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Laurent geht in den nächsten Tagen ziemlich deutlich auf Abstand

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Laurent geht in den nächsten Tagen ziemlich deutlich auf Abstand. Sam wirft mir einen verwirrten Blick zu, als er mal wieder nicht auf mich wartet. Ich zucke nur mit den Schultern. Ich kann ihm nicht verübeln, dass er mir nicht mehr vertraut.

Zwei Tage später wird es ihm vermutlich zu viel, denn er zieht mich beim Weg zum Training wortlos zur Seite. Ich schlucke, doch ich bin mir immer noch sicher, dass ich ihm nicht erzählen kann, dass ich bei Urays Tod in seiner Nähe war. Jedes Mal, wenn ich auch nur in Erwägung ziehe, jemandem von der Nacht zu erzählen, spannt sich etwas in mir an.

„Ich pack das so nicht mehr." Laurent sucht meinen Blick, und ich sehe die Verwirrung in seinen Augen. Er will Antworten, die ich ihm nicht geben kann.

„Ich frage dich das ein letztes Mal", flüstert er und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. Bei der vertrauten Berührung zucke ich zusammen, mein Herz wird schwer.
„Was weißt du über Urays Tod, von dem wir nichts wissen?"

Ruhig atme ich aus. „Ich habe dir bereits gesagt, dass da nichts ist. Vertraust du mir nicht?" Die Worte tun in meinem Herzen weh, als ich sie ausspreche, aber ich bleibe standhaft. Ich kann ihm nicht davon erzählen.

„Ava!" Verzweifelt fährt Laurent sich durch die Haare. „Bitte, ich flehe dich an!"

Mir wird eiskalt. Ich wende ihm den Rücken zu, um nicht in Tränen auszubrechen. Wieso ist das nur so verdammt schwer?

Laurent berührt meine Schulter, dreht mich zu ihm um, sodass ich gezwungen bin, ihn anzusehen. Etwas in meinem Blick lässt seine Miene weicher werden. Sein Daumen streicht über meine Wange, und ich sehne mich so sehr nach seiner Berührung, dass es schmerzt.

Er sieht mich traurig an. „Er war doch auch dein Freund, Ava." Mit diesen Worten dreht er sich um und folgt den anderen.

Aufgelöst sehe ich ihm hinterher, während ich mich erneut frage, wieso ich ihm nicht von der Nacht erzähle. Wieso riskiere ich meine Beziehung zu Laurent für etwas, über das ich fast nichts weiß?

Entweder scheint Laurent mir doch nicht so viel zu bedeuten, wie ich gedacht habe, oder das Geheimnis, das ich zu lösen versuche, bedeutet mehr für mein Leben, als ich es je für möglich gehalten habe.


Ericson lobt mich bis zum Wochenende ganze zwei Mal, und obwohl ich darüber glücklich sein sollte, dass ich anscheinend doch nicht zu den Schlechtesten hier gehöre, kann ich nicht verleugnen, dass er immer noch einen Schauer auf meinem Rücken auslöst, wenn er mir zu nahe kommt.

Der Samstag vergeht schleppend. Wir wissen nicht, was wir mit der freien Zeit anfangen sollen. Urays Bett kommt uns immer noch zu leer vor. Die anderen wissen nicht, was mit ihm passiert ist. Die einzige Information, die wir bekommen haben, ist, dass seine Leiche vermutlich gerade auf dem Weg in seine Heimatstadt ist, um dort bestattet zu werden. Es vergeht keine Nacht, in der ich nicht wachliege und mir den Kopf darüber zerbreche, was ich gesehen habe.

Am Sonntag wache ich mit dem Gedanken auf, dass heute die ersten Punktbewertungen im Trainingssaal aushängen. Es ist der einzige Gedanke, der mich seit Langem dazu motiviert, etwas anderes in meiner Freizeit zu tun, als auf meinem Bett zu liegen und zur Decke zu starren.

Wir bemühen uns, in Ruhe zu frühstücken, doch in Wahrheit können wir es alle nicht abwarten, unsere Punktzahlen zu sehen. Selbst Laurent, der mich in den letzten Tagen nahezu ignoriert hat, wirft mir auf dem Weg zum Trainingssaal einen ermunternden Blick zu. Ich lächele verlegen.

Als wir im Trainingssaal ankommen, ist bereits der Großteil unseres Abschnitts dort versammelt. Ericson steht auf einem Tisch und versucht, die lärmende Masse zu beruhigen. Er kann das eindeutig nicht so gut wie Phoenix, schießt mir durch den Kopf.

Fünf Minuten später schaltet er einen Bildschirm ein, der neben ihm an der Wand hängt und halb so groß ist wie er. Ich recke mich und erhasche den Blick auf eine leere Tabelle. Gemurmel ertönt, das er genervt unterbricht. „Ruhe jetzt!" Als endlich Stille eingekehrt ist, stellt er sich gerader hin, was eigentlich nicht nötig ist, da er uns auch so mühelos überblicken kann. „Also, da ich jetzt endlich anfangen kann: ich habe noch ein paar Infos für euch. Aber bildet euch jetzt bloß nicht ein, dass ich jeden Sonntag hier antanze und mich für euch zum Affen mache."

Ich wechsele einen amüsierten Blick mit Sam.

„Kurz gesagt: diejenigen, die nächste Woche - am Ende des ersten Teils - unter den ersten Zehn der Liste sind, erhalten die Chance auf ein besonders tolles Training." Er verdreht die Augen. „Ihr habt die Chance auf ein Privattraining mit Phoenix Bishop."

Um mich herum werden aufgeregte Blicke gewechselt. Ich stöhne leise auf. Was soll an seinem Training groß besser sein?

„Mit den zehn Besten der anderen Abschnitte, selbstverständlich. Also macht euch nicht vor Freude in die Hose", sagt Ericson mit seiner gewöhnlichen Dosis an Verächtlichkeit. Dann klickt er auf den Bildschirm und die ersten Punktzahlen erscheinen. Genervt bahnt er sich seinen Weg durch die Achtzehnjährigen zurück, die nun noch stärker nach vorne drängen.

Ich beachte ihn nicht weiter und folge den anderen. Gejubel ist zu hören, als die ersten Jugendlichen ihre Namen auf dem oberen Teil des Bildschirms entdecken.

Ein wenig aufgeregt treten Laurent, Robert, Sam und ich schließlich nach vorne, als die ersten wieder den Raum verlassen haben.

Laurent entdeckt seinen Namen als erstes und stößt einen Jubelschrei aus. Er hat es zwar noch nicht unter die ersten Zehn geschafft, doch er ist nah dran. Ich lächele ihm zu, dann wende ich mich wieder dem Bildschirm zu. Ängstlich überfliege ich die Namen; immer nervöser werden, je weiter ich mit dem Blick nach unten rutsche.

Als ich ihn kurz über Sams Namen knapp in der oberen Hälfte entdecke, umarme ich sie strahlend. Das ist besser, als ich gedacht habe - Sam ist schließlich immer noch nicht ganz geheilt, von meiner Leistung ganz zu schweigen.

Robert findet seinen Namen in der unteren Hälfte der fünfzig aufgelisteten Namen und wird blass. Fünfzehn Achtzehnjährige aus unserem Abschnitt scheiden nach dem ersten Teil der dritten Phase aus. Unter ihm stehen zwar noch zwanzig, doch er darf in der nächsten Woche nicht schwächeln. Das ist nicht sofort auszuschließen, da wir nicht wissen, was uns nächste Woche erwartet.

Ich ziehe ihn ebenfalls in unsere Umarmung. Er wird es schaffen. Er muss es schaffen.

Nach Urays Tod wird uns nicht noch jemand verlassen.

Intelligent - Phase 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt