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Seelenblicker.

Das Wort spukt für den restlichen Abend, die Nacht und auch die nächsten Tage in meinem Kopf herum. Auch am Samstag trainieren wir, nur am Sonntag haben wir wie gewohnt frei. Wenn ich Phoenix im Speisesaal erspähe - er ist scheinbar zufällig am öftesten in unserem Abschnitt -, schießen mir jedes Mal seine Worte durch den Kopf. Wir töten sie. Ich frage mich, wie viele Menschen er schon umgebracht, kaltblütig ermordet hat. Dann rufe ich mir ins Gedächtnis, dass ich auch nicht viel besser bin, und die feurige Bestätigung in meinem Inneren lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Mein Traum, als ich bei Tante Mags übernachtet habe. Die Frau mit der schlechten Seele, die ich getötet habe. Ich ekele mich vor mir selbst.

Am Sonntagabend hängen wie immer die Ergebnisse der Woche aus, und mein Rang, den ich zuvor wie alle anderen so aufregend fand, interessiert mich plötzlich nicht mehr. Ob ich die dritte Phase überlebe, hängt nur noch von der Abschlussprüfung ab, die nächste Woche stattfindet.

Ava, Platz 9. Bei unserem Ausflug zu den Mutationen ist Platz acht gestorben.

Laurent, 12. Sam, 19. Robert, 23. Ich atme erleichtert auf, auch wenn Laurent unzufrieden wirkt und Robert nur knapp dem Tod entkommen ist. Neun weitere Achtzehnjährige müssen gehen, jetzt sind wir nur noch fünfundzwanzig. Die Hälfte der Achtzehnjährigen, die hier angekommen sind.

Auch die Festnahme der Ausgeschiedenen ist so schrecklich wie letztes Mal. Robert folgt uns mit bleichem Gesicht, und als wir um die Ecke treten, übergibt er sich. Sam tätschelt ihm unbeholfen die Schulter. „Das Schlimmste haben wir überstanden." Sie schaut von Robert zu Laurent, dann zu mir. „Die Abschlussprüfung schaffen wir jetzt auch noch." Ich nicke, Laurent starrt abwesend auf seine Hände. Langsam scheinen die anderen Wind davon zu bekommen, dass Achtzehnjährige ermordet werden - auch außerhalb des Tests. Die Aufseher weigern sich zwar, mit der Sprache herauszurücken, aber die Gerüchte um die Morde und um fehlende Jugendliche beunruhigt das ganze Camp. Du solltest beim Morden vorsichtiger sein, habe ich Phoenix entgegengeschossen und ihm im Speisesaal am Morgen nach dem Abend unter dem Sternenhimmel einen verächtlichen Blick zugeworfen, als die Nachricht die Runde machte. Seitdem habe ich seine Versuche, mit mir zu reden, abgeblockt, kein Wort mehr mit ihm gewechselt.

Ich werde mich nicht in eines seiner mordenden Monster verwandelt. Auch wenn das heißt, dass ich in der nächsten Zeit keinen Sternenhimmel mehr zu Gesicht bekommen werde.

Nach der Ergebnisbekanntgabe findet wieder eine Party mit allen anderen Abschnitten statt, die uns die Ausbilder tatsächlich genehmigt haben. Vielleicht, weil sie in dem erschöpften Zustand, in dem sie sich momentan befinden, nachgiebiger sind. Vielleicht, weil die Zimmer langsam leer werden und es guttut, wieder mehr Menschen um sich zu wissen.

Ich will gerade in den Gang zu meinem Zimmer einbiegen, als Phoenix plötzlich vor mir steht. „Avelaine, können wir reden?"

Meinem Namen aus seinem Mund zu hören, versetzt mich in ein Gefühlschaos. Feuer flammt in mir auf, Phoenix weicht jedoch keinen Zentimeter zurück, als er meine schwarzen Augen sieht. Wieder sind meine Sinne geschärft, ich kann jeden Millimeter seiner unordentlichen dunklen Haare genaustens erkennen, einen sanften Geruch riechen, der an ihm haftet, den ich aber in meiner ... menschlichen Gestalt kaum wahrgenommen habe. Die Wut darüber, dass nur vier Worte aus seinem Mund diese Wirkung in mir entfachen, macht es mir nicht leicht, das Feuer in mir wieder zurückzudrängen, bis es nur noch ein leise knisternder Funke ist. Ich würde ihn gerne fragen, ob er auch immer eine lodernde Wut in sich spürt, wenn seine Augen noch ein wenig schwärzer werden, aber ich trete einen Schritt zurück und sehe ihn entschlossen an. „Geh mir aus dem Weg." Ich streiche über das nachtschwarze Kleid, das ich zur Feier des Tages trage und das von Sam stammt. Ich hätte sie gar nicht als einen Kleider-Typ eingeschätzt, aber sie hat nur gemeint, dass sie durch den Rock mehr Beinfreiheit hat.

Intelligent - Phase 3Where stories live. Discover now