch einordnen. Mit gerunzelter Stirn sehe ich an die Decke. Wieso habe ich das Gefühl, mich an etwas zu erinnern? Der Traum kam mir irgendwie ... bekannt vor.

Schläfrig reibe ich meine Augen, ehe ich mich auf die Seite drehe und eine bequeme Schlafposition suche. Das kann auch bis morgen warten.

Der Junge löste den Zauberwürfel noch weitere drei Mal, ehe sein Vater wieder zu ihm kam. Er kniff ihm aufmunternd in die Wange, ehe sich seine Stirn in Falten legte. „Wo ist Mama?"

Seinem Sohn wurde kalt. „Ich dachte, das würdest du wissen?"

Für einen Augenblick sah er Angst im Gesicht seines Vaters aufblitzen, was ihn verunsicherte. In der Öffentlichkeit zeigte er selten Emotionen. Doch dann klopfte er ihm beruhigend auf die Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde schnell nach ihr sehen." Er zwinkerte ihm betont gelassen zu, ehe er aus seiner Sichtweite eilte.

Obwohl sein Vater ihm davon abgehalten hatte, machte der Junge sich Sorgen.

Er kam weitere zwei Mal zurück, um zu sehen, ob seine Frau nun da war. Doch sie war es nicht. Jedes Mal kniff er ihm in die Wange, schaute ihn aufmunternd an. Er hatte eher das Gefühl, dass er versuchte, sich selbst zu beruhigen.

Nachdem sein Vater zum letzten Mal gegangen war, konnte der Junge nur mühsam die Tränen zurückhalten, die sich in ihm aufstauten. Wo war sie?

Die Arme um seine Knie geschlungen, wartete er weiter.

Eine weitere Stunde verging. Die Menschen um ihn herum wurden merklich nervöser. Ein Kleinkind neben ihm schrie, und weil es einfach nicht aufhörte und seine Mutter nicht in der Nähe war, stand der Junge auf und nahm es in den Arm. Es starrte zu ihm auf, und er musste blinzeln, weil seine unergründlichen haselnussbraunen Augen etwas in ihm auslösten, das den Jungen beunruhigte. Als die Mutter des Kleinkinds endlich kam, war er froh, sich endlich mit schmerzenden Augen von ihm lösen zu können. Die Mutter wollte dem Jungen gerade dafür danken, dass er auf das kleine Mädchen aufgepasst hatte, als sie in ihrer Bewegung erstarrte. Verwirrt runzelte die Stirn. Der Junge war sich seiner brennenden Augen nur allzu sehr bewusst und verabschiedete sich hastig.

Wieder auf seiner Pritsche angekommen griffen seine zitternden Finger nach einer kleinen Tasche im Rucksack neben ihm. Er hielt den Atem an, als er einen kleinen Handspiegel daraus herausbeförderte und ihn zu sich drehe, um sein Spiegelbild zu sehen.

Seine Augen waren nachtschwarz.

Intelligent - Phase 3Where stories live. Discover now