ҜΔPITΣL 20.1

303 31 1
                                    

Anders als letzte Woche machen wir uns keine große Mühe bei der Vorbereitung für die Party. Wir schminken uns nicht, behalten die bequeme Trainingskleidung an, die wir anfangs bekommen haben. Diesmal findet sie nur in unserem Abschnitt statt, es wird also eher eine kleinere Runde. Ericson hat uns eingeflößt, unseren Abschnitt nicht mehr nach Anbruch der Dunkelheit zu verlassen. Die anderen scheint das nur wegen den Partys zu stören, aber mich lässt es hellhörig werden.

Robert sagt, dass er sich lieber für morgen ausruhen will. Also gehe ich mit Sam und Laurent zum Trainingsraum. Ich habe nicht vor, lange zu bleiben, da ich morgen noch früher als die anderen aufstehen muss. Wir hocken uns zu den anderen in einen Kreis auf ausgebreiteten Trainingsmatten. Etwa zwanzig Achtzehnjährige sind anwesend. Uns werden Becher weitergereicht, und bevor ich sagen kann, dass ich kein Alkohol trinken werde, bemerke ich, dass es Traubensaft ist. Der Alkoholvorrat, der mitgebracht worden ist, scheint langsam leer zu sein.

Wir unterhalten uns in einem ruhigen Ton. Die Party hat beinahe etwas andächtiges. Und als ein Achtzehnjähriger mit glänzenden Augen seinen Becher hochhält und „Für Delilah" sagt, weiß ich, wieso.

„Für Kaden." Ein Mädchen bricht in Tränen aus, der Junge neben ihr nimmt sie in den Arm.

„Für Luca."

„Für Gina." Einer nach dem anderen hält seinen Becher hoch.

„Für Uray", sage ich schließlich mit fester Stimme. Laurent mustert mich, doch er nickt und hebt seinen Becher ebenfalls.

***



Obwohl ich gedacht habe, dass ich vor dem Einzeltraining nervös sein würde, bin ich es nicht. Ich muss mir eingestehen, dass mich Phoenix zwar immer noch innerlich zerwühlt, aber ich seltener den Wunsch verspüre, ihn still und heimlich zu ermorden. Das ist vermutlich schon einmal ein Fortschritt.

Da ich noch früher als die anderen aufstehen müssen, habe ich gerade einmal etwa vier Stunden geschlafen, als um Punkt vier Uhr morgens mein Wecker klingelt. „Hab dich auch lieb", gebe ich munter zurück, als Sam mir eine Reihe ordinärer Beleidigungen an den Kopf wirft. Meine Sachen habe ich bereits gestern gepackt, sodass ich nur noch meinen Bildschirm in meiner Hosentasche verstauen muss. Ich ziehe mir noch eine Jacke über und mache mich im Bad fertig, ehe ich den Beutel, den wir vor der Wanderung zum Camp bekommen haben, schnappe und leise die Tür hinter mir schließe.

Mich umgibt völlige Stille, als ich die Gänge entlang zum Frühstücken gehe. In einer halben Stunde wird in den Gängen die Hölle los sein, aber jetzt kann ich noch die morgendliche Ruhe genießen. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Oberarmen aus, als ich beinahe ehrfurchtsvoll die geisterhaft leeren Gänge entlangschleiche. Ein paar Lampen schalten sich automatisch durch Bewegungsmelder an, aber ansonsten ist es dunkel.

Ich frühstücke hektisch, weil ich nur noch wenig Zeit habe, aber genug. Bevor ich den Speisesaal wieder verlasse, um mich mit den anderen auf der Oberfläche zu treffen, stecke ich unauffällig ein paar Brötchen ein. Außerdem habe ich zur Sicherheit noch das kleine Verbandsset dabei.

Um Punkt Viertel nach vier sind aus jedem der fünf bewohnten Abschnitte die zehn Besten da. Ich bin nicht überrascht, als ich feststelle, dass mindestens drei Viertel davon Jungs sind. Fynn steht zwischen den anderen Mitgliedern des Triumvirats und starrt mich argwöhnisch an. Mein Herz klopft schneller, doch ich wende den Blick von ihm ab und überfliege die anderen. Die Gesichter aus unserem Abschnitt kenne ich größtenteils, auch wenn ich mich ein wenig ärgere, dass ich mir ihre Namen nicht mithilfe der Liste eingeprägt habe. Aus meinem Abschnitt ist nur noch ein anderes Mädchen da: Alda. Schüchtern winkt sie mir zu und ich geselle mich zu ihr, dankbar, nicht ganz allein zu sein. Laurent hat es leider nur auf Platz elf geschafft - was zwar eine wirklich gute Platzierung ist, dennoch hätte ich ihm meinen Platz im Privattraining gerne abgetreten. Nur um wieder das unscheinbare Mädchen zu werden, das ich immer war und in dessen Haut ich mich sehr wohl gefühlt habe. Das unscheinbare Mädchen würde nicht von Blicken durchbohrt werden wie ich jetzt. Obwohl noch drei andere Paare am Freitag zur gleichen Zeit gekämpft haben wie Fynn und ich, scheine ich durch meinen überraschenden Sieg zur Hauptattraktion geworden zu sein.

Intelligent - Phase 3Where stories live. Discover now